Bitte geben Sie einen Grund für die Verwarnung an
Der Grund erscheint unter dem Beitrag.Bei einer weiteren Verwarnung wird das Mitglied automatisch gesperrt.
Heizen?
Zitat von Soli Deo gloria im Beitrag #14
Wir hatten längere Zeit im warmen Herbst bis zu 78% Relative Feuchte und Schimmelentstehung an Orgel, kalten Ecken und Altar.
Das ist leider der Unterschied zwischen Relativer und Absoluter Feuchte. Gerade bei hohen Temperaturen im Sommer und in den Übergangszeiten ist die Absolute Feuchte meist so hoch, dass sie sich an den relativ kalten Bauteilen - z.B. auf Grund hoher Wanddicken und -massen - niederschlägt.
Eine grobe(!) Regel lautet, so lange nicht Lüften bis die Aussentemperatur ein paar Grad unter der Oberflächentemperatur der kältesten Stellen im Raum liegt; genauso wie bei feuchten Kellern; von Ostern bis Allerheiligen bleiben die Fenster zu und in sternklaren (trockenen) kalten Winter-Nächten auf Durchzug Lüften. Die Alten wussten das; vielleicht haben die Orgeln deshalb so lange ohne Schimmel auskommen dürfen.
Das führt im Winter in der Kirche schnell zu einer zu niedrigen Luftfeuchte, die das Holz der PO austrocknet. Also im Kirchenraum eher nicht Lüften, es sei denn es ist noch zu viel Feuchtigkeit aus dem Sommer drin.
Selbstverständlich sollte man bei Schnee und Regen trotzdem währen des Gottesdienstes lüften, da die Besucher sehr viel Wasser in den Raum bringen.
Ist die relative Luftfeuchtigkeit ohne Heizen schon niedrig, wird es mit Erhöhen der Temperatur nur noch niedriger, was dazu führt, dass das Holz auch arbeitet.
Eine besondere Problematik ist der Wind. Wird dieser aus einem anderen Raum als dem Aufstellungsraum genommen, führt dies unweigerlich zu Kondenswasser in den Kanälen, Windladen und dem Pfeifenwerk. Dabei ist es egal, ob dies Luft für den Wind aus einem kälteren oder einem wärmeren Raum kommt. Der einzige Unterschied ist, ob die Pfeifen, etc. innen oder außen beschlagen.
Wird der Wind aus dem Aufstellungsraum entnommen und durch eine außenliegende, kältere Balgkammer geführt, so wird er entfeuchtet. Dann findet sich das Kondensat in den Bälgen wieder.
Es gibt ausreichend viele Mikroorganismen, so auch Schimmel, denen bereits 70% Relative Feuchte genügt, um gut zu gedeihen. Daher sollte an allen Teilen der Orgel nicht mehr als 60% rel.Feuchte sehen. Als Minimum gibt es schwankende Zahlen. Unter 40% würde ich nicht gehen, um das Holz nicht zu brüchig werden zu lassen.
Die am meisten gefährdeten Stellen der Orgel sind die Teile, die unmittelbar an massiven Mauern angelehnt oder angebracht sind, da diese am längsten im Sommer brauchen um sich zu erwärmen.
Eine Orgel in einer Krypta sollte aus bauphysikalischer Sicht immer frei im Raum stehen.
Wer sich den Zusammenhang Temperatur-Feuchte näher anschauen will, dem empfehle ich das Mollier-h-s-Diagramm für Feuchte Luft Hx-Dia_Prinzip_1.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
{Quelle: Wikipedia.org}
oder fragt mich.
Liebe Grüße,
Wolfgang
#17 RE: Heizen?
Ja, Wolfgang.
doch wie ich in #2 schrieb sind diese physikalischen Zusammenhänge nach meiner Erfahrung fast nicht zu vermitteln: Es fällt vielen Menschen schwer, zu glauben, dass kalte Luft - selbst wenn sie neblig ist - wenig Feuchtigkeit speichern kann (wofür der Nebel ja gerade ein Zeichen ist) und damit den Raum (bei der von dir beschriebenen Differenz) trocknen kann.
Küster wollen oft, wenn nicht (mehr) geheizt wird, gerade keine kalte Luft reinlassen.
Lieber wird dann alles aufgerissen, wenn es mittags schön warm ist - und genau dann wird Feuchtigkeit eingeleitet, die dann beim Abkühlen die RELATIVE Luftfeuchtigkeit erhöht und - wie in Kellern - an kalten Stellen kondensieren kann.
Deshalb rege ich in den o.g. Gremien an, automatische Lüftungssysteme mit Taupunktsteuerung zu installieren, die nur zu den physikalisch richtigen Zeiten den Luftaustausch anstoßen.
