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Betonung von Zählzeiten
#1 Betonung von Zählzeiten
Moin,
ich habe zwei Meinungen von Kirchenmusikern bzgl. der Betonung von Zählzeiten gehört bzw. wurden versucht mir zu vermitteln.
1. Auf der Orgel wird nicht betont. Technisch ist es nicht möglich lauter zu spielen und alle anderen Optionen fallen raus.
2. Die letzte unbetonte Note vor der Betonten wird um 1/16tel oder noch weniger kürzer gespielt und die Betonte um 1/16 länger.
Dagegen spricht für mich, dass Gesang etc. dies nicht tut und somit die Tonlänge auf unterschiedlichen "Instrumenten" unterschiedlich lang wäre.
Was ist eure Meinung bzw. die Lehrmeinung?
#2 RE: Betonung von Zählzeiten
Dieser Artikel von Armin Schoof könnte ein wenig zur Erhellung ins Dunkel der Unwissenheit beitragen ;-).
Leider sind beide Thesen falsch.
Man müsste anders vorgehen.
Es gibt einen grundlegenden Unterschied zwischen barocker und romantischer Musik. Letztere wird im Grundanschlag legato gespielt, erstere zunächst einmal non-legato.
Wenn man sich mit romantischter Betonungs- und Phrasierungslehre befasst, sollte man von Max Reger das einzeln stehende "Komm süßer Tod" spielen, dass genau bezeichnet ist. Da "denkt" man die Betonungen tatsächlich mehr mit, als man sie spielt.
Bei barocker Musik lassen sich Betonungen so darstellen, dass man innerhalb des non-legato eben den "klingenden" Anteil der Note länger macht und den "Pausenanteil" kürzer. Trotzdem muss es cantabel klingen.
In jedem Fall hört man aber, wenn jemand mit falsch empfundenen Schwerpunkten spielt.
#4 RE: Betonung von Zählzeiten
Zitat
In jedem Fall hört man aber, wenn jemand mit falsch empfundenen Schwerpunkten spielt.
Und dagegen hilft im Ernstfall dann qualifizierter Unterricht, bei adäquater Bezahlung ;-).
Zitat von clemens-cgn im Beitrag #4Zitat
In jedem Fall hört man aber, wenn jemand mit falsch empfundenen Schwerpunkten spielt.
Und dagegen hilft im Ernstfall dann qualifizierter Unterricht, bei adäquater Bezahlung ;-).
Richtig!
Wenn man sich mit der Artikulation barocker Musik befassen will, könnte man als Einstieg lesen: Paul Heuser, Das Clavierspiel der Bach-Zeit, Schott
Die Sache ist halt komplexer, als dass man sie hier mit 2 Sätzen abhandeln könnte. Bei einer guten mechanischen Orgel hört man immer, wenn etwas mit den Taktakzenten nicht stimmt. Da geht halt nichts über ( guten!) Unterricht und einen Lehrer, der das überzeugend vorspielen kann.
#6 RE: Betonung von Zählzeiten
selbstaufnahmen helfen denke ich auch.
es gibt ja noch die schritte zwischen hören beim lehrer und herausfinden, wie es gemacht wurde und es dann umzusetzen. erfahrungsgemäß können lehrer es super vormachen, aber die verbalisierung des vorgehens ist generell schwierig und die selbsteinschätzung beim spielen fällt zumindest mir auch schwer (hört man überhaupt einen unterschied? oder ist gar alles nun ein hum-ta-ta-marsch? ;-) )
#7 RE: Betonung von Zählzeiten
Ein "perfekter Lehrer" wäre natürlich immer das Optimum. Aber auch anderen (guten) Organisten aufmerksam zuzuhören, bildet enorm weiter. Zusätzlich zu den klassischen Gelegenheiten wie Konzerte und Gottesdienste bietet Youtube einen nahezu unerschöpflichen Fundus an Interpretationsbeispielen, gerade wenn es um halbwegs gängige Werke geht. Wenn man sich da die richtigen Vorbilder sucht, kann man sich mit wenig Aufwand eine Menge Inspiration holen.
