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Pfeifenorgeln sollten in Kirchen der Normalfall sein
Romanus
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gelöscht
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#31 RE: Pfeifenorgeln sollten in Kirchen der Normalfall sein
Zitat von Gemshorn
Wäre ich bösartig, könnte ich hier anfügen: Und wer zeigt die klanglichen Schwächen der Pfeifenorgel(n) auf?
Die Pfeifenorgel ist immer noch das Original,das Vorbild,DIE Orgel schlechthin,das Maß,an dem jede elektronische,Digital- oder Synthesis-Orgel gemessen wird. Abgesehen von Disposition und Intonation,die nicht den individuellen Geschmack eines Organisten trifft oder technischen Mängeln nach jahrzehntelangem Verfall,kann es hier keine "klanglichen Schwächen" geben.
Details wie leichte Verstimmung,Winddruchfluktuation,Winddruckatmen,Klang- und Lautstärkeunterschiede zwischen einzelnen Pfeifen eines Registers geben dem Klang erst das gewisse Etwas,lassen ihn lebendig und authentisch werden. Nicht umsonst bemühen sich die DO-Hersteller (meist vergeblich),diese Feinheiten zu imitieren.
Natürlich wird die Technik immer besser,es wäre ja auch traurig,wenn es nicht so wäre !
Aber was nützt allein die Technik,wenn den Machern diverser DOs einfach das musikalische Gehör und der Sinn für Ästhetik fehlt
Tatsächlich ist das menschliche Gehör lernfähig,was die feinen Unterschiede zwischen PO und DO betrifft. Vor ca. 15 Jahren,als ich noch kaum Zugang zu Pfeifenorgeln (weil keine Organistenstelle) hatte,war ich der festen Überzeugung,daß eine Johannus Sweelinck haargenauso klingt wie die schönste Pfeifenorgel,ganz im Ernst !
Damals hätte ich jeden PO-Puristen als Fortschrittsgegner und Hinterwäldler beschimpft.
Aber nach fast 10 Jahren Organistendienst an einer hochwertigen Pfeifenorgel und unzähligen Vergleichen zwischen Original und Kopie kann ich mich heute nur wundern,was ich damals allen Ernstes für den perfekten Orgelklang gehalten habe !
Ich nütze außerdem jede Gelegenheit,um neue DOs verschiedener Marken auszuprobieren,habe natürlich auch Hauptwerk ausprobiert und war in letzter Zeit immer nur enttäuscht vom klanglichen Ergebnis dieser diversen Machwerke.
Ich behaupte,man KÖNNTE heutzutage bereits durchaus Digitalorgeln bauen,die der Pfeifenorgel klanglich nahezu ebenbürtig sind und es gab durchaus gute Ansätze in diese Richtung. Aber man tut es meist einfach nicht,entweder aus Ignoranz und Unkenntnis,weil die Hersteller nicht auf erfahrene Organisten hören,die wohl in der Lage sind,echten Pfeifenorgelklang von Plastikimitation zu unterscheiden,oder man verzichtet ganz bewußt auf Klangqualität und baut Billigimitate,um die durchschnittlichen Kirchenbesucher zufrieden zu stellen,die vermutlich nicht einmal eine Dr. Böhm,Bj.1976 von einer Silbermannorgel unterscheiden können.
Nur gesetzt den Fall, daß es einmal keine Pfeifenorgeln mehr gibt, was ist dann das Maß für die Qualität einer Digitalorgel Alte CD-Aufnahmen ? [sad]
Zitat von Romanus
Abgesehen von Disposition und Intonation,die nicht den individuellen Geschmack eines Organisten trifft oder technischen Mängeln nach jahrzehntelangem Verfall,kann es hier keine "klanglichen Schwächen" geben.
Nun, diese Liste deckt tatsächlich so gut wie jedes Manko ab, das ich zu kritisieren hätte.
Diese Aufzählung ist m.E. sehr gut auf Pfeifen- UND Digitalorgeln anwendbar.
Hallo,
ich möchte nochmal das "Kulturargument" aufgreifen und etwas verdeutlichen, das ja verschiedentlich schon angeführt wurde. Das "technokratische und betriebswirtschaftliche Argument" geht ja dahin, dass sich POn nicht lohne, weil sie zu teuer sind und die Leute eh keinen Unterschied hören.
