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Bärpfeifes Orgel
#226 RE: Bärpfeifes Orgel
Jo, er war ein enger und lebenslanger Freund von Hermann Schroeder. Ein Durdreiklang am Zeilenschluß eines Chorals war in seinen Ohren absolut "unsakral" ...
Sonst war er ein freundlicher, humorvoller Zeitgenosse, mit analytischem Verstand begabt und mit dem absoluten Gehör gestraft ...
LG
Michael
Interessant ist, dass Casavant seit einigen Jahren wieder Multiplex-Orgeln baut. Mit Jacquelin Rochette, dem künstlerischen Direktor, hatte ich durch Zufall einmal das Thema angeschnitten, und er erzählte mir, dass Casavant gerade wohlwissend um die klanglichen Problematiken nun wieder solche Instrumente anbieten, die allerdings eine Mindestanzahl von Registern haben müssen. Wichtig ist ein eigenständiger Prinzipalchor, separate Aliquote, die damit rein gestimmt sind und dies geht mit 7 Pfeifenreihen los. Darüber hinaus kann man einiges ergänzen. Eigentlich auch keine neue Erkenntnis.
Mittlerweile ist Multiplex wieder salonfähig geworden, vielleicht durch nicht so offensichtlich einfach durch Registerwippen realisiert wie anno dazumal, aber dafür mit viel mehr Möglichkeiten.
Wenn man/frau auf der Empore sowieso schon eine große Orgel hat und eine Chororgel braucht, halte ich dies auch für eine gute Alternative zu sonstigen mechanischen Projekten, da bei relativ geringem Platzbedarf und vernünftiger Handhabung eine Menge von Klangfarben zur Begleitung zur Verfügung stehen. Viernes und Widors Messen lassen dann grüßen ...
Vom Grundsatz her für eine zweimanualige Orgel:
Eigenständiger Prinzipal 8' mit Extensionen in die Höhe
Eigenständige Oktave 4' mit Extensionen in Höhe und auch Tiefe (dann ab c°)
Eigenständige Quintreihe 2 2/3'
Eigenständige Mixtur
Damit ist als Grundlage ein eigenständiges Plenum vorhanden.
Weitere Farben können geschickt eingesetzt werden nach dem Prinzip einer Wechselschleifenregistrierung (entweder oder)
Subbass/Gedacktreihe bei 16' Lage beginnend mit Extensionen in die Höhe
Flötenreihe 8' mit Extensionen in die Höhe
Streicher 8' mit Extension in die Höhe
Damit wären sieben Register erreicht. Und weiter kanns gehen mit Schwebung 8' , Zunge 8' o.ä.
#229 RE: Bärpfeifes Orgel
Zitat von Orgelkater im Beitrag #227
Wichtig ist ein eigenständiger Prinzipalchor, separate Aliquote, die damit rein gestimmt sind
Ja, solche "moderaten" Multiplex-Systeme sind nicht weit weg von einer vollständigen Orgel mit bestimmten Transmissionen. Und der Auszug von Aliquotstimmen aus Oktavreihen ist ja schlicht barbarisch. Ein Multiplex-Sesquialter klingt wie ein Sack rostiger Nägel ...
Bei uns sind ja derzeit Wechselschleifen sehr im Schwange. Ich halte wenig davon. Eine Oktave 4' hat in einem Hauptwerk nun einmal eine ganz andere Funktion als der Prästant 4' eines Oberwerkes. Da muss schon ein wirklicher Mensur- und Intonationskünstler am Werke sein, um das zu kaschieren. Dann lieber eine Manualzunge unten etwas saftiger ausgelegt und via Transmission ins Pedal gelegt. In diesem Fall ist sie ja lediglich eine separate Koppel. Lieber eine kleines Ow (meinetwegen nur mit Flöten 8 4 und einer singenden Aliquot für das c.f.-Spiel) als ein teilweise ausgezogenes Hw. auf dem II. Man. nochmal ...
Durch die aufwändigere Mechanik und breitere Windlade ergeben sich höhere Arbeits- und Materialkosten, die ich lieber in ein oder zwei echte Register investieren würde.
