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Musik in amerikanischen Freikirchen
#31 RE: RE:Musik in amerikanischen Freikirchen
Jo, genau das. Die haben zwei Mikros direkt vor die - abenteuerlich verstimmten - Spanierinnen gestellt und voll aufgedreht. Und stell Dir eine unsauber gespielte und entsprechend verstärkte Geige zu Klavier vor ...
Die Jungs glaubten offenbar, dass ein Verstärker aus falschen Tönen richtige machen kann ...
Die Halle ist in Betonskelettbauweise errichtet. Irgendein Baukastensystem für US-Kasernen. An jeder Rippe, pro Längsseite etwa 20, hing eine großformatige Box. Wenn der Prediger hustete, klapperte das Blechdach.
So stelle ich mir die "akustische Abteilung" der Hölle vor ...
LG
Michael
#32 RE: RE:Musik in amerikanischen Freikirchen
Hallo Michael,
durch deine Erzählungen habe ich mich sehr plastisch zurückversetzt gefühlt in die Zeit, als ich vor vielen Jahren mal beruflich bedingt in den USA wohnte, so habe ich doch recht ähnliche Erfahrungen dort gemacht.
So konnte ich mich, nachdem ich mal interessehalber, oder sollte ich besser sagen: leichtsinnigerweise, eine solche Gemeinde besucht hatte, nur durch beharrlich-schroffes Ignorieren wieder aus den Fängen eines missionarischen Bekannten befreien, der mir noch wochenlang nachstellte um mich dort zu binden. In dieser Gemeinde gab es allerdings gar keine Orgel, nur Klavier, Synthie und Co... Aber dafür einen Parkplatz so groß wie der von Walmart...
VG
Stephan
#33 RE: RE:Musik in amerikanischen Freikirchen
Ja, diese Übergriffigkeit habe ich mehrfach beobachtet. Da versuchen sich Leute in Dein Privatleben zu drängen, ohne dass Du sie gebeten hast. Ich empfinde so etwas als ungemein respektlos. Aber wenn diese "Missionare" einen Erfolg wittern, sind offenbar alle elementaren Anstandsregeln außer Kraft gesetzt.
In unserer damaligen Nachbarschaft wohnte eine - im übrigen sehr nette - Famile, die in diese Gemeinde ging. Beide fragten einige Male (zweifellos im Auftrag) nach, ob und wann wir wieder einmal kämen, ob es uns nicht "gefallen" hätte usw.
Ich habe ihm dann mal in einem "unter-uns-Männern"-Gespräch meine Gründe freundlich, aber bestimmt dargelegt. Und siehe, er konnte meine Beobachtungen zum überwiegenden Teil bestätigen und nachvollziehen.
Was uns damals auffiel, war der sofortige und widerspruchslose Gehorsam der Kinder. Meine Frau vermutete, dass da die im frommen Amerika üblichen Erziehungshelfer aus Rohr oder Weiden im Spiel seien.
Da eines dieser Utensilien Namensbestandtteil des Pastors war, nannten wir ihn im internen Sprachgebrauch "Professor Prügelpeitsch" ...
LG
Michael
#35 RE: RE:Musik in amerikanischen Freikirchen
Na ja, ich hab' nicht gesucht, sondern bin darüber gestolpert - und das in etlichen Fällen. Aber Du hast Recht. Wenn mein katholischer Opa erzählte, wie der Pfarrer in seinem Heimatdorf via Beichtstuhl in die Familien hineinregierte - das war Psychoterror vom Feinsten.
Und im urprotestantischen hessischen Hinterland soll es auch veritable "Dorftyrannen" im Talar gegeben haben. Im pluralistischen gesellschaftlichen Klima des 21. Jahrhunderts dürften solche Verhaltensmuster weitgehend in die Sektenecke abgedrängt sein. Was manche kirchlichen Amtsträger natürlich mit den Leuten machen, die als Arbeitnehmer von ihnen abhängig sind - davon können Betroffene sicher nicht nur ein Lied, sondern ganze Opern singen ...
Auch die nahezu automatisierten Vertuschungsmechanismen beider Konfessionen in Fällen sexuellen Missbrauches sind ja ein hochtrauriges Kapitel der jüngsten Kirchengeschichte - zudem eines, das noch lange nicht abgeschlossen ist.
LG
Michael
#36 RE: RE:Musik in amerikanischen Freikirchen
#37 RE: RE:Musik in amerikanischen Freikirchen
Als Katholik habe ich in einer Paul-Schneider-Biografie über die von ihm ausgeübte "Kirchenzucht" 1937 gegen Deutsche Christen in seiner Gemeinde gelesen. Einserseits war ich schon "fasziniert" über den Versuch, Regeln in der Gemeinde durchzusetzen, andererseits frage ich mich schon, inwieweit "Kirche" in privates Leben oder auch Überzeugungen eingreifen kann und darf. Bei Paul Schneider hat das zu seinem Tod im Bunker des KZ Buchenwald geführt.
Wie gehen wir als Christen mit dem Leben anderer um - ob in der Gemeinde oder außerhalb? Wo sind Grenzen, wo müssen wir sagen: "Das geht uns nichts an..."?