Diese Argumentation wird ja in Bezug auf Theater, Kunst im öffentlichen Raum, anspruchsvolle Architektur und Ausgaben im Kulturbereich überhaupt vielfach angeführt. Beim Stadttheater beispielesweise wird hier wie anderswo auch argumentiert, dass die Zuschüsse zu hoch seien und der Zuschauerzulauf zu gering. Nur - kann man das so rechnen?
Aber auch betriebswirtschaftlich greift eine einfache Kosten-Nutzen-Analyse oft zu kurz. Als ich überlegte, in die Stadt hier zu wechseln, war es für mich ein entscheidendes Argument, dass die Stadt ein gut funktionierendes und ambitioniertes Theater hatte, auch wenn ich in den folgenden 10 Jahren kaum eine Vorstellung besucht habe. Bei vielen Kollegen war das anscheinend so ähnlich. Eine Stadt ohne Theater riskiert dann eben, dass Spezialisten und Investoren nicht kommen. Ich war kürzlich in Linz, die Stadt ist ein schönes, tolles Beispiel für Kunst im öffentlichen Raum.
Was auch ein wichtiges Argument ist, ist dass POn Unikate (eher noch Kunst als Handwerk) sind, während DOn Industrieware (mit ein bisschen Handwerk) darstellen. Wenn ich mich gerade im Wohnzimmer umsehe, stelle ich fest, dass ich im Laufe der Jahre (sind schon einige), alle Poster oder Kunstdrucke durch originale Bilder ersetzt habe. Da stecken in meinem Fall keine hohen Werte drin, das ist teilweise Selbstgestaltetes von Bekannten, enfache Drucke oder Bilder in Akryl, die ich irgendwann einmal Studierenden für ganz wenig Geld abgekauft habe, die für mich aber wichtige Bedeutungen haben. Im Sommer war ich in Bilbao, wo es u.a. eine Ausstellung von (sogar aller) Goya-Radierungen gab. Die habe ich, weil ich ein großer Fan bin, auch in Form von ziemlich guten Kunstdrucken zu Hause und kenne sie recht gut. Zu Hause kann ich die Radierungen vielleicht sogar viel genauer und detaillierter ansehen als im abgedunkelten Museumsraum. Dennoch war es für mich ein einmaliges Erlebnis, im Museum vor den Originalen zu stehen.
In unserer Gemeinde gibt es übrigens auch eine hohe Identifikation junger Leute mit der Orgel, auch wenn sie mit Orgelmusik nicht so viel anfangen können. Wenn im Religionsunterricht aufgeschrieben werden soll, was so alles in der Kirche ist, landet die Orgel interessanterweise regelmäßig auf Platz 1 in bezug auf die Anzahl der Nennungen und deren Position. Wie die Orgel funktioniert, wissen die Leute allerdings nicht so genau.
Trotz all dem schätze ich aber auch DOn sehr: EInmal sind sie als Übeinstrument unentbehrlich, zum anderen stellen sie für viele Kirchen und Kapellen natürlich auch die einzige finanziell mögliche Lösung dar.
Beste Grüße von der Waterkant
Christoph P.
Tabernakelwanze
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gelöscht
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#34 RE: Pfeifenorgeln sollten in Kirchen der Normalfall sein
Solche Diskussionen kenne ich eigentlich nur aus einem anderen Forum und in anderer Richtung: DO=Teufelswerk! Was ich jetzt hier zu lesen bekomme, nämlich eine Ablehnung der PO ist für mich völlig indiskutabel. Die PO ist und bleibt für mich immer das erstrebenswerte Ziel. Aus verschiedensten Gründen ist so ein Instrument leider nicht immer möglich. Dann halte ich es für durchaus legitim, auf eine gute DO zurückzugreifen. Und für den Hausgebrauch halte ich eine DO ohnehin in den meisten Fällen für alternativlos. Was soll ich mit einer Truhe, 8+4+2 auf Dauer anfangen. Das täte mich schon anöDen. Wenn ich Schlossbesitzer mit einer entsprechenden Eingangshalle wäre, tja dann...wäre das schon wieder was anderes.
