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RE: Forumstreffen Herbst 2017
Ja - es war wieder sehr schön, lehrreich und erbauend mit euch allen diese Tage zu verbringen.
Neue Gesichter und Persönlichkeiten kennen zu lernen war ein interessanter Aspekt des Treffens.
Die Geselligkeit in- und außerhalb der orgelbeherbergenden Gebäude war ebenfalls eine auf unseren Treffen regelmäßig wahrnehmbare Eigenschaft unseres "e.V." (= einzigartigen Vereins"
Inhaltlich muss ich das aber wirklich erst mal sacken lassen. Es kann also ein paar Tage dauern, bis ich Bilder und Videos hier poste.
Erst mal
an alle die da waren und sich so brav und artig an alle Zeitvorgaben gehalten haben.
[wink]
Ich bin sehr glücklich, dass alle gekommen sind, dass alles perfekt geklappt hat, dass alle immer und überall quasi just in time pünktlich waren, dass alle wieder gut nach Hause gekommen sind und dass es allen so gut gefallen hat.
Kermit würde rufen: APPLAUS APPLAUS APPLAUS !!!
[grin]
LG
Aeoline
#152 RE: Forumstreffen Herbst 2017
So, nach ausgiebigem Nachtschlaf (zum Ausgleich des defizitären Kontos) und einem ebensolchen Frühstück hier mal mein Erlebnisaufsatz Teil I:
Die Anreise für uns Bewohner der Nordhalbkugel war – am Freitag vor einem Wochenende, das sich durch einen Brückentag für Kurzurlaub und entsprechendes Verkehrsaufkommen auf den Fernstraßen anbot - nicht ganz staufrei. Während die A-7-User nach eigenem Bekunden durch alle Nadelöhre durchschlüpften, waren die einschlägigen Flaschenhälse der „Westschiene“ sorgfältig verkorkt. Ich hatte gleich zweimal das Vergnügen. Auf der A 6 zwischen Mannheim und Heilbronn hatte sich an der engsten Stelle der engstmöglichen und kilometerlangen Baustelle der obligatorische balkanesische Kleintransporter flächendeckend über beide Schmalspur-Fahrbahnen zerlegt ... [sad]
Bei Stuttgart sammelte ich unseren Kollegen „Basson 16’“ ein – so hatte ich beim nächsten Stau an der Geislinger Steige wenigstens angenehme Gesellschaft. Dort geruhten kurz vor uns (in einem Tunnel) zwei Ganzeilige zu kollidieren. Und statt ihre Blechhaufen auf den Seitenstreifen zu schieben, warteten sie auf das Eintreffen der Polizei. Die kam dann auch – kurz bevor mir der Gedanke kam, die herumstehenden Staukollegen zu animieren, ihre Kofferräume nach Schneidwerkzeugen zu durchsuchen, um dem angrenzenden Wäldchen etwas Schnittholz zum Bau eines zünftigen Lagerfeuers zu entnehmen, an dem sich trefflich und kurzweilig die Nacht verbringen ließe ...
Da mein Zeitmanagement üppig kalkuliert war, trafen wir trotzdem gegen 17 Uhr am Standquartier in Krumbach ein. Die Inschrift „Gasthof & Metzgerei“ erwies sich als zutreffende Verheißung, was Qualität und Quantität der Portionen beim Abendessen betraf. Haralds Riecher für forumskompatible Lokalitäten ist ja inzwischen legendär.
Dass in diesem Hause auch ein ganzes Sortiment edler Brände aus ökologischem Anbau zu Gebote stand, sollte sich jenseits der Datumsgrenze als fatal erweisen, als irgendwer auf die Idee kam, sich durch das Angebot zu probieren. Selten habe ich mich so ökologisch korrekt – nun ja – besäuselt. Im Rahmen einer ergreifenden Gedenkminute wurde auch derer gedacht, die gerne dabeigewesen wären und sehr gut hingepasst hätten. Geschlafen wurde dann etwas schneller ...
Ein weiterer Vorzug unseres Quartiers: Frühstück ab 6.30! Dafuer:
Senilen Bettflüchtigen wie mir kommt das seeeehr entgegen. Das Buffet war mit Wurst- und Schinkenprodukten aus hauseigener Fertigung so üppig und vielseitig bestückt, dass sogar ein notorischer Marmeladen- und Honigfrühstücker, wie ich es bin, seinen Prinzipien untreu wurde.
Um zehn waren wir dann pünktlich (großes Kompliment an die Termindisziplin aller Teilnehmer – ich hab’ es auch nicht anders erwartet ... ) in der Kisselbach-Filiale am Rand von Augsburg. Alle die das von außen unscheinbare Polygon noch nicht kannten, waren fürbaß erstaunt, wie viele DO auf zwei Ebenen in diese „Raumstation“ hineinpassen. Thomas Gerlach, der lokale Repräsentant des Hauses erwartete uns und natürlich hatte es sich Gerd Kisselbach nicht nehmen lassen, uns in Augsburg mit seiner Anwesenheit zu beehren und die bewährte Gastfreundschaft des Hauses in neue Politur zu stellen.
Wir waren natürlich gespannt wie die Flitzebogen, ob uns dort das jüngste Kind aus Mondaino erwarten würde – die „Hymmersive“. Der Chef des Hauses hatte im Vorfeld allerdings bereits im doppelten Konjunktiv formuliert, was sich als vorausschauend erwies. Aber im Gespräch machte er der versammelten Digitalorgelgemeinde Hoffnung, dass die neue Generation von Registerwippen mit Displays so zügig wie möglich an die „nichtvirtuellen“ Orgeln von Viscount – und damit an die vielköpfige Gloria-Concerto-Familie – weitergereicht werden soll. Darob waren wir durchaus „amused“ und spielten uns durch das Sortiment, das (mit Ausnahme der viermanaligen Concerto) so ziemlich komplett war: Glorias, Johannüsse und Contents wurden eifrig beklopft und analysiert. Der Kopfhörer war das angesagte Accessoire – etwas zu meinem Leidwesen. Aber es ging halt nicht anders. Denn es bewahrheitete sich zeitweise Wilhelm Buschs Spruch: „Musik wird störend oft empfunden, da stets sie mit Geräusch verbunden ...“
rgel: rgel: rgel: rgel: rgel: rgel:
Das änderte sich, als wir wohlverpflegt (auch dafür gebührt dem Hause Kisselbach unser aller Dank) zu zwei Kircheninstallationen im Umfeld von Augsburg aufbrachen. Im Meringer Ortsteil St. Afra erwartete uns in der kath. Kirche eine dreimanualige Johannus Ecclesia. Der akustisch unproblematische Raum (in klassischer „Schuhkarton“-Form) weckte Assoziationen ans Treffen 2016 und die dabei besichtigte Monarke in Unterthingau.
