Ich habe mir den Würzburger Satz gerade mal beschafft. Es ist tatsächlich der „alte“ Satz von Gleissner aus der Erstauflage des Orgelbuches. Aber ich finde ihn nach wie vor tadellos. Ein gelungener Kompromiss. Die Melodie bekommt mehr als den damals (in den 70ern) alleinseligmachenden Kantionalsatz, der möglichst „archaisch“ und damit angeblich „sakral“ zu klingen hatte. Zugleich bleiben die technischen Anforderungen auf Augenhöhe des unterfränkischen Landorganisten. Die Entscheidung zwischen Harmonie- oder Lagenwechsel fällt m.E. sehr ausgewogen aus.
Natürlich „geht“ da harmonisch mehr. Aber für die Entstehungszeit ist der Satz schon „gewagt“.
Auch im Vergleich zum Satz aus der „Kirchenmusikliste“, der korrekt, aber kreuzbrav ist.
Wobei ich schon nachvollziehen kann, dass ein so harmonieseliges Liedchen nicht unbedingt ein Herumkreuchen und Ausweichen in den Mollparallelen gebietet – wiewohl letztere wohl in der Lage sind, die Gemeinde vor dem Einschlafen zu bewahren und ihr drastisch klar machen, dass der Cantus nach den Halbschlüssen noch weitergeht, bis er „Tag und Nacht“ im tiefen C „ruht“.

Ich muss doch mal in meinem Fundus nach dem Chorsatz wühlen.

Stichwort Tonika über einen ganzen Takt: Zwischen den Weltkriegen war in Augsburg ein Orgelbuch in Gebrauch, das ich in meiner Sammlung habe. Der Verfasser aller Sätze war ein weiland kgl.-bayer.-Seminar-Musik-Oberlehrer und „geistlicher Rat“. Er ließ grundsätzlich in den ersten zwei, manchmal drei Takten des Begleit(!)satzes den Grundton als Orgelpunkt liegen. Und begründete das natürlich. Gemeinde und Organist sollten die Gelegenheit haben, ins „richtige“ Tempo zu finden. Wer bei diesem metrischen „Bankdrücken“ meistens gewonnen hat, ist ja wohl klar. Selbstverständlich warnte der Verfasser im Vorwort auch vor der Verwendung „starker 4‘-Stimmen, welche den Gesang dominieren, statt ihn sanft zu stützen“... Das erklärt Vieles...


FG
Michael

Vorletzter Takt - die beiden ersten Melodietöne wirklich e und g? In Kindsmüllers Original sind es d und f. (Silben "Tag" "und" Letzteres macht erheblich mehr Sinn - wg. schrittweisen Abbaues der melodischen Spannung in der Schlußphrase - Zielpunkt "ruhn".

FG
Michael

Das Problem beim Begleiten dieses Liedes ist es, der Gemeinde trotz fortgesetzter Punktierungen, halber Noten und ganzer Werte auf den Enden jeder Phrase ein straffes "rhythmisches Korsett" einzuziehen. Angezeigtes Mittel dazu sind in gleichmäßigen Werten schreitende Bässe, die an den Schleppstellen (das ist oft die zweite Phrase!) in Achtel übergehen. In den ruhenden Takten auf den Zeilenschlüssen habe ich die Mittelstimmen bewegt geführt, damit genau festliegt, wie lang diese Takte sind - sie werden nämlich meistens zu kurz genommen!

Hier also mein "Gegenvorschlag":


[attachment=0]Segne Du.pdf[/attachment]


FG
Michael

Jo, auf Stimmführungskosmetik habe ich nicht groß geachtet, und die leere Quinte in T3 muss sich der Idee unterordnen, durch konsequente Tonrepetitionen in den Binnenstimmen den Rhythmus zu klären, wenn da schon harmonisch die Hölle los ist ... So was galt in meinen Lehrjahren als besonders "sakral".
Die Parallele in T5 ist in der Tat ein Dreckfuhler, Tenor natürlich d1. Um die Quintparallele in T9/10 zu vermeiden, könnte man natürlich Tenor im 1. Schlag Takt 10 auf c' führen, das als 3/4-Note und auf den 4. Schlag b0 im Tenor.

Ich dichte mal eine Variante, aber nicht mehr heute Abend.

FG
Michael

Ups, hat mich jetzt doch gepackt.
Hier ist Plan B.

[attachment=0]Segne Du.pdf[/attachment]


FG
Michael

Vorsicht, Vorsicht, lieber Glaubensgenosse.

Die Bartholomäusnacht ist gerade mal 450 Jahre her ...
Konfessionskriege sind schon aus weit geringeren Anlässen ausgebrochen ...

Bis dahin Prost: Prost: Prost:

FG
Michael