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Stammteil-Orgelbuch zum Gotteslob
Zitat
Weiterführend könnte man auch fragen, ob man in der geschriebenen Sprache nicht vielleicht doch endlich Rechtschreibung samt Grammatik aufgeben sollte. Solange man den Sinn versteht, ist doch alles gut. Oder nicht?
Nein, eher nicht. Wenn eine Komposition so wie sie gemacht ist gut klingt und trotzdem eine Quintparallele aufweist, sehe ich das Problem nicht. Deine Haltung erinnert mich an den unsäglichen Satz "Das haben wir schon immer so gemacht!". Wenn Tradition aber zu einer leeren Hülse wird, muss es erlaubt sein, sie zu hinterfragen und von ihr abzuweichen.
Zitat
Weil die Frequenzen zweier Töne, die eine Quinte voneinander entfernt sind, im sehr einfachen Verhältnis von 2 zu 3 zueinander stehen, klingt es, wenn zwei Stimmen in Quinten parallel laufen, nicht wie zwei selbstständige Stimmen sondern wie eine Stimme, die durch einen zusätzlichen Ton verstärkt wird.
Das gilt sicher für rein gestimmte Quinten. Heute gebräuchliche gleichstufige Stimmungen weisen bei der Quinte aber eine leichte Schwebung auf (im Gegensatz zum 2 2/3-Fuß. Außerdem hat diese Regel eigentlich nur dann Inhalt, wenn Polyphonie eine Rolle spielt. Bei harmonieorienten Sätzen ist es meinem Gefühl nach nicht wichtig, wie viele Stimmen herauszuhören sind, solange das harmonische Gesamtgebilde passt.
Ich kann mich immer noch nicht des Eindrucks erwehren, dass das strenge Festhalten am Verbot von Quintparallelen tatsächlich ein überkommenes Steckenpferd aus alten Tagen ist.
Zitat
Gerne würde ich eine typische Stelle sehen, wo Quintparallelen zu einem bestechenden Ergebnis führen, das ohne sie nicht erreicht worden wäre.
Das ist zwar nicht das GL, aber trotzdem werden hier gezielt mit Quintparallelen harmonische Effekte erzeugt: https://www.youtube.com/watch?v=ACSUk1aR...s33-lY&index=10
Zitat von Machthorn
Deine Haltung erinnert mich an den unsäglichen Satz "Das haben wir schon immer so gemacht!". Wenn Tradition aber zu einer leeren Hülse wird, muss es erlaubt sein, sie zu hinterfragen und von ihr abzuweichen.
Alles kann hinterfragt werden, d’accord! Weil du meine Analogie zwar zitierst, aber mit deiner Antwort dann kein bisschen auf sie eingehst, frage ich nochmals: Würdest du auch die Rechtschreibung bzw. die Grammatik als „überkommenes Steckenpferd aus alten Tagen“ brandmarken?
Zitat von Machthorn
Das gilt sicher für rein gestimmte Quinten. Heute gebräuchliche gleichstufige Stimmungen weisen bei der Quinte aber eine leichte Schwebung auf
Als ob historische Stimmungen ausschließlich reine Quinten enthielten... [grin] Je weiter man sich innerhalb einer ungleichschwebenden Temperatur vom tonalen Zentrum wegzirkelt, desto näher kommt man dem gefürchteten Orgelwolf.
Zitat von Machthorn
Das ist zwar nicht das GL, aber trotzdem werden hier gezielt mit Quintparallelen harmonische Effekte erzeugt: https://www.youtube.com/watch?v=ACSUk1aR...s33-lY&index=10
Zur Erhellung unserer Frage ist das verlinkte Video ungeeignet, weil darin gerade keine Liedbegleitung, sondern eine Improvisationsmethode demonstriert wird.
Zitat
Alles kann hinterfragt werden, d’accord! Weil du meine Analogie zwar zitierst, aber mit deiner Antwort dann kein bisschen auf sie eingehst, frage ich nochmals: Würdest du auch die Rechtschreibung bzw. die Grammatik als „überkommenes Steckenpferd aus alten Tagen“ brandmarken?
