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Wer kauft jetzt eigentlich noch...?
#47 RE: Wer kauft jetzt eigentlich noch...?
"Good God! Like this? Out of the blue and out of context? What are you talking about?"
Daß Deine Orgeln entweder nach Kraut und Rüben klingen oder es Hexerei ist, daß Deine Orgel nach Orgel klingt... Da ich von ersterem ausgehe und Du eh nur Schrott zuhause rumstehen hast (Hört auf die Wissenschaft!), gebe ich Dir 100 Euro für die 355cc, dann mußt Du die schon mal nicht entsorgen.
Spaß beiseite: Demnach hätte das Sampling die Nase vorne. Aber Paolo hat ja auch schon gezeigt, was bei den Orgeln an Obertongenerierung (Physis und Sample) herauskommt. Und auch klanglich schenken sich die beiden Systeme nichts. Drehe ich den Hall weg und die Orgel laut und spiele nur einzelne Register mit geschlossenen Augen, habe ich das Gefühl, daß da Pfeifen hinter der Orgel stehen. Womit wir wieder bei dem Thema wären, daß die beste Klangerzeugung nichts nützt, wenn das Resultat nicht über eine ordentliche Boxerie zu den Ohren kommt. A propos Obertöne.... mit 30 Jahren hören die meisten noch an die 17.000 Hz, mit 40 sind es nur noch 16.000 Hz, und je älter man wird um so mehr sinkt die Hörgrenze. Da nützt mir dann die schönste Obertonaufbereitung bis ins kleinste Detail nichts, wenn ich es gar nicht mehr hören kann.
Und damit, um die Kurve zum Thema zu bekommen: Bei dem, was ich bisher gehört bekommen und ausprobiert habe, können sich die Mitbewerber zwar Gedanken machen, sie müssen aber nicht gleich ihre Orgeln verschrotten.
Das mit der Hörgrenze zu verschiedenen Lebensaltern ist bedenkenswert. Ich vermute mal, dass mehr Leute aus der Generation 40+ an Orgeln sitzen. Hören die nun alle eingeschränkt? Wann ist das Gehör "richtig"? Nur in der Vollkraft der Jugend? Gemessen am durchschnittlichen Kirchenbesucher müssten Orgelbauer eher für gealterte Gehöre intonieren, oder?
Oi, schon wieder offtopic. Aber nicht unspannend.
#49 RE: Wer kauft jetzt eigentlich noch...?
Ich zitiere Tante Guggel: "Die tiefste Frequenz, die ein Mensch hören kann, liegt bei etwa 16 Hertz. Die obere Hörgrenze hängt stark vom Alter ab: Während sie bei Kindern rund 21 000 Hertz beträgt, sinkt sie bis zum Alter von 35 Jahren auf etwa 15 000 Hertz und bewegt sich bei sehr alten Menschen nur noch bei rund 5000 Hertz."
Ich habe eine Orgel erst gespielt, die für alte wie junge Menschen recht gleich intoniert klingen dürfte und daher kann ich aus vollstem Herzen sagen: NEIN!
Die Schönheit der Orgel entsteht aus dem Zusammenspiel der intonierten Pfeifen. Pauschal gesagt: Das Prinzipal 8 einer neobarocken Orgel klingt anders als das einer barocken oder das einer romantischen Orgel, da jeweils das Prinzipal mit den anderen Registern harmonieren muß. Wenn ich bei meiner neobarocken Disposition keine Streicher und zudem wenig Strich in den anderen Registern habe, dann darf/muß das Prinzipal mit einem satten Obertongehalt und etwas Strich diesen Platz ausfüllen, damit das Plenum glänzt und nicht stumpf klingt. Bei einer romantischen Orgel mit vielen Streichern würde aber das Prinzipal mit den Streichern kämpfen, wenn ich da nicht den Obertongehalt zurücknehme und damit Platz für die Gambe schaffe, die dann mehr Färbung in den Mischklang bringen kann. Und dieses ausgewogene Spiel der Intonationsmöglichkeiten, damit die Register miteinander harmonieren, zeichnen den Intonateur aus.
Wenngleich die alten Leute dann die hohen Töne/Klanganteile nicht mehr hören, so hören sie aber doch noch genügend in den tieferen Lagen. Und da muß die Orgel dann ja auch gut klingen. Man kann ja keinen Bruch machen, die ersten drei tiefen Oktaven gut zu intonieren und den Rest dann hinten runterfallen zu lassen, nur, weil das Publikum das eventuell nicht mehr hört.
Wir müssen froh sein, daß unsere Orgeln NOCH in einem so guten Zustand sind. Schaue ich hier über die Grenze, wo es keine Kirchensteuer gibt, sieht es für die allermeisten Orgeln sehr schlecht aus. Da ist "Intonation" schon ein Luxuswort und man ist oft froh, wenn die Orgel überhaupt in Gänze spielbar ist.