Die – nach Aussagen des örtlichen Organisten keinesfalls auf ewig in eherne Tafeln geritzte – Intonation wirkte im Raum durchweg angenehm, tragfähig und voll. Der Spieltisch aber stand (auch hier ließ Unterhingau grüßen) nicht unbedingt an der idealen Stelle.
Ich hörte viele typische Johannus-Klänge. Und die Prinzipale der Nebenwerke (vor allem der im Positiv) haben mir bedeutend besser gefallen als der Sägezahn-Generator-Sound im Hauptwerks-Prinzipalchor. Da ist m.E. noch viel Luft nach oben. Andere mögen Anderes gehört haben und es ergänzen.
Eine Gloria Capella 235 war dann in einer kath. Kirche in Stadtbergen zu hören und zu spielen. Sie steht (als Provisorium, bis zur Finanzierbarkeit der Generalüberholung einer stilistisch hervorragend in den Bau aus der unmittelbaren Nachkriegszeit passenden PO) im Altarraum, die große Abstrahlung wurde erst gar nicht zu verstecken versucht. Die Lautsprecherbatterie steht an einer akustisch günstigen Stelle, ist aber halt als „Schrankwand“ deutlich sichtbar im weitläufigen (vor allem in die Breite gezogenen) Altarraum. Der in seiner Konzeption und ästhetischen Ausstrahlung durchaus diskussionswürdige Raum hat in der sehr niedrig gehaltenen Vierung eine flache parabolische Kuppel, die je nach Hörerstandort für interessante akustische Verstärkungs- und Löschungseffekte sorgt. Vor allem das Richtungshören wurde an manchem Platz ziemlich genasführt.
Ungeachtet der Restaurierung der PO aus dem einst renommierten Allgäuer Haus Zeilhuber sollte die Gemeinde m.E. erwägen, diese gelungene DO nach Abschluss der Arbeiten nicht – wie geplant – wieder zu verkaufen. Sie ist auf jeden Fall eine Bereicherung. Mir hat sie sowohl am seitlich (in unmittelbarer Nähe der Abstrahlung) vorn aufgestellten Spieltisch als auch im Raum sehr gut gefallen. Besonders die warmen, barocken Klänge wirkten ausgezeichnet. Und wer diese Region und den Menschenschlag kennt, der weiß, dass dort eine heitere, ja verspielte Kirchenmusik, der alles Düstere, Depressive und Dröhnende fehlt, von den barocken Klosterkomponisten des 18. Jh. bis in die Gegenwart eine Heimstatt hat.
Das abendliche Gelage diente dem regen Austausch von Impressionen, Visionen, Schwänken etc., wobei sich unsere „Ersttäter“ perfekt integrierten. Dafuer:
Die von Harald beschafften T-Shirts (einschlägiges Bildmaterial wird sicher auftauchen) werden wohl bald Kultstatus bekommen ...
Hier mach’ ich mal einen Schnitt. Draußen lacht die Sonne, ich hab’ keinen Orgeldienst und die Dame des Hauses signalisiert Kommunikationsbedarf - bevorzugt während des Lustwandelns durch Mittelhessens Fluren. Was wir jetzt tun werden.
LG Michael
#153 RE: Forumstreffen Herbst 2017
Auch ich bin spät, aber gut zu Hause angekommen. Eigentlich ist von Euch alles gesagt worden. Mit etwas Wehmut blicke ich auf das Wochenende mit Euch zurück. Die Zeit ist viel zu schnell vergangen und die Eindrücke waren überwältigend. Ich habe mich in Eurer Mitte sehr wohl gefühlt.
Besonders möchte ich mich bei den Organisatoren bedanken. Das Hotel war sehr gut ausgewählt und das Programm ist vermutlich schwer zu toppen. Ich freue mich schon auf das nächste Forumstreffen.
LG aus Berlin
Matthias
Nun, dann will ich auch meinen Senf zu den verwichenen Tagen abgeben.
Das Wiedersehen mit dem originellen Orgelhaus samt Hausherren Thomas Gerlach bereitete mir besondere Freude; immerhin war ich dort erstmals auf die Gloria Concerto getroffen, die bis zur Stunde meine Wohnung ziert.
Dass Firmenchef Gerd Kisselbach ebenfalls erschienen war und willig unseren Fragen Rede und Antwort stand, war jedenfalls eine Bereicherung unseres Vormittags in Augsburg. Von ihm kam auch - nicht zum ersten Male - der Vorschlag, das Viscount-Werk in Mondaino im Rahmen eines Forumstreffens zu besuchen. Eine Idee, der ich mehr und mehr abgewinnen kann. [wink]
Neu war in Augsburg für mich einzig die Noorlander Fugara, eine Hauptwerksorgel, die sehr respektable Töne vernehmen ließ und im Gegensatz zur Johannus LiVE III auch ordentlich Volumen bewies. Ansonsten gab es für mich diesmal nichts Neues zu erkunden; so wanderte ich von Orgel zu Orgel, um mir den Klang diverser Modelle neu ins Gedächtnis zu rufen. Zu nennen wären da: Content Celeste, Content Clavis, Gloria Klassik 226 Trend und - die Johannus Symphonica, die ich leider erst kurz vor dem Ende unseres Aufenthalts in Augsburg bemerkte... und das, obwohl sie dem Besucher eigentlich schon beim Eintreten direkt entgegenlacht. Meine Erinnerungen an die Symphonica waren alles andere als begeisterungsvoll. So staunte ich nicht schlecht, als ich den satten und für mich rundum überzeugenden Klang der Symphonica 450 hörte. Wäre die Orgel nicht 1.) relativ hochpreisig und 2.) ziemlich groß, käme sie sofortigst auf die Liste jener Orgeln, die ich gerne in meinem Eigenheim stehen hätte. Ich kann heute nicht mehr sagen, ob das Vergleichsobjekt, das ich vor etlichen Jahren in Baunatal hörte, ebenfalls eine Symphonica 450 oder das vormalige Modell 45 war... Jene Symphonica 450 in Augsburg gefiel mir jedenfalls ganz außerordentlich. Für mich ein deutlicher Beweis, was Johannus kann - so man denn will.