Wenn man mir heute sagen würde, ich solle so sprechen und schreiben wie vor 300 Jahren, dann ja. Aber genau das ist ja eben nicht der Fall, die Rechtschreibung wurde immer wieder zeitgemäß überarbeitet. Folglich hinkt schon deine Analogie, sie ist keine. Darüber hinaus sprechen wir bei Musik über Kunst. Wenn sich Komponist und Zuhörer über den Wohlklang des Kunstwerkes einig sind, was hat dann der Verstoß gegen eine Regel noch zu sagen? Darauf konnte ich bislang keine Antowrt bekommen.
Zitat
Als ob historische Stimmungen ausschließlich reine Quinten enthielten... [grin] Je weiter man sich innerhalb einer ungleichschwebenden Temperatur vom tonalen Zentrum wegzirkelt, desto näher kommt man dem gefürchteten Orgelwolf.
Korrekt. Wäre (neben der Bildung von Residualtönen bei reinen Quinten) ein weiterer Grund, bei alten Stimmungen auf Quintverschiebungen zu verzichten. Und ein weiteres Argument, was bei gleichstufiger Stimmung nicht mehr zählt.
Zitat
Zur Erhellung unserer Frage ist das verlinkte Video ungeeignet, weil darin gerade keine Liedbegleitung, sondern eine Improvisationsmethode demonstriert wird.
Stimmt. Aber es ist ein Beispiel, dass Quintparallelen inzwischen durchaus salonfähig sind. Warum sollte für die Liedbegleitung eine kompositorische Grundregel noch zwingend Bestand haben, wenn sie für andere Bereiche schon langen icht mehr gilt?
Also nochmal: Welche unerwünschte Eigenschaft der Quintparallele hat heute noch so viel Gewicht, dass sie aus klanglichen Gründen in jedem Fall und ohne erlaubte Ausnahme bei der Liedbegleitung verboten sein muss? Das ist die Frage, auf die ich gerne eine Antwort hätte. Wenn es keine gibt, erhärtet das meine These vom Steckenpferd...
Zitat von Gemshorn
Das schreiben sie auch im Vorwort zum Orgelbuch. Gerne würde ich eine typische Stelle sehen, wo Quintparallelen zu einem bestechenden Ergebnis führen, das ohne sie nicht erreicht worden wäre.
Die Frage lässt sich aber auch andersrum stellen, wer bemerkt denn die fehlerhaften Quintparallelen überhaupt, außer vielleicht dem Kirchenmusiker?
Auf Machthorns Anfrage habe ich einstweilen keine weiterführenden Antworten; mein Unbehagen („Steckenpferd&ldquo bleibt...
Zum Thema „Wer bemerkt es?“ kann ich nur sagen: Vorsicht! Bemerkt wird mancherorts fast gar nichts, nicht einmal wenn der Organist jedes Lied nach dem Schema I-IV-V begleitet.
Ganz unabhängig von der Frage, warum Quint- und Oktavparallelen nicht "klingen" und man sie deshalb im Satz vermeiden sollte, muss man sich doch auch klarmachen, aus welcher Zeit das zu harmonisierende Lied stammt. Wenn ich ein Lied wie "Wer nur den lieben Gott lässt walten" harmonisiere, dann greife ich in die barocke Werkzeugkiste. Jazzakkorde oder Begleitung im Modus à la Messiaen würden dem Lied überhaupt nicht gerecht werden (abgesehen davon, dass es nicht klingen würde). Ein Großteil der Lieder ist eben einige hundert Jahre alt und entsprechend sollte man sie auch begleiten.
Im Orgelbuch zum Eigenteil Paderborn gibt es auch ein paar Sätze, wo man genau dagegen verstoßen hat. Ein Lied von Silcher (von dem es genug Beispiele gibt, wie seine Sätze aussehen...) wurde hier ausgesetzt wie ein Lied aus den 1930er Jahren Dagegen:
Wenn ich ein Lied aus der Romatik habe, z.B. "Der Mond ist aufgegangen", dann kann ich tief in die romantische Trickkiste hineingreifen. Aber weder in der Romantik noch im Barock findet man Oktav- und Quintparallelen über mehrere Takte hinweg.
Zeichnet sich ein Organisten, der sein Handwerk beherrscht nicht dadurch aus, dass er ein barockes Lied auch im barocken Stil und ein romatisches Lied im romantischen Stil harmonisieren kann, zumindest auf dem Blatt? Bei einem NGL käme schließlich auch niemand auf die Idee, es im Kantitionalsatz auszusetzen...