Tabernakelwanze
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gelöscht
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#36 RE: Pfeifenorgeln sollten in Kirchen der Normalfall sein
Romanus
(
gelöscht
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#37 RE: Pfeifenorgeln sollten in Kirchen der Normalfall sein
Zitat von GemshornZitat von Romanus
Abgesehen von Disposition und Intonation,die nicht den individuellen Geschmack eines Organisten trifft oder technischen Mängeln nach jahrzehntelangem Verfall,kann es hier keine "klanglichen Schwächen" geben.
Nun, diese Liste deckt tatsächlich so gut wie jedes Manko ab, das ich zu kritisieren hätte.
Diese Aufzählung ist m.E. sehr gut auf Pfeifen- UND Digitalorgeln anwendbar.
Mein Gott,wenn das nur die einzigen Mängel einer DO wären,dann wäre die Kopie perfekt und ich als 2-facher DO-Besitzer glücklich !
Die traurige Realität sieht leider anders aus. :S
Da wäre z.b. die ungleich höhere Defektanfälligkeit,die nach spätestens 10 Jahren,meist schon viel früher,einsetzt :
Ich warte nun z.b. schon seit 3 Wochen auf die Stimmenkarte von Johannus,die erst für 250 EU neu angefertigt werden muß,weil die Ersatzteile für die Sweelinck nicht mehr gelagert werden,bis dahin muß ich auf 3 Register (darunter das Kornett und die Hauptwerksmixtur) verzichten und das durch den Ausfall der Stimmenkarte erhöhte Grundrauschen ertragen. Ich habe auch keine Ahnung,wielange das noch dauert.
Außerdem klingt in letzter Zeit paradoxerweise bei Spiel auf dem oberen Manual das Cis des unteren Manuals mit,was das Spiel auf dem oberen so gut wie unmöglich macht.
Bei meiner 2. DO,einer Johannus Prestige 300 ist gerade ein Lautsprecher dabei,sich zu verabschieden und macht kratzende Nebengeräusche wie ein Radio,das schlechten Empfang hat.
Der Techniker reagiert schon gar nicht mehr auf meine Emails !
Dummerweise gibt es im gesamten Großraum Wien nur 2 Techniker,die eine Johannus reparieren können,ich kenne beide und der besagte ist das kleinere Übel. (Der andere kommt schon seit vielen Jahren nicht mehr zu mir,weil ich mich einmal (mit Recht) über ihn beschwert habe,vielleicht ist es ja auch besser so.
Dann wäre da noch der mehr oder weniger sterile Plastikklang (der auch durch stunden- tage- wochen- monate- jahrelange,ausgeklügelte Intonation nicht das Niveau einer PO erreicht),die meist metallisch klirrenden Mixturen und die bei billigeren Modellen (z.b. Johannus Opus seit Bj.1997) nur 8-fache Polyphonie pro Register. (Klar,wer immer nur 4-stimmige Sätze darauf spielt und nicht vollgriffig improvisiert,merkt´s vielleicht gar nicht.)
Das alles wird den gutgläubigen und anfänglich begeisterten DO-Käufern (zu denen ich auch mal gehört habe) freilich verschwiegen !
Nein,elektronische Orgeln sind kein Teufelswerk (obgleich es mir in letzter Zeit fast so vorkommt),wenn es sie nicht gäbe,hätte ich nie das Orgelspiel erlernen können und ich bin deshalb trotz allem immer noch froh,daß es sie gibt !
Aber sie mit einer Pfeifenorgel vergleichen zu wollen ist wie ein Vergleich zwischen einem Ölgemälde und einem niedrigauflösenden,verpixelten Digi-Foto desselben.
Natürlich ist das Digitalfoto unvergleichlich preisgünstiger als das Ölgemälde und es soll ja auch Leute geben,die keinen Unterschied erkennen. [grin]
Hallo,
Zitat von Gemshorn
Und ab welchen Gegebenheiten wäre für euch eine Digitalorgel in der Kirche die 'akzeptable' Lösung?