Die Kircheninstallationen waren für mich mehr eine Zugabe zur Orgelbetastung am Vormittag. Die Ecclesia fand ich vor allem unten im Kirchenraum und in größerer Registrierung durchaus überzeugend. Manche Einzelstimme blieb meiner Meinung nach hinter den Möglichkeiten zurück.
Die Gloria Kapella klang erwartungsgemäß sehr gut, trotz der auffallend lieblos aufgestellten Lautsprecherbatterie, die im Altarraum nebst dem Tabernakel gestapelt wurde. Die Kirche war für mich ein eindeutiges Negativerlebnis; nie zuvor hatte ich einen auch nur ansatzweise so deprimierenden Raum gesehen, der nicht nur aufgrund der niedrigen Temperatur Kälte ausstrahlte. Gewiss, das hat mit der dort aufgestellten Orgel nichts zu tun - soll aber in meiner Rückschau nicht unerwähnt bleiben.
Der Sonntag war gestrichen voll mit Highlights. Vormittags besuchte ich mit Matjoe den Augsburger Dom, wo wir neben der Orgel auch die Domsingknaben zu hören bekamen. Am Nachmittag dann wahrhaft ohrenöffnende Begegnungen mit schönen Pfeifenorgeln. Die Monumentalorgel in Roggenburg wird mir unvergesslich bleiben, ebenso das virtuose Spiel von Orgelbauer Martin Gessner, der uns ebenso freundlich-unkompliziert wie kompetent in das beeindruckende Orgelwerk einführte.
Die Holzhey-Orgel in Ursberg, ebenfalls ein beachtliches und schönes Instrument, wurde uns vom dortigen Organisten ebenfalls in einfühlsamer Weise nahe gebracht. Auch dafür ein herzliches Vergelt's Gott.
Am Ende des Tages - ich fühlte bereits eine bleierne MüDigkeit auf mir lasten - besuchten wir noch die Wallfahrtskirche Violau, wo uns eine Sandtner-Orgel aus 1979 erwartete. Die vielseitige Disposition der nicht ganz so großen Orgel überraschte durch schöne Farben und eine Fülle an sinnvollen Kombinationsmöglichkeiten. Unser Mitforianer Martin aus der Schweiz wagte sich dort an ein All'Elevazione von Domenico Zipoli, das auf dieser Orgel wunderbar zur Geltung kam. Danke dir, lieber Martin!
Hier hätte es auch schon enden können, wäre da nicht für Montag noch das sagenhafte Orgelmuseum von Sixtus Lampl auf dem Programm gestanden. Was wir dort zu sehen (und zu hören) bekamen, war schlicht atemberaubend. Die ehemalige Orgel der Basilika Gößweinstein in voll spielbarem Aufbau über zwei Etagen des Hauses und viele, viele größere und kleinere Orgeln, die dort liebevolle Pflege und ein neues Daheim gefunden hatten. Was Dr. Lampl in Valley über die Jahre auf die Beine gestellt hat, verdient m.E. höchsten Respekt. Sein Orgelmuseum ist einen Besuch absolut wert und sollte auf jede erdenkliche Weise Beachtung, Werbung*) und Förderung erfahren. Herr Lampl selbst wirkt unermüDlich in seiner Begeisterung für ausrangierte Orgeln und in seinem Bemühen, ihnen eine dauerhafte Heimstatt zu geben. Mit seinen Visionen und Plänen ist er längst nicht am Ende. Vielen herzlichen Dank und ein Vergelt's Gott für die umfangreiche Führung in diesem so groß- und einzigartigen Museum.
Es waren bemerkenswerte Tage, die wir miteinander verleben durften. Wenngleich ich spüre, dass das lange Autofahren mir nicht mehr mit der gleichen Leichtigkeit wie noch vor etlichen Jahren von der Hand geht, so war die Reise doch alle Mühe und Anstrengung wert.
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*) siehe hier: http://www.lampl-orgelzentrum.com/
Herzlichen Dank für die bisherigen interessanten Schilderungen des Wochenendes, meint einer der Daheimgebliebenen!
Zitat von Gemshorn
(...)
Ansonsten gab es für mich diesmal nichts Neues zu erkunden; so wanderte ich von Orgel zu Orgel, um mir den Klang diverser Modelle neu ins Gedächtnis zu rufen. Zu nennen wären da: Content Celeste, Content Clavis, Gloria Klassik 226 Trend und - die Johannus Symphonica (...) So staunte ich nicht schlecht, als ich den satten und für mich rundum überzeugenden Klang der Symphonica 450 hörte. Wäre die Orgel nicht 1.) relativ hochpreisig und 2.) ziemlich groß, käme sie sofortigst auf die Liste jener Orgeln, die ich gerne in meinem Eigenheim stehen hätte.
Da möchte ich dir als einem, der schon viele unterschiedliche DO-Modelle kennengelernt und auch besessen hat, einmal die interessante Frage stellen, ob du derzeit schon einen Austauschbedarf für deine zweimanualige Gloria Concerto (= Viscount Sonus 40) siehst? In den Jahren vor deren Anschaffung hattest du ja dem Motto "Das Bessere ist der Feind des Guten" öfter mal einen Austausch gar nicht so schlechter und auch gar nicht so alter Modelle vollzogen. Diesbezüglich ist ja nun schon einige Jahre nichts mehr passiert ...
Du hast Recht - das fällt auch anderen Mitforianern auf und das Staunen darob ist groß.
Nein, im Ernst: In der Tat habe ich bis jetzt keine Alternative zu meiner Concerto erspäht - freilich auch nicht danach gesucht, da ich immer noch zufrieden und glücklich mit dieser Orgel bin.
