Vater Unser - Läuten / Glockenschlag

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19.07.2020 15:57
#1 Vater Unser - Läuten / Glockenschlag
tr

Hallo Zusammen,

in den meisten mir bekannten Kirchengemeinden wird beim Gebet des Vater Unser eine Glocke dauergeläutet. Es gibt aber auch die andere Variante, dass sich am Orgelspieltisch ein Taster für das Schlagwerk befindet und bei jeder der sieben Bitten ein Glockenschlag erklingen soll, was ich bisher immer mehr oder weniger "frei Schnauze" getan habe, ohne dass es zu Beschwerden kam.
Im Grunde genommen müsste aber doch genau definiert sein bei welchem Wort die Glocke schlagen soll? Im Evangelischen Gottesdienstbuch, das meine erste Anlaufstelle war, finde ich leider überhaupt keinen Hinweis auf das Vater Unser-Läuten und Google spuckt mir zwar zahlreiche Treffer aus, bei denen jedoch immer vom Dauerläuten oder unspezifisch vom Glockenschlag die Rede ist.
Wer kennt sich aus?

Viele Grüße
Trompetendulzian


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19.07.2020 16:03
#2 RE: Vater Unser - Läuten / Glockenschlag
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Moderator

Ich kenne die Regel genau umgekehrt: Der Liturg kündigt das Vaterunser an und wartet, bis die Glocke läutet. Erst dann beginnt er. Vor der Doxologie ("Denn Dein ist das Reich") wird die Glocke abgeschaltet, damit sie nicht zu lange nachpendelt.
Mit einem Schlagwerk und Einzelschlägen ginge das natürlich präziser, aber wohl an jedem Ort anders, weil überall andere Massen/Wege von Glocke und Schlaghammer im Spiel sind.

LG
Michael


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20.07.2020 12:08
#3 RE: Vater Unser - Läuten / Glockenschlag
cl

Die sogenannten "Igden" = Einzelanschläge einer Gebetsglocke kommen eher im katholischen Bereich in Ordenshäusern zu den Stundengebeten zum Einsatz. Je nach Region ist es in kath. Pfarreien üblich zur Wandlung (jeweils beim Brot- und beim Kelchwort) zu igden.

Liebe Grüße vom Clemens

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20.07.2020 14:32
#4 RE: Vater Unser - Läuten / Glockenschlag
Ma

Bin derzeit im hohen Norden, in Dithmarschen.
Hier ertönt jeden Tag um 12.00 Uhr als Mittagsläuten das vierstimmige Plenum (!) der Glocken der evangelischen Kirche.
Mir ist schon klar, dass evangelische Läuteordnungen in der Regel nicht ganz so differenziert sind wie katholische, aber ist so etwas auch in anderen Landesteilen Usus?

Gloria Concerto 350 Trend

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20.07.2020 14:59
#5 RE: Vater Unser - Läuten / Glockenschlag
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Moderator

Hierorts:

7.00 Uhr Tagläuten (an Arbeitstagen bis vor wenigen Jahren um 6.00 Uhr)
12.00 Uhr Mittagläuten
18.00 Uhr Abendläuten

Jeweils 10 Minuten mit dem vollen Werk.

Wenn jemand aus der (Kirchen-)Gemeinde verstorben ist, ertönt um 9.00 Uhr 15 Minuten lang das Vollgeläut. In einem Ort mit 4T Ew. ist das bisweilen mehrmals pro Woche der Fall.

15 Minuten vor Gottesdienstbeginn wird fünf Minuten "angeläutet" (1 Glocke). Der Gottesdienst selber beginnt mit 5 Minuten Vollgeläut.
Zum Vaterunser läutet eine Glocke.

LG
Michael


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20.07.2020 15:06
#6 RE: Vater Unser - Läuten / Glockenschlag
Ma

Krass!

Gloria Concerto 350 Trend

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20.07.2020 15:27
#7 RE: Vater Unser - Läuten / Glockenschlag
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Administrator

Interessant, dass sich in der Evangelischen Kirche das dreimal tägliche Läuten erhalten hat, das wusste ich bisher nicht.

Bei uns Katholen kennt man dies ja als "Angelus-Läuten": das täglich dreimalige Gedenken an die Menschwerdung Gottes. Übrigens nicht an eine bestimmte Uhrzeit gebunden, sondern eher morgens, mittags, abends.
Am Freitag um 15 Uhr wird zum Gedächtnis der Sterbestunde Christi geläutet.
Das Anläuten einer Messe gibt es bei uns auch, ich kenne es aber eher so, dass 30 Minuten vor Beginn der Messe mit der großen Glocke geläutet wird; fünf Minuten vor der Messe mit einem Glockenplenum, das selbst in kleinen Kirchen sonntags ein anderes ist als werktags. An den größeren Kirchen und Domen gibt es mitunter eine ausgeklügelte Läutordnung, in der genau festgelegt ist, zu welchem Anlass welche Glocken (und in welcher Kombination) erklingen sollen.


