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Was mir am Digitalorgelklang fehlt
Mann, Leute. Wenn man abends heimkommt und den ganzen Tag nicht im Forum war, hat man hier ja einiges durchzuarbeiten. Ich bin begeistert.
@Tabernakelwanze: Ich würde sagen: Nein, du bist mit deinem Empfinden nicht allein.
Auch ich spiele immer wieder mal ohne nennenswerten Hall und kann dem durchaus etwas abgewinnen. Abgeschaut habe ich mir dieses "Bekenntnis zum Raum" von einem professionellen Organisten, der (auch) in einer sehr kleinen Kapelle an einer alten Digitalorgel der ersten Generation spielt; ein einmanualiges Instrument mit sehr wenigen Registern. Auch er verzichtet fast vollständig auf den (heutigen Ansprüchen ohnedies nicht mehr genügenden) Hall — und es klingt überzeugend und authentisch. Die Musik passt zum Raum, und man staune: Es lässt sich auch in akustisch armen Räumen sehr schön Musizieren.
Welche Klangerzeugungstechnologie sich durchsetzen wird, wage ich nicht zu prognostizieren. Ich habe aber — allen Unkenrufen zum Trotz — immer noch Hoffnung auf die von Viscount ins Spiel gebrachte Physis-Technologie. Es stimmt, dass mich der Klang der Unicos schwer enttäuscht hat; ich vermute das Problem aber nicht in der Technologie an sich, sondern bei jenen Leuten, die ihre Klangvorstellungen dem Instrument einprägen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich mit Physis so ziemlich alle Klangideale abbilden ließen, von norddeutschem Barock bis hin zu englischer Romantik. Wenn aber der Intonateur das eine oder andere zu wenig kennt (oder auch zu wenig schätzt, wer weiß, wird das unweigerlich seinen Niederschlag im modellierten Klang finden. Ich persönlich würde gerne Leute wie Herrn Breslmayr und Herrn Kisselbach für einige Zeit nach Mondaino schicken und ihnen freie Hand beim Programmieren der Physis-Register lassen. Ich bin mir sicher, dass wir dann ganz andere Unicos bekämen...
Sorry, das war wieder einmal mein ganz persönliches Ceterum censeo...
Mag der Hall auch noch so gut produziert sein, ich finde er kommt in einem Wohnzimmer irgendwie unpassend rüber, es sei denn, man hat Kampen oder NDdP aufgespielt. Vielleicht ist das ein Grund mit dafür, dass die stockkonservative Organistenfraktion DO höchstens zum Kaminanzünden nutzen würde? Weil sie einfach als unecht empfunden werden? Ich weiß es nicht.
Gut, natürlich kann man sagen, 31 Register in einem so kleinen Gehäuse, das kann doch nicht gehen. Dieses Argument wird aber durch den perfekten Klang beiseite geschoben. Aber der Hall bleibt eine wirklich unechte Größe, egal ob 31 oder 3 Register. Ich merke, wie es in mir brodelt, denn: mit Hall klingt es doch nicht schlechter, aber leider auch nicht echter....
Das ist es ja. Ich bin zufrieden, weil es so echt und wirklich klingt. Die gewählten Einstellungen sind ja nicht staubtrocken. Aber mit Hall tut es das auch!!!! Uiii, ganz schön schwierig, je mehr Möglichkeiten, desto unsicherer wird man.
Vielleicht ist mein Denkansatz folgender:
Eine PO könnte in meinem Wohnzimmer tatsächlich so klingen. Damit käme meine Monarke ihrem Vorbild in meinem Zuhause am Nächsten. Nachhall aber zerstört die Illusion einer echten PO.
Also "voodoo" lehne ich auch ab.
Aber ihr könnt mich jetzt auslachen, seit ich Hifi auf einer wirklich guten Anlage höre (habe mal bei stereoplay den ersten Preis gewonnen), kann ich Musik nicht mehr hören wenn die von so einer quäkigen Lautsprecheraufblaspumpe kommt.
Es geht mir auf den Geist.
Genauso habe ich festgestellt, dass Musik, die auf meinem ipod nur auf MP3 aufgenommen wurde gegenüber Apple lossless mit der Zeit einfach "tot" klingt. Und das bilde ich mir nicht ein, denn bei vielen Stücken wusste ich gar nicht wie die aufgenommen wurden. Erst nachdem ich die Stücke irgendwie "leer" empfunden habe, hat mein Bruder mir empfohlen doch mal nachzusehen wie die aufgenommen wurden. Und siehe da! Das heisst aber nicht, dass jede Musik durch bessere Aufnahmealgorithmen automatisch besser klingt. Da muss schon von der ursprünglichen Aufnahme alles passen.
Um jetzt den Bogen zurück zur Orgel zu finden.
Es ist nicht unbedingt der Frequenzgang, der Qualität oder guten Orgelklang ausmacht. Wenn ich eine Analogkurve digital nachzeichen will, dann sind theoretisch dazu unendlich viele Zwischenwerte nötig. Die Frage ist einfach wie genau folgt der Digitalklang einer Analogkurve.