LG
Michael
Stimmt,
man muss immer auf die Textur der Noten schauen. Das Prinzip Wechselschleifenregistrierung (entweder/oder) habe ich auch so gemeint, dass man durch diese Entscheidung Tonlöcher vermeiden kann, aber der Notentext entscheidet.
Arno Landmann, früherer Mannheimer Christuskirchenorganist, hat einmal in einem Multiplexwerbeprospekt Walckers geschrieben, dass ausdrücklich für das Kirchenmusikalische Institut in Heidelberg ein solches Instrument angeschafft worden ist, damit die Studenten lernten Tonlöcher in ihren Registrierungen zu vermeiden. Auch ein pädagogischer Ansatz!
Weil eine meiner Dienstorgeln auf einem multiplex-ähnlichen System beruht, versuche ich mich an einer Antwort.
„Tonlöcher“ meint den Umstand, dass z.B. in vollgriffigen Akkorden weniger Pfeifen erklingen als auf einer konventionellen Orgel ohne das Multiplexsystem.
Ein Beispiel:
Prinzipal 8’ und Oktave 4’ sind gezogen; die beiden Register bestehen aus ein und derselben Pfeifenreihe.
Nehmen wir an, der Organist spielt einen Akkord aus folgenden Tönen: f - a - c - f'
Bei einer konventionellen Orgel wären hier 8 Pfeifen aktiv. Auf einer Multiplexorgel sind es nur 7, weil die Note f (oder f', je nachdem, von welchem Register man ausgeht) von beiden Registern zugleich genutzt wird. Im polyphonen Spiel ist dieser Effekt verheerend, weil durch die Mehrfachverwendung ein und derselben Pfeife in verschiedenen Registern die Transparenz polyphoner Linien verunklart wird.
#233 RE: Bärpfeifes Orgel
Zitat von Orgelkater im Beitrag #204
Im PO-Bau gab und gibt es auch durchaus Registertaster mit LED-Anzeigen, die allerdings vielfach unpopulär sind - was manchmal einfach an den zu kleinen Tastern und damit zu kleiner Schrift liegt.
Was aber den großen Vorteil hat, dass man quasi mit einem Handgriff Register ziehen und abstoßen kann, was ich durchaus zu schätzen weiß.
OK.
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VG
Aeoline
#235 RE: Bärpfeifes Orgel
Zitat von Orgelkater im Beitrag #214
Sowohl der Concerto 350 als auch der 355 liegen ein durchaus eklektischer Dispositionsansatz zugrunde.
Wo wir schon bei Begriffsklärungen sind: Was bedeutet "eklektisch" im Zusammenhang mit Orgeldispositionen? Ist das in dem Sinne "französisches Schwellwerk" und "deutsch-romantisches Positiv" in einem Instrument zu verstehen bzw. "ich baue mir alles in die Disposition, das gefällt"?
Viele Grüße
Trompetendulzian
#236 RE: Bärpfeifes Orgel
Noch heftiger wird es im vollgriffigen akkordischen Spiel. Greift man den von Dir bezeichneten Akkord in beiden Händen und zieht Oktav- und Suboktavkoppel (bzw. die entsprechenden Multiplex-Auszüge), fehlt der komplette F-Dur-Akkord in der Hauptmelodielage gleich zweimal ...
Da wird es dann schon richtig relevant für den Gesamtklang: mulmige Tiefe, magere Mitte, kreischender Diskant.
Für vollgriffige Sinfonik mit Oktavverdopplungen eignet sich Multiplex also genau so wenig wie für polyphone Linien. Eine gewisse Eignung haben solche Orgeln aufgrund ihrer "Diskantstärke" für Gemeindebegleitung, was man ja den englischen Orgeln nachsagt. Letztere erzielen diesen Effekt allerdings durch entsprechende Mensurierung.
LG
Michael
OK.