Auf Orgelsuche.

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20.07.2020 15:36 (zuletzt bearbeitet: 20.07.2020 15:38)
#8 RE: Vater Unser - Läuten / Glockenschlag
Ma

Zitat von Gemshorn im Beitrag #7
An den größeren Kirchen und Domen gibt es mitunter eine ausgeklügelte Läutordnung, in der genau festgelegt ist, zu welchem Anlass welche Glocken (und in welcher Kombination) erklingen sollen.

Als Beispiel für eine detaillierte Läuteordnung hier die des Trierer Doms, die die Möglichkeiten eines zehnstimmigen Geläutes gut ausschöpft:
https://www.dommusik-trier.de/fileadmin/...Trierer_Dom.pdf

Gloria Concerto 350 Trend

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20.07.2020 17:37
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#9 RE: Vater Unser - Läuten / Glockenschlag
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mvn

Nachstehend Video der Glocken der Landgemeinde Amsoldingen inkl. Bilder der tausend-jährigen romanischen Kirche, wo ich als Organist tätig bin.

Interessant, historisch ist überliefert ist, dass die Thunersee-Kirchen geometrisch miteinander verbunden sind. Jede der dargestellten Kirchen ist mit ihrer Längs- oder Querachse auf eine andere Kirche ausgerichtet.
Kirche Amsoldingen Glockengeläut

Amsoldingen ist die Kirche Nr. 5.

In Spiez befand sich eine prähistorische Siedlung. Der Berg Niesen - eine Bergpyramide mit 2'362 m. Sowohl der Niesen und die Siedlung sind in diesem Konzept eingebunden.
|addpics|tjb-p-c52d.jpg|/addpics|

2014 - 2020 Gloria Concerto 234 DLX
2020 - ......... Gloria Concerto 350 Trend


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20.07.2020 22:14
avatar  wohli
#10 RE: Vater Unser - Läuten / Glockenschlag
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Zitat von Martin78 im Beitrag #8
Zitat von Gemshorn im Beitrag #7
An den größeren Kirchen und Domen gibt es mitunter eine ausgeklügelte Läutordnung, in der genau festgelegt ist, zu welchem Anlass welche Glocken (und in welcher Kombination) erklingen sollen.

Als Beispiel für eine detaillierte Läuteordnung hier die des Trierer Doms, die die Möglichkeiten eines zehnstimmigen Geläutes gut ausschöpft:
https://www.dommusik-trier.de/fileadmin/...Trierer_Dom.pdf


Als Mitglied der NAK habe ich immer alle Kirchen beneidet, die Glocken besitzen und nutzen. Wie komplex sich das darstellt finde ich echt faszinierend.

LG Bernd


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21.07.2020 06:38
avatar  Jesaiah ( gelöscht )
#11 RE: Vater Unser - Läuten / Glockenschlag
Je
Jesaiah ( gelöscht )

Zitat von Gemshorn im Beitrag #7
Bei uns Katholen kennt man dies ja als "Angelus-Läuten": das täglich dreimalige Gedenken an die Menschwerdung Gottes. Übrigens nicht an eine bestimmte Uhrzeit gebunden, sondern eher morgens, mittags, abends.
Am Freitag um 15 Uhr wird zum Gedächtnis der Sterbestunde Christi geläutet.
Das Anläuten einer Messe gibt es bei uns auch, ich kenne es aber eher so, dass 30 Minuten vor Beginn der Messe mit der großen Glocke geläutet wird; fünf Minuten vor der Messe mit einem Glockenplenum, das selbst in kleinen Kirchen sonntags ein anderes ist als werktags. An den größeren Kirchen und Domen gibt es mitunter eine ausgeklügelte Läutordnung, in der genau festgelegt ist, zu welchem Anlass welche Glocken (und in welcher Kombination) erklingen sollen.


Das Angelus ist ja auch (schon bedingt durch die "marianische" Ausrichtung ;) ) ziemlich spezifisch katholisch *G* - Ein Vaterunser-Läuten kenne ich aus unserem (kath. Landgemeinde im Umland von Graz) nicht.