nun ja, die Katholiken sind hier im Nordosten, im ostlichen Teil des Erzbistums Hamburg, nur ein kleine Minderheit (weniger als 5%). Ich kenne hier eine "Kirche" oder "Kapelle", wo regelmäßig Gottesdienste stattfinden, die besteht aus 2 zusammengelegten Zimmern einer ehemaligen Pension (Speiseraum, Aufenthaltsraum?) und bietet Platz für vielleicht maximal knapp 100 Leute. Der Raum ist vielleicht 3 m hoch. Die Gottesdienste sind in der Saison gut besucht, wegen der Touristen, einmal im Jahr gibt es ein Konzert einer evangelischen Kantorei. Dort steht seit 1965 ein kleines, robustes Örgelchen (Gedackt 8', Prinzipal 4', Rohrflöte 4', Waldflöte 2', Scharff 3fach, Bass 16' Pedalkoppel), das tadellos funktioniert. Da würde man heutzutage wohl eine DO einbauen, wobei ich sogar ein Variante mit wenigen Registern, vielleicht im Stil einer romantischen Dorforgel, wie sie für die Gegend hier typisch sind, ganz passend fände, z.B. so etwas hier. Kathedralklang einer großen Barockorgel wäre in dem Raum irgendwie ein bisschen albern. Leider gibt es so etwas nicht von der Stange.
Die Region hier hat das niedrigste Pro-Kopf-Einkommen in Deutschland bzw. vermutlich auch im deutschsprachigen Raum. Man würde für den Bau einer Orgel n einer Kath. Kirche keine Spender und Sponsoren finden. Für irgendwelche Kulturgeschichten kann man hier nicht einmal die (für hiesige Verhältnisse) großen Unternehmen gewinnen. Eine Schicht von Bildungsbürgern gibt es kaum, die wurde zu DDR-Zeiten davon gejagt und bildet sich nur sehr langsam wieder. Dazu kommt, dass die wenigen Bildungsbürger, soweit überhaupt in einer Kirche, evangelisch sind.
Es gibt in der größten Stadt der Region, Rostock, beispielsweise nur eine Bürgerstiftung mit einem Vermögen von 400000 Euro. Zum Vergleich: Im 3 1/2 mal so großen Frankfurt/Main gibt es mehr als 100 Bürgerstiftungen. PO gibt es m.W. nur in den StäDten: Ludwigslust, Schwerin, Wismar, Rostock, Neubrandenburg, vielleicht noch ein paar andere. In den anderen Gemeinden ist man froh, wenn man sich eine DO leisten kann, z,B. in Kühlungsborn. Übrigens gibt es In der ganzen Region auch nur 2 hauptamtliche kath. Kantoren.
Die ehrenamtliche Organistin einer Kleinstadt hier hat mir einmal gesagt: "Ich bin kreuzfroh, dass wir dieses Ahlborn-Ding bekommen haben". Es wäre also völlig unrealistisch, hier für jede Kirche ein PO zu fordern.
Anders sieht es natürlich in den evangelischen Gemeinden aus, wenngleich auch nicht rosig, aber immerhin machen die Evangelen 15 % der Bevölkerung aus. Und soziologisch sind die Evangelen auch anders aufgestellt. Knapp 80 % sind ohne Bekenntnis (auch nicht in anderen Religionen).
Beste Grüße von der Waterkant
Christoph P.
Zitat von chp
Ich kenne hier eine "Kirche" oder "Kapelle", wo regelmäßig Gottesdienste stattfinden, die [...] bietet Platz für vielleicht maximal knapp 100 Leute. [...] Dort steht seit 1965 ein kleines, robustes Örgelchen (Gedackt 8', Prinzipal 4', Rohrflöte 4', Waldflöte 2', Scharff 3fach, Bass 16' Pedalkoppel), das tadellos funktioniert.
Für so einen Raum finde ich die von dir beschriebene Orgel fast schon luxuriös.
Und jetzt denk dir, dass ich eine beinahe dispositionsidentische Orgel hier in unserer ehemaligen Wallfahrtskirche (Gewölbehöhe 21 m, Platz für mehrere hundert Kirchenbesucher) stehen habe, mit der Einschränkung: keine Pedalkoppel, im Manual kurze Oktave, Pedal 12tönig chromatisch (ja ich weiß; darüber habe ich mich schon vor Zeiten ausgiebig ausgejammert). [wink]
Der Kirchenbesuch hier beträgt 60 - 70 Personen sonntags; die Wochentagsmesse strebt ihrem natürlichen Erlöschen durch Nichtnutzung zu (derzeit noch ca. 7 Personen).
Was soll ich hier anstreben, wenn nicht eine leistbare Digitalorgel?
