Advent - oder was?

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08.12.2019 13:38 (zuletzt bearbeitet: 28.12.2021 08:02)
#1 Advent - oder was?
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Moderator

Daran hat man sich ja bereits gewöhnt: Selbst im Sprachgebrauch mancher kirchlicher Mitarbeiter ist aus dem "Advent" längst die "Vorweihnachtszeit" geworden. Ehrlicher Weise müsste man ja von den "Jahresend-, Schnäppchen- und Glühweinwochen" sprechen.

In einer Gemeinde, in der ich regelmäßig spiele, ist gerade die Pfarrstelle vakant. Also geben sich da allsontäglich Prädikanten und Vertretungspfarrer die Klinke in die Hand. Und für diese Spezies scheint die "Zeit vor Weihnachten" gar keine irgendwie geartete Prägung mehr zu haben. Zum zweiten Mal habe ich in diesem Advent einen Liedplan bekommen (und entsprechend geändert), der diesen Schluß zulässt.
So ziemlich sämtliche Prädikanten und etwelche Jungpfarrerlein kennen ja nur eines der zwei Dutzend Morgenlieder im EG: "Morgenlicht leuchtääääääät". Wenn es nach den "Liturgen" gegangen wäre, hätten damit die Gottesdienste am 1. und 2. Advent begonnen. Ich habe diese textliche Belanglosigkeit jedesmal (zur "Freude" der Küsterin, die die Nummerntafeln coram publico ändern musste) 'rausgekickt zugunsten der einschlägigen de-Tempore-Lieder: am 1. Sonntag "Macht hoch die Tür", am 2. "Nun komm, der Heiden Heiland". Auch bei den Schlußliedern wollten die Herrschaften die Gemeinde offenbar mit ihren persönlichen Hitparaden-Favoriten beglücken: Kurt Grahls "Wenn das Brot das wir teilen" (in einem Gottesdienst ohne Abendmahl) und Siggi Fietz' Diakonissenwalzer, die "guten Mächte". Mit beiden Liedern könnte ich an passender Stelle gut leben - wäre da nicht dieser "Advent".

Den betreffenden Herren habe ich jeweils gesagt, dass wir genau vier Sonntage haben, um dieses Liedgut zu nutzen. Und dass die Gemeinde darauf wartet, dass es gesungen wird. Einer hat sich sogar bedankt, dass ich ihm das mal klar gemacht habe. Der andere wirkte ziemlich "angep...". Ich habe ihm geraten, mal in der Christvesper das obligatorische "O Du fröhliche" am Schluß durch den Fietz-Hit zu ersetzen ...
Da reagiert der gemeine mittelhessische Vesper-Besucher so wie der Bajuware, wenn die Biersteuer erhöht wird ...

Der Küsterin habe ich eine Turnierpackung mit edler Schokolade geschenkt - verbunden mit der Bitte, sich auch an den zwei kommenen Sonntagen ggf. an weiteren "Sabotageakten" zu beteiligen ...

Sie war sehr [dafuer] ...

LG
Michael


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08.12.2019 13:43
#2 RE: Advent - oder was?
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Administrator

Wie froh bin ich, den Liedplan da wie dort selber machen zu müssen/dürfen.
In Österreich haben wir ja die m.E. unerträgliche Situation, dass der Feiertag „Maria Immaculata“ selbst den 2. Adventsonntag noch aushebelt; das ist nirgendwo anders in der katholischen Welt möglich. Habe mich sehr bemüht, zumindest musikalisch dem Advent Rechnung zu tragen – ohne den Marienfeiertag zu sabotieren. Herausgekommen sind GL 224 Maria durch ein Dornwald ging zur Eröffnung, das adventliche GL 795 Maria, sei gegrüßet, du lichter Morgenstern zur Gabenbereitung und GL 218 Macht hoch die Tür als Lied nach der Kommunion.

Mir gänzlich unbegreiflich, wie man den ohnehin viel zu kurzen Advent hinsichtlich der Liedauswahl so stiefmütterlich behandeln mag...


Auf Orgelsuche.

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08.12.2019 14:46
avatar  pvh
#3 RE: Advent - oder was?
pv
pvh

Hallo,

ich mache als Themenverantwortlicher Kirchenmusik den Liedplan für unsere Gemeinde auch selbst. Im Plan für die Advents- und Weihnachtszeit versuche ich, alle bekannten und populären Advents- bzw. Weihnachtslieder mindestens einmal unterzubringen und zwar so, dass die Texte wenigstens so ansatzweise zu den Texten passen.

@Gemshorn: Mariä Empfängnis ist doch erst morgen, hat das Auswirkungen auf den Sonntag heute? Ich habe als Referenz auf den Liedplan für heute ein Marienlied als Schlusslied gesetzt. Je nach Lesejahr und Sonntag passen in der Advents- und Weihnachtszeit ja auch einmal andere Marienlieder oder Lieder mit Marienbezug. "Dornwald" kommt am nächsten Wochenende (genau wie "Tochter Zion"), auch wenn das im Lesejahr A nicht ganz passend erscheint.