Auf lange Sicht wird ein "Upgrade" dann interessant werden, wenn die Display-Wippen der Viscount Hymmersive auch an die Concerto-Reihe durchgereicht worden sind, das bedeutet, dass ich dann aller Wahrscheinlichkeit nach und soweit ich es heute beurteilen kann, auf die neue Version der Concerto upgraden würde. Außerdem werde ich mich vor einem solchen Upgrade intensiv mit der Möglichkeit von Holzklaviaturen, insbesondere Viscounts AWK, auseinandersetzen; die finde ich nämlich richtig gut. Das einzige, was mir diesbezüglich noch etwas Kopfzerbrechen bereitet ist die Frage, wie langlebig das im Tastenkern verbaute MDF-Material ist... und was im Schadensfall getan werden kann.
Nach 560 km mit einigen bewussten Umwegen - dafür staufrei - bin ich zu Hause eingefahren - leider ohne Karl Richters Continuo-Orgel, die ja in meinen VW-Bus gepasst hätte!!!
Dafür habe ich den freundnachbarschaftlichen Staat Österreich um 120 Euro bereichert. Ich war beim Fahren so vertieft in die Eindrücke der letzten 3 Tage, dass ich schlicht nicht merkte, dass ich plötzlich auf einer österreichischen Autobahn unterwegs war. An der Ausfahrt warteten prompt 2 freundliche Uniformierte. Als ich ihnen meine CH-Vignette zeigten, meinte der eine, diese sei farblich sehr schön ....... aber leider nicht dir richtige.
Na ja, meine Freude über all das erlebte, wurde nicht gross getrübt. Die Staatskassen sind ja im allgemeinen dankbar für jeden Zuschuss!
Als "Forumstreffen-Greenhorn" meine Eindrücke:
Orgelhaus Kisselbach: herzlicher Empfang. Wir waren echt willkommen! Bewährt die grosse Anzahl der verfügbaren Instrumente. Kompetent die Fachgespräche mit den HH. Kisselbach und Gerlach. Am kulinarischen fehlte es auch nicht. Herzlichen Dank dem Orgelhaus.
Orgeln: überwältigend. Die Vielfalt vom kleinen Portativ bis zur grossen 5-manualigen Roggenburgerin machten mich meistens sprachlos. Zudem haben uns die anwesenden "Hausorganisten" z.T. Orgelmusik vom feinsten geboten. Nicht zu vergessen, die beiden Digital-Installationen der Ecclesia und Kapella in den beiden Kirchen.
Orgelmuseum: verdient besondere Erwähnung. Das Lebenswerk von Sixtus Lampl ist schlicht sensationell. Was hat dieser Mann zur Rettung so vieler tollen Instrumente geleistet? Dass sogar wir Schweizer mit dem alten Spieltisch vom Kloster Einsiedeln so sündigen wollten, hat mich beschämt. Dank Herr Lampe wurde aus diesem Spieltisch und den Pfeifen der Gössweinsteinorgel ein tolles Instrument.
Persönliches: Ich habe echt neue Kollegen und eine Kollegin kennen gelernt! Ich staunte über die Fachkompetenz (auf verschiedenen Gebieten),die stets angenehme Atmosphäre, sowie die Akzeptanz. Auch der Humor kam nicht zu kurz.
Organisation: Die vergangenen Forumstreffen sind anscheinend doch zu topen! Aeoline und Wichernkantor ein grosses Kompliment an euch!
Kurz: drei sehr wertvolle, bereichernde und interessante Tage für mich.
ein 3-faches an alle!
Zwei kleine Anliegen hätte ich noch für die Zukunft:
Wie wäre es, wenn beim Orgelhausbesuch jeder mit Kopfhörern spielen würde? Ich wollte vor allem die Live 2 testen (mit Kopfhörer)? Das war nicht möglich, da jeweils eine andere Orgel sehr laut gespielt wurde (über längere Zeit).
Im TeilhemerInnenfeld ist grosses Spielerpotential vorhanden. Wie wäre es, wenn zukünftig vorgängig ein kleiner Spielplan erstellt würde, dass jeder oder jede mal die Möglichkeit hat, ein kurzes Stück vorzutragen? Ich finde, das wäre sehr bereichernd.
Ein dankbares "Forumstreffen-Greenhorn" aus der Schweiz
LG Martin
Hallo,
nach knapp 700 Km Fahrt von Valley bis ins Ruhrgebiet bin auch ich gestern Abend nahezu staufrei nach Hause gekommen (was auf der Hinfahrt nach Krumbach ein wenig anders aussah... ).
Meine Vorschreibenden haben schon das Meiste beschrieben.
Hinzufügen möchte ich, dass mir an der Johannus Ecclesia rein gar nichts gefallen hat (okay, unten im Kirchenraum klang es etwas weniger schlecht) - aber das war auf diesem Forumstreffen die absolute Ausnahme!
Wieder (nach 2016) war eine Holzhey der heimliche Klanghöhepunkt, doch auch die Roggenburgerin hat mich klanglich sprachlos hinterlassen, gerade auch in der kompententen Vorführung durch den orgelbauenden Organisten.
Herrn Lampl’s Engagement für alte Instrumente kann man nicht ausreichend mit Worten loben, man muss es gesehen und gehört haben.
Vielen Dank auch noch einmal an die beiden Organistoren, Harald und Michael. Sie leben hoch, hoch und hoch!
Zum Schluss: Danke an Euch alle, es war ein mensch- und orgellich SEHR bereicherndes Wochenende. Und natürlich freue ich mich auf das nächste Treffen, wo auch immer es stattfinden wird.
Viele Grüße
Matthias
Diesmal hattet ihr - manche von euch - mehr Kilometer zu bewältigen als sonst ich; von daher kann ich es euch nachfühlen, wie ihr euch nach einer derart lange Autofahrt gefühlt haben musstet. Bei der Heimreise vielleicht noch mehr, zumal wir alle (oder?) in den Tagen des Treffens wohl zu wenig geschlafen haben. Es war eben schwer, sich abends von der gemütlichen Runde in der Gaststube loszureißen. Zumindest mir ging es so. [grin]
Jedenfalls habe ich mir fest vorgenommen, zum nächsten Treffen - wenn's irgend möglich ist - öffentlich anzureisen. Gerne denke ich zurück an die gemütliche Bahnfahrt nach Kassel, die ich vor wenigen Jahren - ebenfalls anlässlich eines Forumstreffens - mit PeterW unternahm. Das Reisen im Zug empfand ich als ausgesprochen relaxed, die Anwesenheit eines Speisewagens direkt als ein kleines Stück Luxus - und bei der Ankunft hatte sich keine Erschöpfung bei uns breit gemacht wie sonst nach langer Autofahrt.