Dabei reichen in vielen Kirchen (wie von Raphael Knoop oben zu Recht bemängelt) die meist spärlich vorhandenen Lüftungsmöglichkeiten oft nicht aus. Es müssen gegenläufige Lüfter zum wirksamen Luftaustausch installiert werden.
Da hast du leider vollkommen Recht!
Selbst bei Neubauten ist eine Taupunkt-gesteuerte Kellerlüftung, obwohl in der entsprechenden DIN empfohlen absolut unüblich.
Diese wäre als aktive Lüftung wohl in den meisten Aufstellräumen nachzurüsten, weil keine Lüftungsanlage vorhanden ist . Das scheitert vermutlich oft an den Investitionskosten, auch wenn diese gegenüber den Sanierungskosten für die PO eher sehr klein wären.
Unpopuläres Wissen nützt leider häufig nichts...
Liebe Grüße,
Wolfgang
#20 RE: Heizen?
Zitat von Brabanter im Beitrag #18
Unpopuläres Wissen nützt leider häufig nichts...
Naja, die Thermodynamik ist schon selbst ein bisschen Schuld, dass sie unpopulär ist. Immerhin ist die hauptberuflich damit beschäftigt, dem Universum das Leben schwer zu machen. Und wenn man sie dann mal absichtlich benutzen will, sorgt sie dafür, dass man noch draufzahlen muss (2. Hauptsatz) -- fair ist das alles nicht ;)
Näher am Thema muss ich an die beliebte Technik denken, Wäsche im Waschkeller zu trocknen: Alle Fenster und Türen zu, damit es nicht kalt wird; und dann schön die Heizung aufgedreht.
Immer wieder erstaunlich, dass der feuchte Keller draussen wasserdicht ausgeführt ist.
Ein wenig rühmliches Beispiel für den umgekehrten Wassertransportweg ist das früher übliche "Trockenwohnen" von Häusern. Nach dem Aufbringen von Putz und Estrich wurden die neuen Häuser über den Winter zu "geringen" Mieten an verarmte Familien vergeben, die mit ihrer Körperwärme und bei geöffneten Fenstern, das beim Abbinden freiwerdende Wasser herauswohnen durften.
Danach erfolgte dann der weitere Innenausbau und der Einzug des Bauherren...
Gesundheitlich kaum auf Dauer zu überleben!
Zum Glück gibt es das heute nur noch bei klammen Bauträgern und dafür mit Heizung.
Liebe Grüße, Wolfgang
#22 RE: Heizen?
Lieber Clemens,
vielen Dank für den Hinweis.
Die allgemeine Broschüre des BDO zum Heizen finde ich persönlich nicht so geeignet; ich vermute, der Fachmann weiß was gemeint ist, ein unbedarfter Leser könnte falsche Schlüsse ziehen und es schmeckt ein wenig nach Marketing; auf jeden Fall sind die möglichen Schäden gut dargestellt.
Dagegen aus meiner Sicht auch für nicht-HKL-Versierte gut gelungen ist das Merkblatt "Nicht Heizen - 2022".
Eine praktische Möglichkeit zum Erhöhen der Luftfeuchtigkeit (im Winter!) ist z.B. das nasse Wischen des Fußbodens mit möglichst heißem Wasser. Und ja, selbstverständlich schlägt es sich erst einmal an den kalten Außenwänden nieder, macht da hässliche Staubschlieren und wandert von dort wieder in die Luft. Das wäre z.B. eine Möglichkeit, wenn die rel LF unter 40% sinkt.
Liebe Grüße,
Wolfgang
#24 RE: Heizen?
Sicher kann man alles besser machen .... Bevor überhaupt keine Infos im Kirchenvorstand, geistl. HERRLICHKEIT, KiMu, ... vorhanden sind, ist das sicher ein guter Anfang, um ggfs. mit der weiteren Beratung (OSV, Orgelbauer, ....) zu starten, bevor großer Schaden angerichtet wird ;-).
#25 RE: Heizen?
Liebe Forianer,
ich möchte nochmal etwas zum Thema Heizen sagen (aus aktuellem Anlass):
Die Richtlinie des Bistums (Bistum Trier) soll in unserer neuen Pfarrei umgesetzt werden.
Darin heißt es, dass die Grundtemperatur auf max. 6 Grad eingestellt werden soll. Gleichzeitig darf die Luftfeuchte nicht die 70% überschreiten.
Was denkt ihr? Ich lese regelmäßig die Temp. und Luftfeuchte an der Orgel ab, und man kommt bei 6-7 Grad nicht unter 70% Luftfeuchte. Nur mit Lüften bei der Witterung (bedeckt, keine Sonne und Regenwetter/Nebel) kann man das nicht schaffen.