Wohl etwas Off-Topic, aber das liegt mir schon lange auf der Seele.
Grüße von
SeltenGedackt
stemi
(
gelöscht
)
#38 RE: RE:Musik in amerikanischen Freikirchen
In der Tat ein sehr spannender Bericht. In einem Kinderkur-Aufenthalt vor gefühlt 40 Jahren begegnete mir ein adretter Junge mit dem Satz: Wir sind in einer Freikirche, aber wir sind keine Sekte. Moon, Bagwahn et al. waren ja damals durchaus Thema in den Medien, was hier erzählt wird, bildet ja allerdings Sektenstrukturen ab. Aber vielleicht waren diese zu dieser Zeit auch en vouge. Doch ein Nice to have, dass unser lieber Staat heute das Klingelschild zur Wohnnungstür als Grenze seiner Einflussnahme betrachtet, dachte ich mir da ganz amerikanisch und by the way.
#39 RE: RE:Musik in amerikanischen Freikirchen
Zitat von SeltenGedackt im Beitrag #37
Als Katholik habe ich in einer Paul-Schneider-Biografie über die von ihm ausgeübte "Kirchenzucht" 1937 gegen Deutsche Christen in seiner Gemeinde gelesen.
Ja, das Ganze ist hier im Nachbardorf passiert. Da war Paul Schneider Pfarrer. Und das Dorf war "braun". Noch heute darf der Name in bestimmten Familien nicht fallen, will man kein eisiges Schweigen provozieren. Da sind Dinge gelaufen, die werden nur hinter vorgehaltener Hand erzählt und sind von keiner veröffentlichten Biographie erfasst. Ich bin mit dem Pfarrers-Ehepaar befreundet, das in der Gemeinde bis vor einigen Jahren amtierte. Er war im Kirchenkreis der Beauftragte für Weltanschauungsfragen.
In jeder Gemeinde gibt es eine Chronik der Seelsorge, die nur der Pfarrer schreibt und die von Nachfolger zu Nachfolger weitergegeben und ergänzt wird. Die Vorgänge um Paul Schneider stellen sich nach Lektüre der entsprechenden Passagen als Tragödie schlimmster Art dar.
Da blickt man in Abgründe und dem inkarnierten Bösen ins Gesicht. Und einige der Protagonisten haben noch bis ins neue Jahrtausend hinein (mehr oder weniger fröhlich und) unbehelligt gelebt ...
LG
Michael
Das sind alles Fälle, wo wir wahrscheinlich unisono empört sind.
Was aber ist mit aktuellen "Gewohnheiten" wie dieser:
Vor nicht allzu langer Zeit berichtete mir ein Pastoralassistent jüngeren Alters, dass im seitens des Dienstgebers mehrfach dringend nahe gelegt worden wäre, seine Liebesbeziehung alsbaldigst in eine geordnete Ehe umzuwandeln...
#41 RE: RE:Musik in amerikanischen Freikirchen
Jo, das ist (nicht nur) ein spezifisch katholisches Problem, bedingt durch das rigide Eherecht. Ich kenne etliche kath. Kollegen meines Alters, die ihren Hut nehmen mussten, weil ihre Ehen auseinandergingen und sie andere Partner (standesamtlich) heirateten. "Wilde Ehe" hätte man akzeptiert - solange es nicht "publik" geworden wäre.
Aber auch bei Evangelens konservativer Prägung kann das passieren: Eine meiner Kolleginnen im Funkhaus hatte nach einer Scheidung einen neuen Partner kennengelernt. Als das "ruchbar" wurde, wurde sie zum Vorstand zitiert. Der entzog ihr mit sofortiger Wirkung die Zuständigkeit für theologische Beiträge und forderte sie auf, ihre "ehelichen Verhältnisse" zu ordnen - will sagen: zu heiraten.
Ich habe seinerzeit gedroht, den Vorgang öffentlich zu machen, deshalb passierte ihr nichts. Und inzwischen hat sie einen Arbeitgeber, der die Privatsphäre respektiert.
Drittes Beispiel: Meine Frau hat (als einzige Lutherische - und sogar eingestellt für den Arbeitsschwerpunkt "religiöse Erziehung") in einem kath. Kindergarten gearbeitet. Von ihren acht kath. Kolleginnen lebten sechs mit ihren Partnern "so" zusammen. Auch die Leiterin, die mit ihrem Mann seit 27 Jahren zusammen ist. Der Anstellungsträger, der regionale Caritasverband, toleriert das. Würde sie heiraten, wäre ein Kündigungsgrund gegeben. In diesem Ort, einer kath. Enklave, gibt es übrigens fast nur Zivilehen. Die Leute gehen den Implikationen des kath. Eherechtes einfach aus dem Weg - und zwar in zweiter und dritter Generation.
Die Arbeitsgerichtsbarkeit ist seit mindestens 20 Jahren auf der Seite der betroffenen Arbeitnehmer. Das äußerst klagefreudige Bistum Köln (!) hat um die Jahrtausendwende reihenweise Prozesse verloren und es nach meinen Informationen inzwischen aufgegeben, eine kath. Eheschließung von seinen Arbeitnehmern einzufordern.
Tempora mutantur. Langsam, aber stetig.
LG
Michael
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