Apropos Autofahrt: Ich danke ausdrücklich allen, die mich während des Treffens herumgekarrt haben.
Zitat von Gemshorn
Du hast Recht - das fällt auch anderen Mitforianern auf und das Staunen darob ist groß.
Nein, im Ernst: In der Tat habe ich bis jetzt keine Alternative zu meiner Concerto erspäht - freilich auch nicht danach gesucht, da ich immer noch zufrieden und glücklich mit dieser Orgel bin.
Das freut mich zu hören! Keine Angst, obwohl ich seit dem Kauf meiner DO nicht wieder die Gelegenheit zu einem DO-Händler-Besuch hatte, bin ich auch nach wie vor von meiner Quetsche überzeugt und muss mir dies nicht wirklich von anderen bestätigen lassen. [wink] Ist doch schön, dass du mit den DO-Neuanschaffungen bei niedrigeren "Schlagzahlen" angelangt bist und viel Freude an deinem Instrument hast! Dafuer:
Zitat von mvn
Orgelmuseum: verdient besondere Erwähnung. Das Lebenswerk von Sixtus Lampl ist schlicht sensationell. Was hat dieser Mann zur Rettung so vieler tollen Instrumente geleistet?
Alleine die Auflistung auf der Homepage des Orgelmuseums ist sehr eindrucksvoll!
Da fragt man sich ob des fortgeschrittenen Alters des Herrn Lampl, obwohl man ihm noch viele Jahre Schaffenskraft wünscht, wie es einmal mit dem Museum weitergehen kann, wenn er nicht mehr imstande dazu ist, dort tätig zu werden? Die allermeisten Orgeln, die er gerettet hat, werden ja vermutlich von kirchlicher (oder staatlicher Stelle) einmal "schlechtgeschrieben" worden sein; daher und ob der aktuellen Tendenzen hinsichtlich Kirchenschliessungen werden die eingelagerten Orgeln ja leider nur in seltenen Fällen woanders neu aufgestellt werden können, eher ergäbe sich weiterer Einlagerbedarf ...
#161 RE: Forumstreffen Herbst 2017
Mein Erlebnisaufsatz Teil II:
In der Nacht von Samstag auf Sonntag musste wieder etwas schneller geschlafen werden. Der "harte Kern" ging erneut jenseits der Datumsgrenze zu Bett.
Wir hatten den Vormittag ja bewusst programmfrei gehalten, einige fuhren nach Augsburg in den Erntedank-Gottesdienst der dortigen NAK. Sie mussten dann doch früher weg, um pünktlich zur bestellten Führung in Roggenburg zu sein. Ich hatte nicht den allerschlechtesten Teil erwählt und frequentierte - dem Rate einer Kollegin folgend - das Konventamt um 9.00 im Augsburger Dom. Ein mittelgroßes liturgisches Geländespiel mit Vernebelungsaktion. Die Domsingknaben sangen eine kleine a-cappella-Messe eines altitalienischen Meisters. Es könnte Casali, Lotti, Canniciari oder so was gewesen sein, auf jeden Fall sehr angenehm zu hören. Die Uhrzeit war dem Freizeitverhalten des gemeinen Chorknaben natürlich etwas im Wege. Die Buben machten einen eher unausgeschlafenen Eindruck. Böcke haben sie zum Glück keine geschossen. Aber über etwas mehr Frische im Klang hätte ich mich gefreut. Die neobarocke Domorgel von Kubak aus den 80er Jahren steht an der Nordwand des linken Seitenschiffes, das Chorpodest ist daneben. Für den Gemeindegesang ist die Orgel gar nicht schlecht.
Ich habe es einfach genossen, im Gottesdienst zu sitzen und nicht "dran" zu sein. Das letzte Mal davor ist lange her ...
Und als am Schluss "Erde singe" intoniert wurde, habe ich mich weggesungen. Das ist und bleibt eines meiner Lieblingslieder, mit dem ich schöne Kindheits- und Orgelsäuglings-Erlebnisse verbinde. Da konnte der Tag nur gut werden.
Pünktlich waren wir in Roggenburg, wo die Gemeinde für unsere Führung eigens einen Orgelbauer dazugebeten hatte, der sich im Verlauf der Veranstaltung nicht nur als kundiger Cicerone, sondern auch als versierter Improvisator entpuppte, der uns die vielen Schönheiten dieses gewaltigen Instrumentes zeigte.
Meine Erwartungshaltung war geprägt vom Wissen um den Orgelbauer Gerhard Schmid, der den Grundbestand der Orgel 1985 auf fünf Manualen gebaut hat. Vor wenigen Jahren wurde sie durch Siegfried Schmid aus Immenstadt (ich glaube, ein Neffe des Erbauers) "reorganisiert", wie man das heute so nennt.
Gerhard war ein Meister der Aliquotenbehandlung und Intonation. Und ich hoffte, noch einige der perfekt verschmelzenden und intensiv färbenden Tiefaliquoten anzutreffen, die seinen Stil prägten und seine Instrumente um wertvolles Material zur synthetischen Klangfarbenbildung bereicherten. Aber die sind allesamt ausgetauscht worden - gegen zweifellos gelungene Stimmen, wie eine herrliche überblasende Flöte, einige schöne Solozungen und Streicher.
Der ehemals frei am RP stehende fünfmanualige Spieltisch mit ausschließlich mechanischen Koppeln, die wahre Kraftakte erforderten, ist einer Spielnische im Untergehäuse gewichen. Elektrische Koppelmaschinen haben spürbare Erleichterung geschaffen. Und die langen Hebelarme der Tasten ermöglichen eine Traktur, deren Sensibilität ihresgleichen sucht. Ich war verblüfft, wie feinnervig und akkurat sich dieses Großinstrument spielen läst und wie gut es sich für ein agiles, durchartikuliertes Spiel eignet.
