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Gendergerechte Sprache
#46 RE:Gendergerechte Sprache
Zitat von wohli im Beitrag #43
[quote=Canticus|p56491]
Bei dem hier zitierten Begriff Kolleg*innen fühle ich mich als Mann diskriminiert: Ich bin schließlich kein Kolleg sondern allenfalls ein Kollege.
Was spricht eigentlich gegen die geschlechterübergreifende Anrede :" Liebes (oder sehr geehrtes) Kollegium" ?
Ich kenne "Kollegium" eigentlich nur aus dem schulischen Bereich, das Lehrerkollegium. Kollegium als die Gesamtmenge der Kollegen und Kolleginnen in einem Betrieb ist m.E. falsch.
Zitat von clemens-cgn im Beitrag #46
Was spricht eigentlich gegen die geschlechterübergreifende Anrede :" Liebes (oder sehr geehrtes) Kollegium" ?
Die Variante finde ich übrigens gar nicht schlecht (wenn es denn sein muss), und allemal 100x besser als diese Verunstaltungen durch Sternchen, Doppelpunkten, Unterstrichen, Binnen-I etc.
#51 RE:Gendergerechte Sprache
Von der Anrede als "Kollegium" halte ich nicht viel. In den Ohren eines Juristen (wie den meinen) klingt dieses Wort nach einer rechtlich begründeten Gesamtheit, also nach einer korporativ bzw. organschaftlich strukturierten Verfasstheit, hinter die die Einzelperson zurücktritt.
Lb Grüße,
Willi
Ich denke, wenn man einen Kompromiss sucht, wird das immer in irgendjemandes Ohren suboptimal klingen. Jedenfalls fände ich, um bei dem o. g. Beispiel zu bleiben, "Liebes Kollegium" allemal besser (und durchaus geeignet, sich daran zu gewöhnen) als "Liebe Kolleg:innen", was wirklich Quatsch ist, weil die männlichen Kollegen eben nun mal keine "Kolleg", sondern eben "Kollegen" sind. Die Form "Liebe Mitarbeiter:innen" hingegen ist zwar nicht minder scheußlich, aber wenigstens noch halbwegs logisch.
Zum Glück schreiben wir mittlerweile fast alles auf Englisch, da kann man das Problem gut umgehen.
VG
Stephan
#53 RE:Gendergerechte Sprache
Ich rede und schreibe weiter so, wie ich es gelernt habe. Wem's nicht passt, der soll halt nicht lesen oder weghören.
Wenn irgendwelche ideologisierten Sprachverstümmler aus Schriftdeutsch einen Satzzeichen-Salat und aus dem gesprochenen Wort ein Gestammel machen wollen, dann trifft sie nicht mal mein Mitleid.
Im Ausland schüttelt man (mal wieder) über unsere Fähigkeit den Kopf, irgendeinen Bödsinn wie das Gendern zur vorgeblich heilsnotwendigen Hauptsache des öffentlichen Diskurses zu machen.
In Frankreich sorgt die "académie française" mit Gesetzeskraft dafür, dass die Sprache gepflegt bleibt. Diese Institution hat schon vor Jahren durchgesetzt, dass in den Musikprogrammen der Radiosender die englischsprachigen Titel (niedrig) quotiert bleiben. Und wer zuviele und überflüssige Anglizismen in der Schriftsprache verwendet (sog. "franglais"), kann empfindlich bestraft werden. Als diese Bestimmung neu war, gab es einen Präzedenzfall, in dem ein Radiosender kräftig blechen musste. Das sorgte für etwas Rauschen im Blätterwald, aber schnell kehrte Ruhe ein.
Wenn es solche Bestimmungen bei uns gäbe, würde das Justizwesen wegen Überlastung zusammenbrechen ...
LG
Michael
#55 RE:Gendergerechte Sprache
Ich halte Sprachpflege für wichtig. Idealer Weise ohne Sprachpolizei, aber durchaus durch eine Institution mit normativer Kompetenz, die den Zugriff von Ideologen und ihrem "Neusprech" verhindert. Die Gesellschaft für Deutsche Sprache sollte vielleicht mehr Rechte bekommen, zu definieren, was gutes Deutsch ist.
Und der Ersatz von Buchstaben durch Satzzeichen ist kein "Fortschritt". Uns Volontären hat man in den 80ern zum Beispiel Satzzeichen in Überschriften (wie das notorische Bildzeitungs-Ausrufezeichen) verboten. "Eine Überschrift wirkt durch das Wort - und durch nichts als das Wort", behauptete unsere Volontärsmutti. Sie hatte Recht.
LG
Michael
Schwierige Frage. Einerseits gilt es ein wertvolles Erbe zu verteidigen, andererseits kann sich unsere Sprache auch nicht vor der Realität "wegducken".