Ich frage mich, ob das Bistum überhaupt weiß, was sie da beschließen. Der Schimmel lässt Grüßen und sprießt!
Grüße,
Christian
https://www.kleinanzeigen.de/s-bestandsl...userId=37442635
https://www.vinted.de/member/44275921-engine1984
#26 RE: Heizen?
Mit einer automatischen Taupunktsteuerung ist das in vielen Fällen und zu den meisten Zeiten durchaus zu schaffen:
https://www.taupunkt-lueftung.de/unsere-...irchenlueftung/
Was bei uns nicht geklappt hat, ist eine aufwändige und sehr teure Kopplung unzureichender Lüftung mit Heizungssteuerung.
Probleme:
- Vor allem auch bei schwülem Wetter im Sommer ist die Relative Feuchte wochenlang über 80% angestiegen. Weil die Lüftungsquerströmung in den kühleren Nächten viel zu gering war, sollte dauernd - bei hoher Außentemperatur! - die Heizung anspringen. Im Hochsommer wohlgemerkt. Das haben die Verantwortlichen wegen der Brennstoffkosten unterbunden. Aber der Schimmel an Orgel und Altar ist gewachsen.
- Im Winterhalbjahr ist bei ausreichendem Querstrom durch die Kirche zu den richtigen Zeiten (Taupunktsteuerung: Gebläselüftung vor allem in den kühlen Nächten) die Einhaltung der Feuchtegrenze kein großes Problem. Hat man diese langen Zeiten alle überbrückt, dann kann man schon an schwülen Tagen eine Weile eine höhere Relative Feuchte akzeptieren - solange man in kühleren Zeiten nachts die Relative Feuchte etwas drücken kann. (Das ist in unsern Häusern bei schwülem Wetter dann auch nicht anders)
Was man dabei immer verstehen muss: je kälter die Luft, desto weniger Wasser kann sie aufnehmen. Kalte Luft ist also relativ trocken.
(Auch wenn es Nebelschwaden draußen gibt. Diese Tröpfchen sind ja gerade ein deutlicher Ausdruck, dass die Luft die Feuchtigkeit NICHT aufnehmen kann. Verwirrend für viele )
Die automatische Lüftungssteuerung kann nicht funktionieren, wenn die absolute Feuchte draußen höher als drinnen ist, auch wenn der Text suggeriert, die Steuerung würde alle Probleme lösen.
Wenn dann die relative Feuchte drinnen über den 70% - besser zur Schimmelvermeidung wären 60 % an der kältesten Stelle - liegt, hilft nur noch Entfeuchten.
Das bedeutet einen energetischen Aufwand.
Zusätzlich spielt die Luftqualität noch eine wichtige Rolle. Ideal ist es einen Grenzwert von 1.000 ppm CO2 im Aufenthaltsbereich einzuhalten.
Alles darüber vermindert entsprechend die geistige Leistungsfähigkeit und Aufmerksamkeit.
Das kann man nur durch frische Luft einhalten, die dann ggf. eine hohe absolute Feuchtigkeit mitführt.
Wenn keine Entfeuchtung betrieben werden soll und die Heizung nichts verbrauchen soll, hilft es nur, den Schimmel und andere Feuchtigkeitsschäden an der Substanz zu akzeptieren...
Eine automatische Lüftungssteuerung funktioniert auch, wenn die absolute Feuchte draußen höher ist, als drinnen. Sie hält dann ggfs. einfach die Lüftungsöffnungen geschlossen - und das unterscheidet diese Steuerung vom Lüftungsverhalten vieler Menschen, die dann vielleicht doch die Fenster/Türen öffnen, und den Raum schlußendlich mit noch mehr Feuchtigkeit "füllen".
In kritischen Situationen ist eine professionelle Luftentfeuchtung ein gutes Mittel der Wahl - wenn auch diese dosiert, klug geregelt, oder eben mit Verstand eingesetzt wird.
Ein wichtiger Faktor für die Bildung von Schimmel ist übrigens auch "stehende Luft". Sorgt man in einer Orgel z. B. für eine natürlich oder künstliche Durchlüftung kritischer Stellen, verringert man signifikant die Bildung von Schimmel - q.e.d.
Und noch eine Beobachtung aus meiner beruflichen Tätigkeit: Die meisten mir bekannten ungeheizten Kirchen haben wenig bis gar keine Probleme mit Schimmelbefall. Und wenn doch, dann gibt's in diesen Kirchen häufig ein grundsätzliches Problem mit Feuchtigkeit, die z.B. über die Wände aufsteigt, oder die befallenen Stellen sind halt schlecht durchlüftet.
