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Wie spiele ich Steffens, Tunder, Buxtehude usw.
#16 RE: Wie spiele ich Steffens, Tunder, Buxtehude usw.
Interessanter Faden!
Zitat von Axel im Beitrag #6
4. Ein Problem der letzten Jahre ist die Erfindung der "tabulaturkonformen" Notation. Hier haben wir bei Achtel- und Sechzehntelgruppen keine Balken mehr, sondern nur noch einzelne Noten mit Fähnchen. Sehr unübersichtlich. Beckmanns Behauptung: Hieraus sei eine "Mikroartikulation" abzuleiten. Quellen dafür? Fehlanzeige.
Diese Notation klingt in der Tat sehr unübersichtlich. Ist das jetzt eine Beckmann'sche Erfindung oder eine generelle Tendenz bei Neuerscheinungen?
Es ist zwar natürlich richtig, dass die Gruppierungen durch Balken schon Interpretationshinweise geben, die in den Tabulaturen nicht drinstecken. Aber ich habe als Nebenamtler ohne Wettbewerbsambitionen keinerlei Skrupel, auf Überlegungen anderer aufzubauen anstatt immer selber im Urschleim mit der Interpretation anzufangen (das gilt auch für die stilkritischen Eingriffe von Beckmann). Es muss mir doch nur bewusst sein, dass ich, wenn mir bestimmte Details am Notentext nicht gefallen, durchaus Änderungen vornehmen kann, die durch die Quelle(n) ebenso gedeckt sein können. Und es muss einen kritischen Bericht geben, wo ich tiefer in die Quellenlage eindringen kann.
Es gab in "organ" mal eine Artikelserie von Wolfram Syré, der Änderungsvorschläge z.B. zu Buxtehude-Werken gemacht hat aufgrund u.a. stilkritischer Betrachtungen. Ich habe keine Ahnung, wie das unter Experten gesehen wird, aber ich lasse mich da gerne inspirieren von solchen Überlegungen.
#17 RE: Wie spiele ich Steffens, Tunder, Buxtehude usw.
Mein Gott, tabulaturkonforme Notation! . Dann kann man gleich mit Tabulatur anfangen. Und C-Schlüssel außerhalb der Partituren wiederbeleben. Es ist erstaunlich, wie häufig und gerne man einen Schritt zurück macht. Neubauten als Stilkopien, immer wieder sehr engstirnige historische Aufführungspraxis. Es ist nicht schlecht, die Quellen zu kennen. Wenn man diese aber verlässlich hat, was allerdings eher selten der Fall ist. Und Interpretationsquellen aus der damaligen Zeit werden noch weniger verlässlich. Da die Musik aber nicht von historischen Quellen, sondern von der Seele des musizierenden lebt, darf man nicht allzu sehr auf Interpretationsanweisungen stürzen, egal von wem diese auch kommen. Historisch korrekt aber seelenlos dabei bleibt es immer unmusikalisch. Und wenn jemand mir die Art der Interpretation aufdrängen will werde ich diese Art schon gleich unsympathisch finden.
#18 RE: Wie spiele ich Steffens, Tunder, Buxtehude usw.
Zitat von Axel im Beitrag #13
Wenn man bei einem versierten Lehrer mehrere Stücke eines Stilbereichs spielt, bekommt man ein Gefühl dafür, was bei diesem Lehrer im Fokus steht. Nichtsdestotrotz kann dann ein Kurs bei jemand anderen die Ohren in eine ganz andere Richtung öffnen.
Unbedingt! Meine C-Prüfung ist halt schon über 20 Jahre her und ich habe im Unterricht damals relativ viel Buxtehude etc. gespielt, weil die norddeutschen Sachen gut auf meine Unterrichts- und Übeorgel passten. Meine Lehrerin hatte erst ein paar Jahre vorher das Studium in Greifswald abgeschlossen und war daher vermutlich auf dem damals aktuellen Stand.
An sich würde ich gerne mal an themenspezifischen Orgelliteraturkursen teilnehmen, konnte aber nie entsprechende Angebote, die sich nicht ausschließlich an Hauptamtler oder Hochschulangehörige richteten, finden. Vielleicht habt ihr ja einen Tipp?