#50 RE: Wer kauft jetzt eigentlich noch...?
Alle Klänge bestehen aus Obertonakkorden. Nur Sinustöne haben keine Obertöne. Ein Klang unterscheidet sich vom anderen hauptsächlich durch die Lautstärken der einzelnen Obertöne (daneben noch durch Geräuschanteile und zeitliche Klangänderungen). Die Obertonreihe ist nicht nur Basis für Musik, durch sie können wir sprechen und singen, Menschen an der Stimme erkennen, können Klänge orten und ein Klavier von einer Flöte unterscheiden.
Ein solcher Akkord von Teiltönen klingt wie ein einziger Ton, der aber eine Klangfarbe hat. Während ein Ton ohne Obertöne farblos ist.
Unterschiedliche Klangfarben entstehen durch unterschiedliche Lautstärken der Obertöne (neben Geräuschanteilen und Einschwingverhalten). Der persönliche Stimmklang eines Menschen entsteht also durch eine für jeden Menschen typische Lautstärkeverteilung der Obertöne. Singen zwei Menschen denselben Ton, dann unterscheiden sie sich nur in den Obertonlautstärken. Wenn man die Obertöne einzeln filtert, erkennt man die Personen nicht mehr. Die Lautstärkeverteilung enthält unzählige Informationen: Vokale, Identifikation der Person, physisches und psychisches Befinden, Alter usw.
Dasselbe gilt für Pfeifen, Register.....
Die Fragen von dir, @Gemshorn sind für mich damit beantwortet. Solange wir noch Stimmen unterscheiden können, gelingt das auch sehr differenziert für Pfeifenklänge. Weil die Aussagekraft von menschlichen Stimmen für uns soziale Wesen eine so riesige Bedeutung hat, hat uns die Evolution mit unglaublich feinen Sensoren ausgestattet.
((Dabei gilt für mich und mein Hören auch: Verändert jemand künstlich die unterschiedlichen Lautstärken der Obertonreihen, fügt er harmonische oder inharmonische Obertonstrukturen hinzu, die nicht im Grundklang angelegt sind, verändert er zeitlich etwas, dann klingt es für mich - sorry - hässlich, ja quälend.))
#51 RE: Wer kauft jetzt eigentlich noch...?
With the years-long background "noise" of Hauptwerk, the DO manufacturers have had to up their game: Johannus' LiVE is Hauptwerk with no twiddling, and Viscount's Physis approaches/equals(?) LiVE in controlled experiments (here;).
Living in North America, I can say that neither Johannus or Viscount seems to be making much of a dent in the market here--except for the Rodgers line now a part of COG which includes Johannus. Rodgers instruments are starting to share technology of Johannus LiVE, so migration/evolution toward LiVE technology might be that way forward. BUT, the tossing out of pipe and electronic organs continues here as the "old" mainstream denominations loose members and "new" "lively" denominations with praise bands grow. As a side note, almost all of my friends (even most of the musicians ones) really don't like pipe organ because its connection with church--affiliation to any religious institution has dropped well below 50% in the U.S..
So, in the U.S., it seems like manufactured DOs (not cobbled-together Hauptwerk kluges) will be for the few main line churches that continue and a small number of upscale hobbyists...I write "upscale" because here, ~60% of the population doesn't have 930 Euros saved for an emergency let alone 7,000-9,000 Euros for a DO from Europe (trans-Atlantic freight ain't cheap...trust me, I bought a Johannus LiVE 3TA for the cost of a LiVE III delivered/picked-up in Europe).
#52 RE: Wer kauft jetzt eigentlich noch...?
Zitat von Soli Deo gloria im Beitrag #50
Alle Klänge bestehen aus Obertonakkorden. Nur Sinustöne haben keine Obertöne...
Das bezieht sich aber nur auf die Fourierzerlegung. Die Resonatoren (Pfeifen) haben neben der Grundschwingung immer auch Vielfache der Eigenfrequenz als Lösungen -- auch (oder vielleicht sogar gerade) dann, wenn sie perfekt harmonisch sind.
Zitat von Ippenstein im Beitrag #49kleine Frage: von welcher Grenze sprichst du? Hier in den Niederlanden gibt es immer noch viele sehr gut Intonierten und gepflegte Orgeln, sowohl in Stadt- als auch in Dorfkirchen.
Schaue ich hier über die Grenze, wo es keine Kirchensteuer gibt, sieht es für die allermeisten Orgeln sehr schlecht aus. Da ist "Intonation" schon ein Luxuswort und man ist oft froh, wenn die Orgel überhaupt in Gänze spielbar ist.
#54 RE: Wer kauft jetzt eigentlich noch...?
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