Gerhard Schmids schöner, tragender und vor allem zeichnungsfähiger Hw-Prinzipalchor und die kraftvollen Mixturen haben den Umbau überlebt. So hat die Orgel nach wie vor ein machtvolles, glänzendes, dem hellen, freundlichen Raum angemessenes Plenum. Geblieben sind auch ein dicht füllendes Cornettino im Kronwerk und ein in Einzelstimmen zerlegtes Cornett im Sw. Das Tutti hingegen huldigt dem gegenwärtigen Zeitgeist, der offenbar verlangt, dass man auf so ziemlich jeder neuen Orgel "zu laut" spielen kann. Siegfried Schmid hat dem IV. Man. einen Bombardenchor gegeben, der eigentlich für das solistische Spiel oder als Widerpart zum restlichen Klangfundus gedacht ist.
Konsequenter Weise hätte man ihn deshalb aus allen Koppeln heraushalten müssen. Denn wenn Unkundige ihn falsch verwenden (inklusive der Kreuz- und Querkoppeln) kommt ein fürchterlicher Lärm heraus, der (jedenfalls bei mir) die Schmerzschwelle erreichte und mich nötigte, während des klanglichen Infernos das Treppenhaus aufzusuchen.
Die Aufgabe eines Intonateurs in stilistisch so herausragenden und ausdrucksstarken Räumen besteht auch darin, den Raum in Klang zu übersetzen. Die Roggenburger Abteikirche ist ein Juwel des schwäbischen Rokkoko: hell, freundlich, heiter, verspielt. Denn barocker Glaube ist fröhlicher, ja sinnlicher Glaube. Das auf einer Orgel in Räumen mit dieser inhaltlichen Botschaft düstere "Dröhnung" möglich ist, halte ich nicht für erstrebenswert.
Aber ich unterstelle, dass der Titulaire, immerhin der OSV des Bistums Augsburg, dasselbe weiß, was mir mein eigener Lehrer beibrachte: Auch ein Tutti muss registriert werden. Und das Ambiente dieses Raumes gebietet es, dass auf den Programmzetteln der regelmäßigen Konzerte nicht nur Sinfonik, sondern auch die Musik der schwäbischen Klosterkomponisten und Organisten des späten 18. und frühen 19. Jh. ihren Platz findet. Sie ist nämlich alles andere als epigonal und erfordert stellenweise beträchtliche Virtuosität, immer aber ein geistvolles Spiel mit Farben und Formen.
Franz Lehrndorfer z.B. hat an den Barockorgeln Oberschwabens seinerzeit mustergültige Einspielungen auf LP und CD gemacht. Der Bayerische Rundfunk dürfte über einen großen Fundus an Tonkonservern verfügen.
Nach dem Mittagessen erwartete uns in Ursberg eine einschiffige barocke Basilika, in die der Riepp-Nachfolger Joh. Nep. Holzhey Haupt- und Chororgel geliefert hatte. Letztere ist mit Ausnahme der Prospektpfeifen irgendwann in den 20er Jahren des 20. Jh. verschwunden, wusste uns der Organist Ewald Schmid zu berichten. Der gute Mann zählt so um die 85 Lenze und spielt dort seit mehr als 50 Jahren dieses herrliche Klangdenkmal. Bei einer Restaurierung um die Jahrtausendwende haben die Denkmalpfleger den Gebrauchswert der Orgel drastisch reduziert, indem sie nicht nur auf den alten Pedalumfang C-a0 rückgebaut und das Holzhey-übliche Messerrückenpedal rekonstruiert haben. Sie rückten auch den Spieltisch so dicht an die Wand des Untergehäuses, dass selbst Personen unter Normalmaß Probleme haben, die Pedaltasten zu spielen, ohne ständig das Gefühl zu haben, auf die eigenen Füße zu fallen - der sprichwörtliche "Affe auf dem Schleifstein".
Die zweimanualige Orgel bietet indes alle klanglichen Vorzüge ihrer berühmteren großen Schwestern in Rot, Weißenau und Neresheim - als da wären: singende Prinzipale, "hornicht" färbende Mixturen, viele schattierungsreiche Charakterstimmen und Flötenfarben in der 8'-Lage wie Waldflöte und Quintatön. Vor allem die beiden letztgenannten sind ausnehmend schön, mit ausgeprägtem Charakter. Gerade in den mp- und mf-Registrierungen entfaltet dieses Instrument einen ganz eigenen Charme und betört durch Wärme und Intensität des Klangs. Auch an dieser Orgel tut der, der "alles zieht", weder sich noch den Hörern einen Gefallen. Ich habe den alten Herrn bewundert, wie gut er in den Farben "seiner" Orgel zuhause ist und wie kundig er als "einfacher Landorganist" seinen Registerfundus nutzt.
Letzte Station war die Wallfahrtskirche St. Michael in Violau. Ich wusste aus Zeiten meines Allgäuer Kantorates Anfang der 80er Jahre, dass dort damals eine neue Orgel mit II/26 aus dem Hause Sandtner gebaut worden war, die mir ausnehmend gut gefallen hatte. Der dortige Pfarrer ist gelernter Orgelbauer, so dass ich - völlig zu Recht - vermutete, die Orgel sei in gutem Zustand. Im Anschluss an einen Abendgottesdienst machte uns der Organist die Orgel zugänglich und ich durfte den Mitforianern demonstrieren, wie das Haus Sandtner, das damals eine führende Rolle im Orgelbau der Region spielte, seine rein mechanischen, quasi puristischen Dorforgeln durchdachte und konzipierte.
Diese Orgel hat für mich auch 35 Jahre später nichts von ihrem Reiz verloren. Sie hat die typischen singenden Prinzipale und glitzernden Mixturen der Orgellandschaft, eine runde, kraftvolle Trompete füllt das Plenum auf. Auch an dieser Orgel ist der Farbenreichtum der diversen Flöten ein besonderer Charakterzug. Ohne jede Spielhilfe sind allein durch Kopplung und durch Zuziehen oder Abstoßen eines Registers zahlreiche dynamische Stufen und Steigerungen beim Begleiten der singenden Gemeinde möglich. Ich habe immer die These vertreten, dass eine gottesdienstliche Orgel ab etwa 15 Stimmen freie Kombinationen haben muss. Sandnters Instrumente brauchen indes wirklich keine der üblichen Spielhilfen außer den Koppeln. Auf seinen Dorforgeln lernt man, intelligent und durchdacht zu registrieren.