VG
Stephan
Zitat von 2nd_astronaut im Beitrag #6
selbstaufnahmen helfen denke ich auch.
es gibt ja noch die schritte zwischen hören beim lehrer und herausfinden, wie es gemacht wurde und es dann umzusetzen. erfahrungsgemäß können lehrer es super vormachen, aber die verbalisierung des vorgehens ist generell schwierig und die selbsteinschätzung beim spielen fällt zumindest mir auch schwer (hört man überhaupt einen unterschied? oder ist gar alles nun ein hum-ta-ta-marsch? ;-) )
Das dürfte eine Frage des Lerntyps sein. Ist jede Verbalisierung wirklich hilfreich? Ich finde es effektiver, wenn weniger geredet wird und damit auch zerredet wird.
Zitat von 2nd_astronaut im Beitrag #6
(hört man überhaupt einen unterschied? oder ist gar alles nun ein hum-ta-ta-marsch? ;-) )
Gerade bei Kavallerie-Märschen gibt es doch ein extrem breites Artikulationsspektrum. Die einen spielen die Dreiergruppen nahezu mathematisch exakt, die anderen dehnen sie so weit auf, dass eine Zweiergruppe daraus wird; und irgendwo dazwischen liegt für die meisten die Wahrheit einer schönen und authentischen Interpretation.
Zitat von Mixtura im Beitrag #10
Zuhören, Nachempfinden wäre meine Idee dazu. Und innerlich mitsingen
Bei 4-St. (oder allg.mehrstimmigem ) Sätzen mal jede Stimme singen
Das hilft in Sachen Artikulation eher wenig, denn beim Singen gibt es ja kein Non-Legato. In Sachen Phrasierung schon okay, aber genau bei der Artikulation hatte der Fragesteller ja die Schwierigkeit.
Zitat von Axel im Beitrag #12Zitat von Mixtura im Beitrag #10
Zuhören, Nachempfinden wäre meine Idee dazu. Und innerlich mitsingen
Bei 4-St. (oder allg.mehrstimmigem ) Sätzen mal jede Stimme singen
Das hilft in Sachen Artikulation eher wenig, denn beim Singen gibt es ja kein Non-Legato.
Das verstehe ich nicht. Wieso soll es beim Singen kein Non-Legato geben? Wenn ich eine konkrete Vorstellung von einer Tonfolge habe, kann ich sie genau so singen, wie sie klingen soll. Mir hilft Singen als Unterstützung des Spielens bzw. Übens ausnahmslos immer.
Obwohl das Singen ja Grundlage jeglichen Musizierens sein sollte, hat es aber doch seine eigenen "Gesetzmäßigkeiten". Es dürfte also nicht ganz glücklich sein, das Singen als "Vermittler" der instrumentalen Artikulation und Phrasierung zu gebrauchen. Ein gleichartiges Instrument scheint mir günstiger dafür zu sein.
Mir würde es deshalb auch recht schwerfallen, mit Hilfe von Singen das so wichtige Verständnis für das (historische) Tastenspiel zu bekommen. Gerade das VERSTEHEN der historisch inspirierten Aufführungspraxis ist doch eine wichtige Voraussetzung, um nicht ins Epigonenhafte abzugleiten.
Orgelditi
Sicher muss man die Stilistik verstehen und so gut es geht beherrschen. Ich versuche mal zu erklären was ich meine. Barocke Spielweise ist meist non-legato. Betonungen oder Schwerpunkte kann man über die Tondauer herausarbeiten, indem beispielsweise das erste 16tel einer Sechzehntelgruppe ein My länger ist als die anderen. Für mich ist es einfacher so etwas mal zu singen um es zu verstehen und dann zu versuchen das an den Tasten umzusetzen, als das mathematisch irgendwie aufzudröseln.
Ich sehe das als eine Möglichkeit von vielen. Letztendlich muss jeder seinen eigenen Zugang finden. Dazu sollte man auch verschiedene Herangehensweisen ausprobieren, denn es gibt nicht den einen Weg, der um Ziel führt. Was am Ende zählt, ist das Ergebnis.
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