Ansonsten standen für heute GL 732 ("Freut euch im Herrn, denn er ist nah"), GL 230 ("Gott, heil'ger Schöpfer aller Stern" = conditor alme siderum) und GL 731 ("Mit Ernst, o Menschenkinder") auf dem Plan. Da wir uns kurzfristig entschlossen haben, GL 222 ("Herr send herab uns deinen Sohn") einzuüben, flog GL 731 raus, wurde aber im Nachspiel bedacht.

Die in der Riesenpfarrei herumreisenden Pastöre sind ganz froh, wenn sie sich nicht um die Liedauswahl kümmern müssen. Sie wollen vor dem Gottesdienst nur wissen, ob das Kyrie von Schola, Kantor oder Organist gesungen wird, dito Credo. Ansonsten bekommen sie einen Zettel in die Hand gedrückt (für jeden Sonntags- und Feiertagsgottesdienst bereite ich Zettelchen mit dem Liedplan für Pastor, Ministranten/innen, Kommunionausteiler/in usw. vor.

Das neue Lied heute wurde ganz gut angenommen. Ich habe es als Danklied singen lassen und über die Melodie während der Kommunionausteilung und Purifikation 5 Minuten improvisiert. Nach einer Strophe Unisono-Begleitung, konnte ich gleich den vierstimmigen Satz spielen. Es gab von einer ganzen Reihe von Leuten positive Rückmeldungen dazu.

Beste Grüße von der Waterkant
Christoph P.


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08.12.2019 15:09
#4 RE: Advent - oder was?
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Administrator

Zitat von pvh im Beitrag #3
@Gemshorn: Mariä Empfängnis ist doch erst morgen, hat das Auswirkungen auf den Sonntag heute?

In Österreich gilt eine Sonderregelung, was den 8. Dezember betrifft, Näheres siehe hier: https://www.uibk.ac.at/theol/leseraum/texte/1012.html
Ich persönlich würde mir sehr wünschen, dass diese nicht glückliche Sonderlösung noch zu meinen Lebzeiten auf den weltkirchlichen Weg umgeleitet wird.

GL 222 ist in der Tat ein absoluter Gewinn; vielen Messbesuchern ist es aus der Chorliteratur zumindest vom Hören bekannt.


Auf Orgelsuche.

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08.12.2019 15:39 (zuletzt bearbeitet: 08.12.2019 15:42)
avatar  Jesaiah ( gelöscht )
#5 RE: Advent - oder was?
Je
Jesaiah ( gelöscht )

[...]


Posting wegen unpassender Schwarzhumorigkeit selbst gelöscht :)


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08.12.2019 18:52 (zuletzt bearbeitet: 08.12.2019 19:06)
#6 RE: Advent - oder was?
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Zitat von Wichernkantor im Beitrag #1
... So ziemlich sämtliche Prädikanten und etwelche Jungpfarrerlein kennen ja nur eines der zwei Dutzend Morgenlieder im EG: "Morgenlicht leuchtääääääät" ... Auch bei den Schlußliedern wollten die Herrschaften die Gemeinde offenbar mit ihren persönlichen Hitparaden-Favoriten beglücken: Kurt Grahls "Wenn das Brot das wir teilen" (in einem Gottesdienst ohne Abendmahl) und Siggi Fietz' Diakonissenwalzer, die "guten Mächte"... Ich habe ihm geraten, mal in der Christvesper das obligatorische "O Du fröhliche" am Schluß durch den Fietz-Hit zu ersetzen ... Da reagiert der gemeine mittelhessische Vesper-Besucher so wie der Bajuware, wenn die Biersteuer erhöht wird ...


Danke dir herzlich für diesen Beitrag. Hat mir ein lang anhaltendes Schmunzeln bereitet. Diese Gedankenlosigkeit der angesprochenen Berufsgruppen ist mir auch schon aufgefallen, nicht nur zur Adventszeit. Da werden persönliche Ganzjahres-Hitlisten abgespielt – zum Beispiel von Prädikanten, die als Aushilfen von einer zur anderen Gemeinde geschickt werden.


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08.12.2019 19:28 (zuletzt bearbeitet: 17.03.2020 12:02)
#7 RE: Advent - oder was?
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Moderator

Das Schlimme ist: Nicht wenige von ihnen haben mich während ihrer Crashkurs-Ausbildung zwei Samstagvormittage ertragen müssen zu den Themen Liturgiegesang und Liedauswahl. Da habe ich ihnen deutlichst klar gemacht, dass sich die Liedauswahl
a) nach dem liturgischen Kalender
b) nach dem Vermögen der gottesdienstlichen Zielgruppe (kein NGL im Seniorenheim!)
c) nach dem Spielvermögen der mitwirkenden Musiker (Organist, Klampfer, Digitalpianierer)
zu richten hat.