#19 RE: Wie spiele ich Steffens, Tunder, Buxtehude usw.
Zitat von trompetendulzian im Beitrag #12
@Dorforganist Du bist dann wohl auch im Ruhrgebiet ansässig?
@trompetendulzian Damals ja, aber schon viele Jahre nicht mehr…
#20 RE: Wie spiele ich Steffens, Tunder, Buxtehude usw.
Zitat von Dorforganist im Beitrag #19Zitat von trompetendulzian im Beitrag #12
@Dorforganist Du bist dann wohl auch im Ruhrgebiet ansässig?
@trompetendulzian Damals ja, aber schon viele Jahre nicht mehr…
Ach schade, ich hatte gehofft, mein lokales Organistennetzwerk ausbauen zu können - als Vertretungsorganist kenne ich kaum andere Organisten, weil die ja nicht da sind, wenn ich spiele
Zitat von 2nd_astronaut im Beitrag #16
Es ist zwar natürlich richtig, dass die Gruppierungen durch Balken schon Interpretationshinweise geben, die in den Tabulaturen nicht drinstecken.
Ist das wirklich so? Ich würde es nicht als sicher annehmen. Bei Frescobaldi findet man einen interessanten Mix: teilweise 16-tel mit einzelnen Fähnchen, teilweise deutlich längere Balken, als man das heute bei den üblichen 4er-Gruppen kennt. Sagt das etwas über die Artikulation? Das steht nirgendwo. Mein Cembaloprof. hätte immer gesagt, das sieht doch anders aus, obwohl man es gleich machen könnte. Also spielen wir anders. Die alte Musik Fraktion geht da teilweise von einer unterschwelligen Botschaft an den Spieler aus. Eine Tabulatur ist nu nochmals eine ganz andere Schreibweise...Ich halte das ehrlich gesagt für schwierig, bei der Übertragung in moderne Notenschrift eine "Botschaft" retten zu wollen, von der man nicht wirklich weiß, ob sie existiert.
Zitat von trompetendulzian im Beitrag #18
An sich würde ich gerne mal an themenspezifischen Orgelliteraturkursen teilnehmen, konnte aber nie entsprechende Angebote, die sich nicht ausschließlich an Hauptamtler oder Hochschulangehörige richteten, finden. Vielleicht habt ihr ja einen Tipp?
Einfach anmelden. Die GdO hat ja immer den Kurs für nicht hauptberufliche Organisten, da habe ich allerdings ein gespaltenes Verhältnis zu (war aber auch nur 1x dort). Ansonsten fragt doch da keiner nach, ob du studiert hast. Anfang März gibt es z.B. L. Berben in Averbode.
#23 RE: Wie spiele ich Steffens, Tunder, Buxtehude usw.
Zitat von Gelernter Laie im Beitrag #17
Mein Gott, tabulaturkonforme Notation! . Dann kann man gleich mit Tabulatur anfangen. Und C-Schlüssel außerhalb der Partituren wiederbeleben. Es ist erstaunlich, wie häufig und gerne man einen Schritt zurück macht. Neubauten als Stilkopien, immer wieder sehr engstirnige historische Aufführungspraxis.
Es ist nur bedingt ein Schritt zurück. Man hatte sich lange Zeit kaum noch mit historischen Quellen befasst und es hat sich, sehr vereinfacht gesagt, eine Interpretationspraxis immer weiter entwickelt, die sich wohl immer weiter vom "Original" entfernt hat. Ob man das nun künstlerisch für sich als stimmig oder nicht empfand ist ein ganz anderes Thema, aber man kann wohl annehmen, dass bspw. die Instruktiven Straube-Ausgaben der Werke alter Meister (bei aller interpratatorischen Gekonntheit) nur noch wenig mit der ursprünglichen Intention gemein hatten. Dann im 20. Jahrhundert zu beginnen wieder nach der Aufführungspraxis gewisser Epochen und Regionen zu forschen ist dann ja durchaus etwas neues gewesen und führte zu revolutionären Klangbildern. Ist es wirklich als Rückschritt zu bezeichnen, wenn versucht wird sich der ursprünglichen klanglichen Idee einer Komposition zu nähern? Es ist eher ein Ansatz unter vielen würde ich meinen.