In der Steiermark ist das Aveläuten üblicherweise 6, 12 und 19 Uhr .... teilweise gegen heftigen Protest der (neu zugezogenen) Häuslbauer und Anwohner in Hörweite der Kirche.
Das "Zsammläuten" (so unsere Mundart) ist ortsverschieden. Bei uns zB 20 Minuten vor der Messe, und dann auch 5 Minuten vorher.
Das geht wie so vieles anderes auf die josefinische Pfarrreform zurück: Die heutige (im Sterben befindliche) katholische Pfarrstruktur ist ja ein Kind des späten 18. Jh. - nach der Aufhebung vieler Klöster und Stifte wurde deren Vermögen in den Religionsfonds eingebracht, dessen Inhalt einerseits zur Errichtung einer erreichbaren Pfarrstruktur genutzt wurde ("eine Pfarrkirche innerhalb einer Stunde Gehzeit") und andererseits aus seinen Zinsen (aufgefettet um die Entschädigung für enteignetes Kirchengut nach 1945) heute die "staatliche Wiedergutmachung" finanziert.

Wenn man eine halbe Stunde vor Messbeginn läutet, dann haben die Menschen ein klares Zeitsignal; und das Aveläuten hat den Arbeitstag strukturiert - wobei die Bauern um 6 Uhr schon mit der Stallarbeit fertig waren und aufs Feld gingen. Aufgestanden wurde mit dem zweiten Hahnenschrei gegen 4 Uhr ... Soviel zur guten alten Zeit.
Aber wer von der schwärmt, schwärmt auch von pneumatischen Trakturen *G*


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21.07.2020 07:16 (zuletzt bearbeitet: 21.07.2020 08:33)
#12 RE: Vater Unser - Läuten / Glockenschlag
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Moderator

In ländlichen Regionen hatten die Glocken eine wichtige Signalfunktion. Im Heimatort meiner Frau wurde z.B. vor einigen Jahrzehnten noch um 11 Uhr geläutet. Dann wussten die Bauern, dass es Zeit ist, die Feldarbeit für das Mittagessen zu unterbrechen. Und die Bäuerinnen, die meistens die leichtere Stallarbeit machten und das Kleinvieh versorgten, machten sich dann ans Kochen.

An der Wichernkirche hatten wir mal den Fall, dass sich eine Frau darüber beschwert hat, dass um 10 Uhr zum Gottesdienst geläutet wird - das habe sie beim Kauf einer Eigentumswohnung nicht bedacht. In der gesamten Wichernsiedlung dürfte es indes keinen Punkt geben, von dem aus man den Turm und die Glocken nicht sieht (und folglich hört) ...
Der KV schrieb ihr einen netten Brief über die Entstehung des Wohngebietes und der Kirche und lud sie ein, wenn sie schon vom Geläut wach geworden sei, dürfe sie gern zum Kirchenkaffee kommen.
Sie machte das wirklich. Und sie blieb.

LG
Michael


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21.07.2020 19:39
#13 RE: Vater Unser - Läuten / Glockenschlag
tr

Oh, hier hat sich ja ein spannender Thread entwickelt! Mir war gar nicht bewusst, wie regional unterschiedlich die Läuteordnungen sind.
Tatsächlich habe ich das Vater Unser-Läuten im Gottesdienst erst in Westfalen kennengelernt und das Anschlagen der Glocke kenne ich bisher nur aus einer Kirchengemeinde. Hier ist es übrigens so, dass der Ton praktisch ohne Verzögerung nach Drücken des Knopfes erklingt.


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22.07.2020 19:38
#14 RE: Vater Unser - Läuten / Glockenschlag
Se

Ich bin in den NeuFünfLändern schon einigermaßen herumgekommen und kenne katholischerseits nirgends ein Vaterunser-Geläut. Nur während der Wandlung (2x, wie schon beschrieben), evtl. zum Beginn des Hochgebetes.
Dann natürlich zum Gloria Gründonnerstag und in der Osternacht.

LG Seltengedackt


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23.07.2020 07:16
#15 RE: Vater Unser - Läuten / Glockenschlag
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Ein Vater-unser-Läuten kenne ich (katholisch, Südbayern) auch nicht. Zur Wandlung wird geläutet (zumindest sonntags). Ansonsten sind die Läuteordnungen schon von Kirche zu Kirche sehr verschieden. Ob das Angelus-Läuten nun um 6,12 und 20 Uhr oder samstags den Sonntag einläuten um 15 oder 16 Uhr gemacht wird, ändert sich schon mal von Ort zu Ort.

Eine schön detaillierte und musikalisch interessante Läuteordnung gibt es z.B. von St. Moritz in Augsburg.
Mit sieben Glocken hat man natürlich schon Möglichkeiten.

Viele Grüße
Rohrschalmey


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