O-Ton: Der Gottesdienst ist nicht die Show, in der Ihnen Ihre Zuhörer ein Ständchen mit Ihren persönlichen Tophits singen. Verlangen sie von keinem Klampfer "Aus tiefer Not" in phrygischem Kirchenton und setzen sie den Klavierspieler einfach an die Orgel, wenn Sie Choräle singen wollen.

Kernsatz meiner Ausführungen: Wählen Sie Lieder, von denen Sie sicher sind, dass sie im Idealfall jeder als passend empfindet und sie gern mitsingt. Dann wird man sich freuen, wenn Sie wiederkommen und ihnen umso aufmerksamer zuhören.

Tja, was davon so hängen bleibt ...

LG
Michael


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08.12.2019 19:33
avatar  Machthorn ( gelöscht )
#8 RE: Advent - oder was?
Ma
Machthorn ( gelöscht )

Zitat von Wichernkantor im Beitrag #7
Nicht wenige von ihnen haben mich zwei Samstagvormittage ertragen müssen zu den Themen Liturgiegesang und Liedauswahl.


Ich fürchte, auch da gilt:
Gehört ist nicht gleich zugehörgt,
zugehört ist nicht gleich verstanden,
verstanden ist nicht gleich einverstanden.


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08.12.2019 19:38
#9 RE: Advent - oder was?
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Moderator

Och, normalerweise hören sie zu - allein aus Angst, eine meiner spitzen Bemerkungen zu verpassen, mit denen ich Referate zu spicken pflege. Und immerhin müssen sie zu ihren Probepredigten Liedpläne abliefern, in denen ich notfalls mit der roten Füllfeder wüte.
Ich vermute, dass ihnen das einfach kein Anliegen ist. Sie verlassen sich halt auf ihre Predigtkünste ...

LG
Michael


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08.12.2019 20:09
#10 RE: Advent - oder was?
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Zitat von Wichernkantor im Beitrag #7
... Der Gottesdienst ist nicht die Show, in der Ihnen Ihre Zuhörer ein Ständchen mit Ihren persönlichen Tophits singen. Verlangen sie von keinem Klampfer "Aus tiefer Not" in phrygischem Kirchenton und setzen sie den Klavierspieler einfach an die Orgel, wenn Sie Choräle singen wollen ...

Du sprichst mir aus der Seele – zumal ich die Liedauswahl nicht nur an der Orgel sondern zuweilen auch am elektrischen Sakral-Bass einer Band umzusetzen habe. Also typische Band-Lieder an der Orgel und schlimmer noch, das Ganze umgekehrt.


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08.12.2019 20:56
avatar  Positiv
#11 RE: Advent - oder was?
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Mein Orgeleinsatz ist schon wieder vorbei! Ein Adventskonzert in einer prall gefüllten Kirche in der gesegneten Landschaft der Bodenseehalbinsel Höri. Schön wars. See you next year (natürlich besser im Sommer !)!

http://tun-oehningen.lis-cms.de/Media/Ve...alue=2019-12-08

Michael


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08.12.2019 22:16
#12 RE: Advent - oder was?
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"O komm, Immanuel" hatte ich heute abend auch <3. Der Orgelsatz im GL ist aber ... naja, da muss ich mir mal einen besseren aus der englischsprachigen Welt beschaffen. Aber ein Gewinn ist es auf jeden Fall im NGL.


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09.12.2019 07:46
avatar  wohli
#13 RE: Advent - oder was?
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Zitat von Gemshorn im Beitrag #2

Mir gänzlich unbegreiflich, wie man den ohnehin viel zu kurzen Advent hinsichtlich der Liedauswahl so stiefmütterlich behandeln mag...


Bei uns ist (NAK) das noch erbärmlicher: Lt. Liedplan wird in der ganzen Adventszeit nur einmal ein Adventslied (und das war am 1. Advent) gesungen ... traurig, aber wahr. Im Weihnachtsgottesdienst steht JESUS IST KOMMEN zum Eingang an, noch nicht mal das O DU FRÖHLICHE kommt im Liedplan vor ...

LG Bernd


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09.12.2019 08:11 (zuletzt bearbeitet: 09.12.2019 08:30)
#14 RE: Advent - oder was?
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Moderator

Wird das bei Euch zentral geregelt? Und wer ist der zentrale Entscheider - vor allem: aus welchen Quellen speist sich seine Kompetenz zu solcherlei Treiben? *kopfschüttel*

Da bleibt eigentlich nur übrig, als Form zivilen Ungehorsams das Literaturspiel ausschließlich mit Choralbearbeitungen über Adventslieder zu bestreiten. Oder kriegt Ihr das auch vorgeschrieben?

LG
Michael


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09.12.2019 08:41
#15 RE: Advent - oder was?
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Administrator

In solchen Fällen gilt, was jemand mal über die immer wieder gemunkelte Verbannung von Stille Nacht aus dem Gotteslob gesagt hat:

Wenn wir es [das „Stille Nacht“] aus den Kirchen vertreiben, werden sich die Kaufhäuser gnädig seiner erbarmen.


Ein Satz, über den man viel nachdenken kann...


Auf Orgelsuche.

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