Und da ist teilweise die Differenz zu einer PO zu suchen, neben der Abstrahlung (aus einem 10cm Lautsprecherchen können keine hörbaren 16 Hz kommen).
Es spielen da viele viele Variablen hinein.
Aber lassen wir uns in der Zukunft noch überraschen. Wenn denn die Menschen es auch zu schätzen wissen, dass da gute Qualität "rüber" kommt. Ich habe da leise Zweifel, denn wenn ich da manchmal bei Freunden ihre "Stereo-" oder Surroundanlage so höre, dann "Gute Nacht".
Zitat von Laurie Phelps
Sag ich doch: die Lautsprecher bleiben der Schwachpunkt ...
...Aber man ist andernorts eifrig dabei, die Ohren zu überlisten ...
...Danach stellt sich dann wieder die Raumsimulation, wie man eben das Wohnzimmer so beschallen kann, als ob es ein 1:1 Ausschnitt aus dem gesamten Kathedralraum (oder der Kapelle) ist. Hatte Samstag auf einem Konzert mal wieder PO gehört. Es ist einfach so, dass der Sound zwar eine Quelle hat, aber eben auch überall im Raum sehr intensiv ist und das ist mit einigen Lautsprechern zwischen den Hosenbeinen nun wirklich nicht abzubilden.
Laurie
Gerade im letzten Absatz hast Du das Problem gut dargestellt - und dafür sehe ich keine Lösung. Die Parameter Raumvolumen /Volumen und Energie der Tonquelle/ Raumsituation des Hörers und dessen Volumen im Vergleich zu den anderen Parametern : Diese komplexe Funktion lässt sich zwischen Wohnzimmer und Kirche (Konzertsaal) sowie DO / PO mathematisch nicht gleichstellen. Dazu noch die Raumkomplexität einer Kathedrale mit ihren akustischen Tücken und man sollte sich mal einen Field Medallist suchen, um das mathematisch zu modellisieren.
Allerdings sehe ich auch, dass wir allesamt einem sehr einfachen Grunddogma immer wieder geschickt ausweichen und es nicht ansprechen. Deswegen bist Du, Laurie, das auserkorene Opfer , denn Du hast Dich ja mit dem Thema nun wirklich ausführlich auseinandergesetzt, um als erster zu antworten :
1. Jeder von uns hat irgendwann mal eingetrichtert bekommen, vor einem Vortrag auszuprobieren wie die Registrierung im Raum klingt - und nicht am Spieltisch, was im Klartext heisst dass der Klang nicht derselbe ist... Und das wissen wir aus eigener Erfahrung auch...
2. Das räumliche Hörempfinden ist Frequenzabhängig. Wie ist dies im Vergleich DO / PO räumlich zu berücksichtigen?
3. Im Anschluss an 2. sei zu bedenken, dass der Winkel zwischen Ohren und Tonquelle Abstandsabhängig ist und das dieser Winkel sich vor allen Dingen in unmittelbarer Nähe der Tonquelle besonders verändert. Bei einigen Orgelarchitekturen in der Kirche kann die Chamade genauso dem Organisten das Toupet wegpusten, wie meine DO meine Hose zum flattern bringt.
Fazit : Wenn wir vom Klang einer PO sprechen, träumen wir wohl impliziert davon, was der Zuhörer in weiter Entfernung im Raum hört und keineswegs der Organist am Spieltisch und wollen dasselbe im Wohnzimmer direkt am Spieltisch haben. Nennen die Mathematiker das nicht die Quadratur des Kreises?
Ich habe vor zehn Tagen dazu ein gutes wissenschaftliches Experiment als Laborratte über mich ergehen lassen. Ich erwähnte den Ostergottesdienst in St Sulpice, wo ich in der Vierung sass. Da Daniel Roth den Gottesdienst mit einem kleinen Konzert beendigte und in dessem Anschluss für den Mittagsgottesdient spielte, bin ich beim Eingangslied des 2.Gottesdienstes noch unter der Empore beim Ausgang geblieben, weil mir das Lied so gut gefallen hat. War eindeutig nicht derselbe Klang obwohl genauso registriert und gespielt!
Vorschlag an DO Fabrikanten pa: : Nachdem wir jetzt Faltungshall haben, hätten wir noch gerne folgende, untereinander bitte kombinierbare Knöpfchen :
*Kirche voll / leer (hat nicht nur was mit Faltungshall zu tun)
*Verschiedene Hörpositionen (Anzahl ist abhängig von der Preisklasse der DO ) : Kirchenschiff hinten/mitte/vorne, Seitenschiff hinten/mitte/vorne, Vierung, Chor, Querschiff. - Sakristei als Krönung im obersten Preissegment.
Ach so, ich hatte die Hörerposition am Spieltisch vergessen...