Auch im Instrumentenbau kann man kaum leugnen, dass bspw. die Prätorius-Orgel von 1921 im Umfeld des spätromantischen Orgelbaus durchaus ein für damalige Ohren revolutionäres Klangbild erzeugte (so weit diese Orgel natürlich von einer echten frühbarocken Orgel auch entfernt war). Im Kontext der zeit aber war das eher kein Rückschritt.
Zitat von Gelernter Laie im Beitrag #17
Es ist nicht schlecht, die Quellen zu kennen. Wenn man diese aber verlässlich hat, was allerdings eher selten der Fall ist. Und Interpretationsquellen aus der damaligen Zeit werden noch weniger verlässlich.
Nun es gibt teils durchaus Mittel auf die Verlässlichkeit von Quellen zuschließen. Im Idealfall hat man ja sogar einen Autographen und auf was soll man sich bei der Textedition bitte schön beziehen, wenn nicht auf die Quellen die man eben hat? Und warum sollten Interpretationsquellen grundsätzlich so wenig verlässlich sein? Da kommt es doch sehr auf örtliche und zeitliche Provenienz an, wie man diese oder jene Quelle einzuordnen hat und auch da gibt es verschiedene Ideen, wie man sich solchen Quellen inhaltlich nähern kann.
Zitat von Gelernter Laie im Beitrag #17
Da die Musik aber nicht von historischen Quellen, sondern von der Seele des musizierenden lebt, darf man nicht allzu sehr auf Interpretationsanweisungen stürzen, egal von wem diese auch kommen. Historisch korrekt aber seelenlos dabei bleibt es immer unmusikalisch.
Ich bin ja selbst nur bedingt Vertreter des historisch informierten Ansatzes aber muss sagen: Das Heranziehen von Quellen an sich spricht aus meiner Sicht weder für noch gegen eine überzeugende Interpretation. Die Idee sich einem historischen Klangideal nähern zu wollen ist ein Ansatz unter vielen.
Wir haben ja die Freiheit heutzutage historisch informiert zu spielen, oder aus einer eher aus dem 19. Jahrhundert gewachsenen Tradition heraus oder auch ganz avantgardistisch mit den Werken umzugehen usw. Es hängt gerade als Organist auch manchmal einfach am Instrument, welches wir zur Verfügung haben, wie man vorgeht.
Ich finde, dass es beim professionellen Musizieren einfach wichtig ist, dass man sich bewusst ist, was man tut und warum man es tut. Und selbst wenn es einfach der Ansatz ist "Mir gefällt es halt so" kann auch das der Weg sein, aber man sollte sein eigenes Tun einordnen können.
Zitat von Gelernter Laie im Beitrag #17
Und wenn jemand mir die Art der Interpretation aufdrängen will werde ich diese Art schon gleich unsympathisch finden.
Will das denn jemand? Es gab eine Zeit, da wurde der aufkeimende historisierende Ansatz bekämpft, dann wurde er gefühlt zum Dogma. Heute würde ich sagen, dass wir soweit sind zu akzeptieren, dass verschiedenste für sich überzeugende Interpretationsansätze nebeneinander existieren können.
Lieber MagisterPerotin,
ich verwende oft und auch vielseitig den Satz:
"Wer den Knigge beherrscht, darf sich danebenbenehmen."
In unserem Falle sollten so viel wie halt möglich die diesbezüglichen Quellen jeglicher Art (auch mit ihren professionellen Kommentaren) studiert und daraus die mehr oder weniger eigene Interpretation entwickelt werden. Danach zeigt sich dann, inwieweit das Ergebnis eine allgemeine Anerkennung erfährt oder durch subjektive Raffinessen hie und da auch noch eine gewisse Beachtung bekommt oder gar Ablehnung erfährt.