Weite Bereiche der Literatur, die in Deutschland und besonders in Süddeutschland für Orgel geschrieben wurde, sind optimal darstellbar.
Allmählich machten sich auch bei mir das Schlafdefizit und die überreizten Hörwerkzeuge bemerkbar. Zum Glück habe ich ein sehr leises Auto, so dass ich während der Rückfahrt ins Quartier wieder etwas "runter" kam ...
Dr. Lampls Orgelmuseum bedarf auf jeden Fall einer eigenen und ausladenden Darstellung.
LG
Michael
Hihi, ein kleines Schlaglicht zum erwähnten "Erde, singe" im Augsburger Dom, dessen Wahl sich wohl dem Erntedanksonntag verdankte.
Kommentar eines Orgelkollegen hierzulande: "Warum singt ma dös zum Erntedank? Wegn 'Kreaturen auf den Fluren'? *) A Gurkn is ka Kreatur..."
[grin]
_______________
*) GL 411,2
Mit Martin habe ich auch die Anregung den künftigen Besuch in einem Orgelhaus zu optimieren. Vorab auch mein Dank an die Gastgeber Gerlach als der vor Ort verantwortliche Ansprechpartner und an Herrn Kisselbach. Da wir die beiden Experten die ganze Zeit dabei hatten (die uns auch zu Beginn nach unserem Konzept fragten), wäre mein Diskussionsvorschlag, dass wir uns künftig als Gruppe gemeinsam von Orgel zu Orgel vortasten, um die gemeinsamen Vorzüge des jeweiligen Modells fachkundig kennenzulernen. Dabei könnte dann jeder der Forumsteilnehmer, der sich aktiv einbringen möchte, an einer Orgel frei oder ein vorbereitetes Stück spielen. Dann hätten wir von den dieses Mal ca. vier Stunden gemeinsam etwa zwei Stunden verbracht und danach die restliche Zeit noch genug Gelegenheit gehabt mit Kopfhörern, die einzelnen Orgeln selbst zu erkunden oder zu simpeln.
Da wir mit Michael und Harald zwei Garanten für ein erfolgreiches Forumstreffen sicher auch wieder zukünftig haben, sollten wir trotzdem nicht vergessen ganz vorsichtig in eine filigrane Produktpflege einzusteigen, ohne das Gesamtkonzept in Frage zu stellen. Oder nicht oder doch? Ich freue mich jedenfalls schon heute auf das nächste Mal.
Michael
#164 RE: Forumstreffen Herbst 2017
Und hier Teil III meines Erlebnisaufsatzes:
Montag stand unsere weiteste Exkursion an. Denn vom Quartier bis ins Mangfalltal südlich von München waren rund 160 km zu bewältigen. An einem normalen Montagmorgen erfordert es ein gerüttelt’ Maß an Geduld, den südwestlichen Viertelkreis um München herum zu fahren. Aber dank Brückentag war das Verkehrsaufkommen etwas geringer und wir rutschten so gut durch, dass wir um zehn Uhr am Orgelzentrum Valley eintrafen.
Da wir zuvor im Hotel auschecken mussten, waren alle früh auf den Beinen, Harald gelang etwas, was bisher nur wenigen Sterblichen vergönnt war: Er war zwei Minuten vor mir beim Frühstück.
Das Lebens- und Alterswerk von Dr. Lampl ist einfach umwerfend. :hail: :hail: :hail: :hail:
Er war ja in seinem aktiven Berufsleben Oberkonservator bei der bayer. Landesdenkmalpflege und als solcher verantwortlich für den Erhalt vieler Denkmalorgeln. Als er nun in den Ruhestand getreten war, kaufte er ein heruntergekommenes Anwesen in Valley und begann, eine Art „Gnadenhof“ für Orgeln aller Epochen einzurichten, die abgerissen wurden und günstigstenfalls nach Polen verscherbelt worden wären, i.d.R. jedoch beim Altmetallhändler gelandet wären. Er hat sie mit viel Liebe, großer Sachkenntnis und kundigen Helfern restauriert oder eingelagert. 22 davon sind in den Gebäuden spielfertig aufgestellt, rund 60 weitere sind sorgfältig katalogisiert und eingelagert und harren der klanglichen Auferstehung. Darunter zwei Großinstrumente, für die eine dritte Halle in Planung ist: die Koulen-Orgel aus der Landshuter St. Martins-Basilika (eine der größten gotischen Hallenkirchen Deutschlands), ein Juwel des spätromantischen Orgelbaues in Süddeutschland. Und das opus magnum des Hauses Zeilhuber, die Münchener Domorgel von 1957.
Der Konzertsaal im Haupthaus wird klanglich beherrscht von einer Orgel, die über zwei Stockwerke aufgestellt ist. Das Pfeifenwerk stammt vom Münchener Meister Albert Moser aus der Zwischenkriegszeit und stand vorher in der Wallfahrtsbasilika von Gößweinstein. Der zweimanualige Spieltisch dazu kommt aus Einsiedeln, wo Moser in den 30er Jahren eine mehrteilige Anlage gebaut hatte. Das Gößweinsteiner Instrument verkörpert den "hybriden" Typus aus einer Übergangszeit im Orgelbau. Während in Norddeutschland die „Orgelbewegung“ radikal mit der Orgel der Romantik brach, ging man im Süden einen anderen Weg: Man ließ den Orgeln ihren satten Grundstimmenfundus, baute nach wie vor Streicher und „Charakterstimmen“. Darauf setzte man die „neu entdeckten“ Aliquoten und Mixturen. Gerade Meister wie Moser (und auch Steinmeyer) achteten bei der Intonation darauf, dass die Orgeln nicht kopflastig wurden.