Romanus
(
gelöscht
)
#41 RE: Pfeifenorgeln sollten in Kirchen der Normalfall sein
Zitat von Gemshorn
(Gedackt 8', Prinzipal 4', Rohrflöte 4', Waldflöte 2', Scharff 3fach, Bass 16' Pedalkoppel),
Und jetzt denk dir, dass ich eine beinahe dispositionsidentische Orgel hier in unserer ehemaligen Wallfahrtskirche (Gewölbehöhe 21 m, Platz für mehrere hundert Kirchenbesucher) stehen habe, mit der Einschränkung: keine Pedalkoppel, im Manual kurze Oktave, Pedal 12tönig chromatisch (ja ich weiß; darüber habe ich mich schon vor Zeiten ausgiebig ausgejammert). [wink]
Was soll ich hier anstreben, wenn nicht eine leistbare Digitalorgel?
Wenn deine Orgel eine kurze Oktav hat,muß sie mindestens 200 Jahre alt sein,dann ist sie historisch wertvoll und sollte unbedingt erhalten bleiben !!! Historische Orgeln haben (bei guter Pflege) meist einen besonders schönen Klang !
Das Spiel auf kurzer Oktav ist wohl gewöhnungsbedürftig,aber keineswegs unmöglich,unsere Kollegen zu Mozarts Zeiten haben das auch geschafft. [wink]
Man kann eine kurze Oktav auch auf Chromatik ergänzen,denn es fehlen ja nur 4 Töne pro Register. Das Pedal kann man ebenfalls ergänzen. Schon Kostenvoranschlag eingeholt ?
Wenn sie dir zu klein ist,kann man auch eine Erweiterung auf 2 Manuale in Erwägung ziehen,was dann natürlich etwas teurer kommt.
---> Orgelkomittee gründen ---> Sponsoren finden,Spenden sammeln ---> Angebote einholen,den besten Anbieter finden ---> Kredit aufnehmen und durch Konzerte,CDs... finanzieren,so geschehen in unzähligen anderen Kirchen,wo ein Wille,da ein Weg !
Wenn du dieses historische Kleinod gegen eine DO austauschst,mußt du,wenn sie halbwegs Qualität haben soll,mit mindestens 10000 EU rechnen,außerdem vernichtest du ein Stück Geschichte,hast wahrscheinlich sogar einen schlechteren Klang (auch bei 4x so vielen Registern,denn Quantität ist NICHT gleich Qualität) und nach ein paar Jahren,bevorzugt dann,wenn die Garantie vorbei ist,gehts dir genauso wie mir mit meinen 2 Johannüssen:
Register fallen aus,Tasten knacksen,Töne bleiben hängen,Lautsprecher beginnen zu kratzen und krachen,das Grundrauschen übertönt die Niagarafälle,die Reparaturen häufen sich,die Servicerechnungen werden immer höher,der Ärger und Frust immer größer und das Beste: Nach ca. 10-15 J. gibts dann auch keine Ersatzteile mehr,der Servicetechniker,falls du einen findest,hat nur noch verächtliche Kommentare ("Ich will diese alte Kiste nicht mehr sehen !" für dich übrig,Wut steigt in dir auf und das einstige Wunderwerk der Technik ist nur noch Schrott ! Putz:
Spätestens dann wirst du dir die gute alte Pfeifenorgel zurückwünschen,die mehrere Jahrhunderte überdauert hat,bis du sie zerstört hast und deine Nachfolger werden dich dafür hassen.
Zitat von Gemshorn
Was soll ich hier anstreben, wenn nicht eine leistbare Digitalorgel?
Ein Großteil der historischen Orgeln müsste dann wohl verschrottet werden, weil die Spielbarkeit und Disposition nicht heutigen Maßstäben entspricht. Klaviaturen sind schwergängig und gekoppelt mitunter kaum noch spielbar, Pedalabmessungen stimmen nicht, Sitzpositionen sind unergonomisch und selbstverständlich haben die meisten davon auch viel zu wenige Register.
Nur - es schlummert in ihnen etwas ganz Besonderes, in jeder etwas Individuelles und vor allem unkopierbar Klangschönes - und darin sehe ich vielleicht die "Seele" einer (historischen) Orgel ähnlich der Seele jedes Individuums. Selbstverständlich will die Seele gehegt und gepflegt werden sonst verkümmert sie. Und sie will auch entsprechend angeregt werden, d.h. für die Orgel: gespielt werden.