Zitat
Nachdem wir jetzt Faltungshall haben, hätten wir noch gerne folgende, untereinander bitte kombinierbare Knöpfchen :
*Kirche voll / leer ....
*Verschiedene Hörpositionen (Anzahl ist abhängig von der Preisklasse der DO ):
Kirchenschiff hinten/mitte/vorne,
Seitenschiff hinten/mitte/vorne,
Vierung,
Chor,
Querschiff.
- Sakristei als Krönung im obersten Preissegment.
Mathias, DAAAS wäre eine WIRKLICH SINNVOLLE Einrichtung. Wer hat das Glück, dass ein Organistenkollege mal mit der eigenen verwendeten Registrierung (u. im gleichen Tempo) das Werk spielt, das man selber im Gottesdienst/Konzert vorträgt? KEINER! Und darin liegt doch die Krucks! Jeder Organist kann, nein eher schon: muss vermuten, wie die gespielte Musik -in etwa- in der Mitte des Hauptschiffs klingt (damit deckt man zumindest -zu Teilen- die Masse der Zuhörer ab.)
Also ich hab' schon eine ganze Menge über bzw. durch den verschiedenartigen Faltungshall der Symphonica gelernt: Von einer so simplen Erkenntnis, dass nicht der längste Nachhall für alles gut ist [smile] über das Wissen, dass 3,5 - 4,5sec. meinem Geschmack am Meisten entsprechen, bis zu dem Punkt, dass mancher Nachhall aufgrund seiner Eigenheiten bei bestimmten Stücken total nervig (o. gut) sein kann:
- St. Peter, Bonn-Villich (6 sec.) ist an sich gut, verwende ich aber fast nur bei zeitgenössischer Musik, weil die Höhen so lang stehen bleiben. (Finde ich irgendwie passend.)
- Bovenkerk, Kampen (7,5) verwende ich für "Forte Adagios", weil alle Frequenzen gleich lang im Nachhall stehen bleiben.
- Frogner Kerk, Oslo(3,5) ist praktisch für alle Stücke verwendbar, weil der Nachhall keine "Eigentümlichkeiten" aufweist.
- Notre Dame de la Caromb ( ist für (fast) nichts verwendbar. Vielleicht bei Stücken mit vielen Clustern u. anschließenden Generalpausen?
Nein, wirklich:
Mathias Vorschlag ist WIRKLICH SEHR SINNVOLL. Ich unterstütze den Antrag den Mathias heute Johannus geschickt hat.
Gruß
Triforium
Uralte Fragen die wir hier bewegen:
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45141760.html
Die gute alte Dereux. Ja die klang ganz manierlich.
Laurie
Hallo
Wenn man bedenkt das diese Technik aus den 60iger Jahren stammt, ist das schon nicht schlecht!! https://www.youtube.com/watch?v=XNBMbDAOIPg
Den Link hab ich aus dem Sakral-orgelforum, da gibt´s einen interessanten Thread über diese Orgel. MfG tromba
Oh die dreimanualige. Die ist selten. Ich glaube im Bauer-Forum war neulich auch eine mit edlem Spieltisch. Die Dinger waren damals übrigens sauteuer. Der Anschlag war sehr gut, die Registerschalter sehr gewöhnungsbedürftig. Es klang jedenfalls viel besser als die üblichen Ahlborn Sonata.
Aber wir kommen vom Thema ab.
Laurie
Zitat von Tabernakelwanze
Mag der Hall auch noch so gut produziert sein, ich finde er kommt in einem Wohnzimmer irgendwie unpassend rüber, es sei denn, man hat Kampen oder NDdP aufgespielt. Vielleicht ist das ein Grund mit dafür, dass die stockkonservative Organistenfraktion DO höchstens zum Kaminanzünden nutzen würde? Weil sie einfach als unecht empfunden werden? Ich weiß es nicht.
Gut, natürlich kann man sagen, 31 Register in einem so kleinen Gehäuse, das kann doch nicht gehen. Dieses Argument wird aber durch den perfekten Klang beiseite geschoben. Aber der Hall bleibt eine wirklich unechte Größe, egal ob 31 oder 3 Register. Ich merke, wie es in mir brodelt, denn: mit Hall klingt es doch nicht schlechter, aber leider auch nicht echter....
Das ist es ja. Ich bin zufrieden, weil es so echt und wirklich klingt. Die gewählten Einstellungen sind ja nicht staubtrocken. Aber mit Hall tut es das auch!!!! Uiii, ganz schön schwierig, je mehr Möglichkeiten, desto unsicherer wird man.
Vielleicht ist mein Denkansatz folgender:
Eine PO könnte in meinem Wohnzimmer tatsächlich so klingen. Damit käme meine Monarke ihrem Vorbild in meinem Zuhause am Nächsten. Nachhall aber zerstört die Illusion einer echten PO.
Sehr gut nachvollziehbar!
Staubtrocken klingt's dann so. Ich mag's.
Matthias
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