Moser wagte sich in den Jahren zwischen den Kriegen bereits an Aliquoten heran, die im Rest des Landes erst in der Nachkriegszeit gebaut wurden. (Er war übrigens der Lehrherr von Gerhard Schmid, der die Aliquotenverwendung seines Chefs konsequent "nach unten" weiterdachte.) So steht in Dr. Lampls Museum auch das Registerbrett einer zweimanualigen Moserin aus der wundervollen Rokkoko-Basilika in Altomünster bei Dachau. Dort hatte der junge Meister 1919 (!) die Aliquotreihe im Schwellwerk bis zur None ausgebaut. Das wusste freilich niemand zu schätzen. Denn als ich 1984 diese Orgel kurz vor ihrem Abriss in Augenschein nahm, stellte ich fest, dass alle Aliquoten im Registerrelais blockiert waren – und zwar angesichts der dort akkumulierten Dreckberge wohl seit mindestens 50 Jahren.
Eine ehemalige Sägewerks-Halle neben dem Hauptgebäude ist zum großen Konzertsaal ausgebaut, in dem ein gutes Dutzend diverser Instrumente aus allen Epochen spielbereit ausgebaut ist. Optisch raumbeherrschend ist die Steinmeyerin aus der Heidelberger Jesuitenkirche. Eine Röver aus der Jahrhundertwende, die modulare und mobile Continuo-Orgel von Karl Richter, eine orgelbewegte Eule aus den Zwischenkriegsjahren und eine typische fränkische Dorforgel des Barock buhlen um die Gunst der Hörer.
Dr. Lampl hat keinerlei Berührungsängste mit moderner Wiedergabetechnologie. Der alte Spieltisch der mehrteiligen Orgelanlage aus der Nürnberger Lorenzkirche steht im Saal, die Orgel wurde ja aufgearbeitet. Ein Teil kam in eine Kirche in Marktoberdorf. Dort wurden Samples gefertigt und diese Register sind am Originalspieltisch in Valley zu bespielen. Eine geniale Lösung, die ruhig Schule machen sollte.
Was der zwar großvolumigen, aber doch eher unprätentiösen Halle niemand ansieht: Sie ist doppelt unterkellert. Der erste Keller hat ca. sechs Meter Raumhöhe (mit seitlicher Galerie in halber Höhe) und erlaubt somit die Aufstellung von weiteren Instrumenten bis 16’ Pfeifenlänge. Dort sind mehrere Orgeln aufgebaut, die sich in unterschiedlichen Stadien der Restaurierung befinden. Als wir dort waren, war ein Orgelbauer gerade mit dem Restaurieren einer Spieltisch-Pneumatik beschäftigt. Auf der Galerie standen bereits Brauereigarnituren – denn an einem der kommenden Wochenenden ist ein Museumsfest geplant.
Im Tiefkeller darunter stehen Spieltische in Reih’ und Glied, darunter die aus Landshut und dem Münchener Dom, beide wahre Schmuckstücke. Und nichts ist mehr zu wünschen, als dass von beiden bald wieder die zugehörigen Orgeln zu traktieren sind.
Auf mich wartete noch ein Bonbon der besonderen Art: ein dreimanualiger Spieltisch von Hans Klais aus den 50ern, nahezu identisch mit dem in meiner Heimatkirche, an dem ich meine Orgelsäuglingsjahre zugebracht habe. Dr. Lampl konnte ihn nicht zuordnen. Aber Hans Klais hat ja stets die Opuszahl als Intarsie ins Registerbrett eingelassen. So ließ sich der Spieltisch mit wenig Mühe als der der ersten Nachkriegs-Orgel in der Nürnberger Liebfrauenkirche identifizieren. (Das ist die Kirche, von deren Galerie das „Christkind“ den Weihnachtsmarkt eröffnet.) Die dortige Klaisine aus 1958 wurde 1988 durch einen Neubau aus derselben Werkstatt ersetzt. Und ich habe die Festschrift zur Weihe in meinem Fundus.
So allmählich mussten sich die Bahnfahrer und Weitangereisten verabschieden. Die Verbleibenden führte Dr. Lampl in seinen „Stadel“ – eine weitere große, sorgfältig abgedichtete Scheune, in der die vor dem Altmetallhändler geretteten Orgeln gegen die Unbilden der Witterung geschützt und eingelagert sind. Einige hundert Register liegen auf den üblichen hölzernen Sortierbrettern, der 32’-Prospekt der Münchener Zeilhuberin steht aufrecht an der Stirnwand der Scheune - daran könnt Ihr ermessen, wie groß und wie hoch diese Scheune ist. Dazwischen Spieltische in allen Formen und Größen, Windladen aller Traktursysteme, Füllungen von Gehäusen und Schwellkästen. Eine wahre Schatzkammer der Orgelbaugeschichte. Nur ein schmaler Mittelgang ist frei und erlaubt den Blick auf all diese Schätze. Längst musste ein zweiter Boden eingezogen werden, um alles unterzubringen.
Ich war geplättet und bewegt angesichts dieses Lebenswerkes und der Begeisterung, die der Hausherr ausstrahlt. Der Mann ist eine singuläre Mischung aus Originalität, wachem Intellekt, Konsequenz und Hartnäckigkeit, all das gepaart mit einem hintersinnigen Humor. Er steckt voller Ideen für Erweiterungspläne und die zukünftige Entwicklung seiner Sammlung. Schenke ihm der liebe Gott noch lange Gesundheit und Schaffenskraft.
Wenn ihr in diese Region kommt, gehört ein Besuch bei Dr. Lampl eigentlich zum Pflichtprogramm. Denn schildern lässt sich dieses "Gesamtkunstwerk" nur sehr unvollkommen.
Harald hatte eigentlich noch eine Lokalität für ein Abschiedsgelage ausgemacht. Aber die meisten wollten wohl den obligatorischen Münchener-Ring-Stau am späten Nachmittag vermeiden und so löste sich die Veranstaltung auf. Zu viert suchten wir noch dieses Gasthaus auf, das versteckt im Tal der Mangfall liegt. Der Koch wollte die Küche gerade zumachen, aber er hatte noch zwei Portionen Ente. Die fanden in unseren Reihen dankbare Abnehmer. Und ich kam nicht umhin, den Lieblingskalauer meiner Oma zu zitieren:
Ente gut – alles gut.
LG
Michael
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