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VG
Aeoline
Hallo Stephan,
kein Problem. Bei einer Multiplexorgel oder dem Unit-System wird beispielsweise eine Gedackt -Pfeifenreihe, die bei dem üblichen Pfeifenorgelmanualumfang 56 Töne = Pfeifen besitzt, nach oben hin um eine oder zwei Oktaven, also um 12 bzw. 24 Töne nach oben erweitert, obwohl diese Tasten nicht vorhanden sind. Durch eine elektrische Schaltung konnte also das gleiche Register auf den gleichen Tasten in 4' und in 2' Lage mit eigenen Registerwippen gespielt werden (die Steuerungstechnik hat natürlich Fortschritte gemacht). Soweit so gut und ohne größere Probleme. Spiele ich dieses Register in 8'-Lage bspw. mit den Tönen c1-e1-g1-c2 ist immer noch nichts zu bemerken. Ziehe ich jedoch dieses Register als 4' hinzu, würden auf den gleichen Tasten also zusätzlich die Töne c2-e2-g2- c3 erklingen. Es kommt nun auf den Pfeifenton c2 an. Dieser erklingt in der 8' Lage als höchster Ton. Bei einem eigenständigen 4'-Register würde nun der Ton c2 auf der Taste von c1 erklingen. Bei einer Multiplexschaltung ist dieser Ton/Pfeife jedoch schon "verbraucht", nämlich als höchster Ton in der 8'-Lage, als tiefsten Ton in der 4' Lage würde man keinen neuen Ton hören, da ein und dieselbe Pfeife auf der Tonhöhe c2 ja bereits im 8'-Register erklingt. Das nennt man ein Tonloch, da gewissermaßen eine Pfeife fehlt. Je mehr Register aus einer Pfeifenreihe ausgezogen werden, desto problematischer wird die ganze Angelegenheit, da immer mehr Tonlöcher auftauchen.
Deshalb ist Multiplex auch in Verruf geraten. Das System galt als Sparmodell, wo man bspw. aus zwei erweiterten Pfeifenreihen 16 "Register" ausziehen konnten. Wurde Aliquoten wie Terzen und Quinten ausgezogen, waren diese natürlich nicht rein gestimmt, sondern schwebten manchmal auf furchtbare Art. Man hat vielfach nicht verstanden, dass Multiplex auch eine gewisse Größe braucht. Hinzu kamen oftmals eine bescheidene Intonation und natürlich ein Paradigmenwechsel hin zur mechanischen Traktur.
Ich hoffe, dass ich das verständlich erklären konnte
Orgelkater
(
gelöscht
)
#240 RE: Bärpfeifes Orgel
Hallo Trompetendulzian,
mit eklektisch ist eine Disposition gemeint, die stilistisch mehrere Epochen sowohl zeitlich als auch geographisch beinhaltet.
Zum Beispiel das barock orientierte (Rück)positiv mit zeitlich typischen Zungen und Aliquoten oder ein groß angelegtes Schwellwerk mit einer Zungenbatterie 16-8-8-8-4 und bestimmten Labialstimmen, wie es für größere französische Orgeln in der Romantik erwünscht war, und das so auch den Gesamtklang der Orgel massiv beeinflussen konnte. Das deutsch-romantische Schwellwerk ist hingegen in seiner Funktion eher das leiseste Manual, das sich bei größeren Registrierungen kaum noch wahrnehmen lässt, aber vielfältige Klangschattierungen und -nuancen zulässt, die auf einer französischen Orgel nicht so darstellbar sind. All das muss natürlich klanglich zusammengehen und in der Regel bildet das Hauptwerk in einer dreimanualigen Orgel die Brücke zwischen Barock und Romantik. Es darf dort ruhig der ein oder andere 8' mehr sein, aber hochliegende Mixturen dürfen auch nicht fehlen und für die Franzosen braucht man eh noch einen Solocornett. Die Wunschliste scheint unendlich zu sein...
Damit ist - lassen wir einmal die Frage nach der Temperatur außer Acht - vieles an Literatur darstellbar, eine Idee, die richtungsweisend war. Natürlich klingt dies alles viel schöner und authentischer auf Originalinstrumenten, aber nicht jeder hat in seiner Kirche 20 Orgeln aus verschiedenen Epochen und Orgelbauregionen zur Verfügung stehen.
Das ist auch die Problematik des heutigen PO-Baus. Abgesehen vom Technischen sind viele der Instrumente nicht wirklich modern, sondern basieren auf der Verschmelzung von Klangkonzepten früherer Epochen.
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