Dagegen finde ich in fast allen(!) Kirchen mit stark schwankender Raumtemperatur sehr, sehr häufig Schimmelbefall in der Orgel oder in anderen kritischen Bereichen . . .
Und zu den Empfehlungen aus Trier:
Das ist in seiner Gesamtheit nicht so schlecht, was da auf dieser Homepage einschließlich "Lüftungs-App" zu finden ist. Und es zeigt, das diese Thematik halt eher komplex ist, und sich Handlungsempfehlungen nicht zwingend auf wenige Worte reduzieren lassen . . .
Mit herzlichem Gruß
Flauten
[quote=Flauten|p79610]Eine automatische Lüftungssteuerung funktioniert auch, wenn die absolute Feuchte draußen höher ist, als drinnen. Sie hält dann ggfs. einfach die Lüftungsöffnungen geschlossen - und das unterscheidet diese Steuerung vom Lüftungsverhalten vieler Menschen, die dann vielleicht doch die Fenster/Türen öffnen, und den Raum schlußendlich mit noch mehr Feuchtigkeit "füllen".[quote=Flauten|p79610]
Was ich meinte, ist die Tatsache, dass eine zu hohe Luftfeuchtigkeit im Innenraum bei einer höheren absoluten Feuchte aussen weder durch Lüften noch durch Nicht-Lüften reduzierbar ist. Das kommt aus meiner Sicht im Werbe-Text nicht so richtig rüber.
Und der Schimmelspore ist es dann egal, woher sie die Luftfeuchtigkeit bekommt.
Dann ist es z.B. durch Heizen möglich, die Relative Luftfeuchtigkeit auf unter 60% zu bringen. Es sei denn, es würde eine Entfeuchtungsanlage installiert, die die gesamte Raumluft in Bewegung hält und behandelt, wenn du das mit "professionell" meinst.
Diese dürfte sowohl von den Investitions- als auch von den Betriebskosten her an vielen Stellen schwierig umzusetzen sein.
Ob diese wegen der zu bewegenden Luftmengen dann tatsächlich energetisch günstiger ist als die Beheizung an bestimmten Tagen zu erhöhen wäre dann sicherlich im Einzelfall zu prüfen.
Und ich bin völlig bei dir, dass idealerweise sich die Luft gerade an Wänden bewegen sollte. Daher finden sich in Wohnungen häufig ganze Schimmelwiesen hinter den dicht an der Wand stehenden "Schrankwänden".
Die Luftbewegung sorgt in der Hauptsache für einen besseren Temperaturausgleich, da sonst in den Kälte"nestern" am ehesten der Taupunkt unterschritten wird.
In der aktuellen ars organi ist mir eine Anzeige aufgefallen. Es gibt ein Angebot der Fa. Weiblein für diejenigen, die weiterhin mechanisch die Lüftung steuern müssen; das
Lüftungs-Thermo-Hygrometer.
Das Gerät ist mit einem Funkempfänger für die Außenwerte versehen und gibt Hinweise zur Lüftung. Leider zeigt es die Luftfeuchte relativ an, was dann nicht so leicht in der Auswertung ist. Auf der anderen Seite bietet es direkt Unterstützung zur Lüftungsentscheidung an.
Das gleiche Teil gibt es auch direkt bei tfa-dostmann.
Bei einem Preis unter 25 € ist es selbstverständlich kein Hoch-Präzisions-Messgerät, aus meiner Sicht jedoch ein einfaches Hilfsmittel um die Entscheidung Lüften oder nicht, oder auch etwas mehr Heizen deutlich erleichtert.
Der Außenfühler gehört aus meiner Sicht in eine ständig beschattete Ecke, am ehesten auf der Nordseite des Gebäudes.
Liebe Grüße
Wolfgang
#30 RE: Heizen?
Im Bereich unseres Kirchenbauvereins haben wir 2 Anlagen:
1) Kirchenlüftung mit Taupunktsteuerung: 2000 Euro (s.o.)
2) Automatische Öffnung der zu kleinen Kirchenfenster+ Heizungssteuerung: 16 000 Euro.
1) funktioniert. Relative Feuchte im Durchschnitt: minus 9%
2) funktioniert nicht.
Im Sommer abgeschaltet wegen Heizölverbrauch 'bei schwülen 30 Grad'.
Hohe laufende Betriebskosten.
Heizungsklappe nach außen so laut nachts, dass Nachbarn den Rückbau fordern.
Erstaunlich flatterhafte Umschaltungen und Heizungs-Ein-Aus.
(In 5 Stunden ca. 5 mal. Überprüfung der Firma: sei korrekt.)
Jetzt anmelden!
Jetzt registrieren!