Dass diejenigen, die sich statistisch gesehen in der zweiten Lebenshälfte befinden, tendenziell das Maß der Dinge in den Regeln sehen, mit denen sie aufgewachsen sind, ist normal und trifft auf mich selbst zu. Und diejenigen, die ihre Schäfchen bereits im Trockenen haben, können es sich einfach machen ("ich schreibe, wie ich will"). Aber: Diesen Luxus kann sich ein kleines Licht in einem Unternehmen oder einer Behörde i. d. R. nicht erlauben (sofern man nicht das Glück hat, eine unersetzliche Koryphäe zu sein, bei der man ohnehin gewisse Schrulligkeiten akzeptiert).
Auch ich sehe mit Grauen auf gewisse Sprachtrends. "Soo! muss Technik"? Mag ja sein, aber: "Soo! muss Sprache bitte auf keinen Fall"! Und trotzdem besteht sicher auch Konsens, dass wir heute nicht mehr so sprechen/schreiben wollen, wie zu Zeiten des Minnegesangs.
Daher: Was ist das richtige Entwicklungstempo für eine Sprache?
Wahrscheinlich genug Stoff für eine Dissertation...
Bestimmt.
Ich denke auch an die Studenten, denen politisch korrektes Gendern seit Jahren aufgedrückt ist, wenn sie ihre wissenschaftlichen Arbeiten verfassen. Ohne sich dem Reglement zu unterwerfen, wird die Arbeit als "Nicht genügend" oder gar nicht beurteilt.
Sich dem wachsenden Druck zu entziehen, ist schwierig - insbesondere wenn man noch im Hamsterrad der Arbeit steckt, wie SJL richtigerweise anmerkt.
Klar, Sprache verändert sich, und das ist auch gut so! Es ist aber ein Unterschied, ob sich ein Sprachgebrauch quasi entwickelt, oder ob er von sogenannten Sprach- und Genderexperten aufgedrückt und mit Nachdruck gefordert wird. Und außerdem macht es ja schon einen Unterschied, ob sich diese Entwicklung im Rahmen einer les- und sprechbaren Sprache vollzieht, oder ob man Satzzeichen mitten in Worte hinein schreibt.
Ich kann mich durchaus noch erinnern, dass unverheiratete Frauen mit "Fräulein" angeredet wurden, und Schwarze (darf man das überhaupt noch sagen?) als Neger bezeichnet wurden. Beides ist längst von der Bildfläche verschwunden, da hat eine Entwicklung der Sprache stattgefunden. Ehrlich gesagt ist mir aber nicht mehr präsent, wie das damals vonstatten ging. Gab es da auch eine Sparchpolizei, oder hat sich das eher von unten nach oben entwickelt?
Ich glaube, eine Dissertation reicht da nicht - und die Linguistik beschäftigt sich sicher damit. Aber es gibt auch aktuelle und für den Normalbürger lesbare Bücher von Wissenschaftlern dazu, z.B. von Prof. Lobin - Sprachkampf.
Nach dieser Kurzbesprechung (
https://www.gespraechswert.de/sprachkamp...chkampf-gendern) enthält das Buch viele interessante Aussagen zur Sprachentwicklung, z.B.
- lässt sich das gegnerische Maskulinum historisch nur schwer nachweisen,
- wird die Debatte um und v.a. gegen das Gendern häufig nicht sachlich, sondern emotionalisiert und vergiftet geführt (Stichwort: Sprachpolizei oder Genderwahn)
Ich selber war anfangs auch skeptisch bis ablehnend zum Gendern in offiziellen Texten. Mittlerweile bin ich in meiner Sprachverwendung aber sensibler geworden und achte auf Formulierungen, die beide Geschlechter ansprechen. Je nach Umfeld, gibt es da verschiedene Möglichkeiten - mal gelingt es sprachlich schön, mal misslingt es. Try& error halt.
Die Entwicklung der Sprache ist m.E. nicht aufzuhalten. Wie das "Problem" des Genderns "gelöst" wird, wird sich zeigen. Ich denke aber, dass die zunehmende Differenzierung/Individualisierung fortschreiten wird und die ablehnende Haltung nicht "gewinnen" wird. Ich denke daher, dass es zielführender ist, selbst ein sprachliches Vorbild zu geben bzw. es zumindest zu versuchen. D.h. zu versuchen, eine schöne Sprache zu wählen, in der beide Geschlechter sichtbar werden (wenn denn beide angesprochen werden sollen). Zugegeben, das ist nicht immer einfach, aber nach dem etwaigen Überwinden innerer Widerstände und zunehmender Übung kann kann das in vielen Situationen gelingen. Mit etwas Glück findet die eigene schöne Lösung Nachahmer und beeinflusst den Sprachgebrauch.
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