Hallo,
Zitat von GemshornZitat von Bombarde32
Bei einem NGL käme schließlich auch niemand auf die Idee, es im Kantitionalsatz auszusetzen...
Doch, siehe altes GL-Orgelbuch "Solang es Menschen gibt auf Erden"...
das Melodie wurde 1958 geschrieben. Das ist bald 60 Jahre her, wie lange bleibt ein Lied denn ein NGL?
Im Nord-GL gibt es eine Reihe von Lieder, die bei Kirchentagen oder Jugenkreuzwegen der letzten Jahrzehnte so guten Anklang gefunden haben, das sie zum regelmäßig gesungenen Liedgut etwa von Hauskreisen eingegangen sind. Diese haben bisweilen rhythmisch vertrackte Stellen, wobei ich schon so etwas meine wie die letzten beiden Zeilen dieses Liedes hier. Das Lied ist neu im Nord-Anhang und funkionierte auf Anhieb gut, aber rhythmisch haben sich die Leute das halt über die Jahre "zurechtgesungen" (mich eingeschlossen). Zu diesem Lied gibt es einen ordentlichen Satz im Orgelbuch, aber ich spiele solche Lieder oft so, dass ich im Pedal einfach stur den Grundton als Bass klopfe (Bum, Bum, Bum, Bum...), die Melodie spiele ich als Solo (Zunge, Kornettregistrierung) und in der linken Hand schlage ich die im GL angegeben Akkorde (das sind die hier). Dabei ergeben sich natürlich kistenweise Quintenparallelen, ich spiele das manchmal auch bewusst so (wie bei "Smoke on the Water".
Beste Grüße von der Waterkant
Cheistoph P.
Zitat
Wenn ich ein Lied wie "Wer nur den lieben Gott lässt walten" harmonisiere, dann greife ich in die barocke Werkzeugkiste. Jazzakkorde oder Begleitung im Modus à la Messiaen würden dem Lied überhaupt nicht gerecht werden (abgesehen davon, dass es nicht klingen würde).
Das würde ich nicht unbedingt so sehen. Ich persönlich finde Regers zur Liedbegleitung durchaus geeignete Choralsätze wunderschön. Und die sind nunmal eindeutig nicht barock, auch wenn das Lied oft barocker Herkunft ist.
Zitat von Machthorn
Ich persönlich finde Regers zur Liedbegleitung durchaus geeignete Choralsätze wunderschön. Und die sind nunmal eindeutig nicht barock, auch wenn das Lied oft barocker Herkunft ist.
Ich habe auch einen wunderschön klingenden romantischen Satz zu "Kommt her, ihr Kreaturen all" (Paderborner Eigenteil Nr. 806, siehe hier https://youtu.be/mXjIiWAQ_OY), auch wenn das Lied von 1687 ist. Natürlich gibt es die Ausnahmen, die die Regel bestätigen.
Aber um nochmal zu den Parallelen zurückzukommen: Ein Satz, der in einem offiziellen Orgelbuch veröffentlich wird, sollte meiner Meinung nach so geschrieben sein, dass er sowohl auf historischen, wie auch auf modernen Orgeln klingt. Beim Schreiben von Sätzen entsteht natürlich manchmal ein Haufen Arbeit, wenn man doch eine Parallele verbaut hat und manchmal kann man gleich mehrere Takte direkt neuschreiben, weil man sich sonst noch mehr Parallelen baut. Parallelen sind daher oftmals auch ein Zeichen, dass nicht gründlich gearbeitet wurde. Ein weiteres Beispiel für ungründliche Arbeit: Im Orgelbuch zum Paderborner Eigenteil findet sich auch ein Vorspiel (GL 790) mit einem Kontra-H (H'. Wer das auf seinem Orgelpedal findet, darf es gerne spielen. Ich jedenfalls habe es bisher auf keiner Orgel hier im Bistum gefunden.
Zitat von Gemshorn
Entstand das Kontra-H möglicherweise durch Transposition? Vielleicht lag das Lied dem Satzschreiber in einer höher gelegenen Tonart vor.
Wurde hier auch schon vermutet, im Vorgänger des alten Gotteslobes stand es in A-Dur, jetzt steht es in G-Dur. Hätte jemand sich aber die Mühe gemacht und die Sätze mal durchgespielt, so hätte auffallen müssen, dass hier etwas nicht stimmt.
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