Alles hat seine Berechtigung. Allein der Interpret sollte es mit seinem musikalischen "Gewissen" vereinbaren können. Er selbst wird ja dafür gelobt oder eben nicht. Den pädagogischen Faktor für Spieler und Zuhörer will und muss ich hier außer Acht lassen.
Wenn ich schon den Herrn von Knigge bemühe, dann auch Fontane:
"...ein weites Feld!"
Orgelditi
Zitat von MagisterPerotin im Beitrag #23
Heute würde ich sagen, dass wir soweit sind zu akzeptieren, dass verschiedenste für sich überzeugende Interpretationsansätze nebeneinander existieren können.
The brief video introduction to a Fugue State Film titled Bach and Expression seconds Magister Perotin's thought: https://www.youtube.com/watch?v=Q4jTDSCz3lc
It does makes some sense nearly a century after the historical approach's "battle" to be understood/accepted.
#27 RE: Wie spiele ich Steffens, Tunder, Buxtehude usw.
Zitat von Axel im Beitrag #22
Einfach anmelden. Die GdO hat ja immer den Kurs für nicht hauptberufliche Organisten, da habe ich allerdings ein gespaltenes Verhältnis zu (war aber auch nur 1x dort). Ansonsten fragt doch da keiner nach, ob du studiert hast. Anfang März gibt es z.B. L. Berben in Averbode.
Danke für die Tipps! Ich muss wohl doch noch Niederländisch lernen . Tatsächlich hatte ich schon beim Organeum Weener (bisher kein Programm für 2024), Orgelakadamie Stade (Ausrichtung vor allem auf Organistennachwuchs bzw. touristische Veranstaltungen, noch kein Programm für 2024) und Ganderkesee (derzeit noch die Ausschreibung von 2021 online) geschaut.
Das Michaeliskloster Hildesheim hat im Herbst in der Regel ein Angebot, das sich jedoch explizit an Hauptamtliche richtet - für Nebenamtler gibt's dort den jährlichen Improvisationskurs im Frühling.
Die GdO hatte ich gar nicht als Seminarveranstalter auf dem Schirm.
@trompetendulzian
Nach meiner Erfahrung gibt es bei so etwas keine Sprachprobleme. Ich erinnere mich an Romainmotier, wo Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch durcheinander unterrichtet wurde...man wusste immer, was gemeint war.
Ludger Lohmann unterrichtet Anfang März in Krefeld. Auch zu empfehlen.
Tatsächlich werden die Kursangebote gefühlt dünner. Vielleicht weil sie nicht angenommen werden.
Bei der GeDeNull war damals ein schwer verdauliches Alt-Herren-Clübchen, die stundenlang klug schwätzen konnten, aber wenn es daran ging, ein paar Töne zu spielen...au weia...Der damalige Dozent wusste nicht, was er sagen sollte und tat mir schon auch leid. Grundsätzlich halte ich das mit einem Kurs für Nebenamtler eigentlich für eine gute Idee, aber auf diesem Level ist es sinnlos.
#29 RE: Wie spiele ich Steffens, Tunder, Buxtehude usw.
@Axel Danke auch für diese Tipps und Einschätzungen!
#30 RE: Wie spiele ich Steffens, Tunder, Buxtehude usw.
Zitat von Axel im Beitrag #28
@trompetendulzian
Bei der GeDeNull war damals ein schwer verdauliches Alt-Herren-Clübchen, die stundenlang klug schwätzen konnten, aber wenn es daran ging, ein paar Töne zu spielen...au weia...Der damalige Dozent wusste nicht, was er sagen sollte und tat mir schon auch leid. Grundsätzlich halte ich das mit einem Kurs für Nebenamtler eigentlich für eine gute Idee, aber auf diesem Level ist es sinnlos.
Deine Erfahrungen mit der abschätzig titulierten GdO mögen so gewesen sein. Sie geben aber nicht die heutige Wirklichkeit wieder. Die Kurse für nebenamtlich tätige Organisten werden heutzutage von überwiegend jungen Leuten besucht.
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