Keine Frage kann das natürlich in Diskrepanz stehen zum aktuellen musikalischen Bedürfnis der Gemeinde. Aber vielleicht sollte man auch das Bedürfnis mal reflektieren und den Gegebenheiten anpassen. Der Gemeinde gerade mal bewusst machen welche Einschränkungen aber vor allem auch welche außergewöhnlichen Qualitäten eben gerade dieses Instrument besitzt. Und dann gemeinsam damit die geeignete Musik machen.
Gerade ein solches Instrument ist doch vielleicht wunderbar geeignet mit weiteren Soloinstrumenten zu harmonieren.
Orgel "Plus" - z.B. Trompete, Flöte oder Streicher. Und schon hat man zusätzliche "Register" gezogen, ohne die historische Substanz zu verändern.
Man darf auch nicht vergessen, daß es unmöglich ist, daß jede Orgel mit jedem Organisten kompatibel ist. Unter Umständen ist auch eine neue "Paarung" sinnvoll.
Gruß Michael
Letztlich ist die Orgel ein Instrument, wörtlich ein „Werkzeug“, das funktionieren muss, dh. die Liturgie eines Kirchenjahres einigermaßen zuverlässig/unfallfrei bedienen zu können. Das ist nicht gegeben, wenn man vor dem Gottesdienst erstmal ein Gebet gen Himmel senden muss, dass die alte Dame (so viel Seele sie auch haben mag), überhaupt anspringt, oder dass keine Töne während des Spiels hängenbleiben, dass sich der einzige 8-Fuß im Hauptwerk benutzen lässt etc…
Dies ist doch eine eher realitätsferne und ideologische Diskussion, die meiner Erfahrung nach übrigens zumeist von Leuten geführt wird, die sich am Wochenende ganz entspannt an ihre schöne gepflegte PO setzen können und vom Dienen an einem ach so wunderbaren "historischen Kleinod“ nur eine vage Vorstellung haben.
Verlangen wir denn auch von einem Taxifahrer, mit einem verrosteten Oldtimer seinen täglichen Dienst zu versehen, weil wir das Design so „unkopierbar schön“ finden…?
martin
(
gelöscht
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#44 RE: Pfeifenorgeln sollten in Kirchen der Normalfall sein
Zitat von Romanus
Wenn deine Orgel eine kurze Oktav hat,muß sie mindestens 200 Jahre alt sein,dann ist sie historisch wertvoll und sollte unbedingt erhalten bleiben !!! Historische Orgeln haben (bei guter Pflege) meist einen besonders schönen Klang !
Wenn etwas historisch wertvoll ist, kommt das Bundesdenkmalamt mit (zu bezahlenden) Auflagen/Einschränkungen
Zitat von Romanus
Man kann eine kurze Oktav auch auf Chromatik ergänzen,denn es fehlen ja nur 4 Töne pro Register. Das Pedal kann man ebenfalls ergänzen. Schon Kostenvoranschlag eingeholt ?
Ist der Eingriffe in historische Substanz nicht auch problematisch?.
Zitat von SJL
Letztlich ist die Orgel ein Instrument, wörtlich ein „Werkzeug“, das funktionieren muss
Gut gesprochen.
Überhaupt habe ich das Gefühl, dass manche hier ziemlich vom grünen Tisch her reden; wer eine gute Pfeifenorgel in seiner Kirche stehen hat, wird kaum ermessen können, was es bedeutet, Sonntag für Sonntag auf einer amputierten Orgel spielen zu müssen, auf der so gut wie kein einziger Begleitsatz aus dem Orgelbuch ohne Veränderungen spielbar ist, wo man die Bassstimme ständig auch manualiter mitführen muss, verschärft durch die divergierende Tastenbelegung in Manual und Pedal.
Warum wird "alt" sofort mit "historisch wertvoll" in eins gesetzt? Woran bemisst sich der Wert einer Orgel? Wie wertvoll ist ein Werkzeug, das nur einen Bruchteil der ihm zugedachten Aufgaben erfüllen kann?
Fragen über Fragen... [sad]
Für Romanus' Vorschläge einer Ergänzung der bestehenden Orgel könnte ich mich durchaus erwärmen - das Denkmalamt aber wohl nicht.
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