Physis 2.0 Spekulatiusthread

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07.06.2022 18:16
#31 RE: RE:Physis 2.0 Spekulatiusthread
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Administrator

Das mit Uhl und Nachtigall ist wahr...
Die Bedürfnisse sind wirklich so unterschiedlich, dass sie die ganze Palette von links bis rechts abdecken.

Für mich ist eine Verbesserung der Klangqualität das oberste Kriterium, an dem ich Physis 2.0 messen möchte. Gleich danach aber kommt für mich schon die Erschließung sämtlicher intonatorischer Funktionen über das Orgelmenü. Wenn es einen Editor geben soll, dann aus dem Grund, dass mancher vielleicht lieber am PC arbeitet und von dort aus intoniert. Aus gewissen Gründen hege ich eben dagegen eine Abneigung.

Und auch wenn es schon etliche Male gesagt wurde, sage ich es nochmals: Wenn man sich vor dem Kunden fürchtet, weil er möglicherweise eine Orgel versauen könnte, ("Unsere Kunden gefährden unseren Ruf") sollte man vielleicht lieber andere Dinge produzieren. Eine wie auch immer geartete Bevormundung des Kunden lehne ich strikt ab.


Auf Orgelsuche.

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07.06.2022 18:57
avatar  Aeoline
#32 RE: RE:Physis 2.0 Spekulatiusthread
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Zitat von Gemshorn im Beitrag #31
...Und auch wenn es schon etliche Male gesagt wurde, sage ich es nochmals: Wenn man sich vor dem Kunden fürchtet, weil er möglicherweise eine Orgel versauen könnte, ("Unsere Kunden gefährden unseren Ruf") sollte man vielleicht lieber andere Dinge produzieren. Eine wie auch immer geartete Bevormundung des Kunden lehne ich strikt ab.

Das ist Dein gutes Recht - allein wird es Dir vermutlich nicht helfen.

Viscount hat auch bei Physis V1.0 den Kunden bevormundet! - ein paar Beispiele?

- es gibt einige Parameter mit denen man den Klang der Stimmen verändern kann. Viscount hat nicht alle freigegeben. Warum nicht? - weil sie es nicht konnten? - Nein. Weil sie es nicht wollten.

- man kann keine familienfremden Stimmen auf eine Wippe legen (es sei denn, man hat den Editor....). Viscount hat diese Möglichkeit im Bordmenu nicht freigegeben. Warum nicht? - weil sie es nicht konnten? - Nein. Weil sie es nicht wollten.

- die freigegebenen Parameter lassen sich zwischen -8 und +8 verändern. Viscount hat keine größere Bandbreite freigegeben. Warum nicht? - weil sie es nicht konnten? - Nein. Weil sie es nicht wollten.

- ich kann in meiner Orgel den Pitch zwischen 427,47hz und 452,89hz verändern (geht an den Concertos mehr?). Viscount hat nicht zugelassen, diese Grenzen zu überschreiten. Warum nicht? - weil sie es nicht konnten? - Nein. Weil sie es nicht wollten. (Anm.: Clemens hat mir an seiner Rodgers gezeigt, dass es andere Hersteller großzügiger meinen mit dem Kundeneingriff...)

Daher fürchte ich, dass auch bei Physis V2.0 dem Kunden ganz klare Grenzen aufgezeigt werden. Ich vermute dahinter den "Teekessel"-Aspekt - aber dieser Cookie in meiner Spekulatiustüte schmeckt offenbar kaum jemand - dennoch wiederhole ich ebenso erneut: In meiner Spekulatiustüte ist er drin und bleibt drin.

Ich erhoffe mir von Physis V2.0:
- eine substantielle Verbesserung der Klangerzeugung. Gerne auch in Richtung "Hall" oder "Raumsimulation". Die Weiterentwicklung der Computertechnik in den letzten 10 Jahren wird man sicherlich nutzen.

- mehr und differenzierte Parameter bei der Klangerzeugung wird es sicher geben. Ich wünsche mir, dass dadurch auch mehr veränderbare Parameter dem Kunden freigeschaltet werden. Wie immer wird nicht alles freigeschaltet werden und nur in einer bestimmten Bandbreite...

- eine Lösung für das Problem mit der Anzeige der gewählten Registern bei mehr oder weniger völlig flexiblen Stimmenzuordnungen. Lösungsansätze hat Viscount dazu ja bereits mit der Hymmersive geliefert.

- ein stimmiges Bedienkonzept für die Stimmenauswahl/-zuordnung/-intonation einschl. einer drahtlosen Möglichkeit. Ob das BT oder WLAN oder ein proprietäres Funksystem wird, kann ich nicht beurteilen - bin kein Techniker. Auf jeden Fall sollte es möglich sein, bei einer Kircheninstallation irgendwo im Raum zu stehen und die Veränderung der Parameter in Echtzeit hören zu können.

- wird Physis V2.0 sich von den gesampelten Orchestrals verabschieden? - wird es per Physis erzeugte Orchestrals geben? - bitte nicht wieder den Sinn von Orchestrals in Frage stellen. Nur weil in D-A-CH außer dem Zimbelstern niemand Orchestrals "braucht" - schaut mal nach Asien oder über den großen Teich...

Alles in allem erwarte ich tatsächlich eine "Next-Generation-Organ"... - die trotzdem den Kunden nur das anpassen lässt, was man in Mondaino freigibt. So war es schon immer - auch bei anderen Herstellern.

VG
Aeoline


Organisten leiden oft an einer schlimmen Krankheit: Augentinnitus - Man(n) sieht nur noch Pfeifen...

Viscount Unico 400 DE [V1.14.19] (56/III/P) : ab 11.2012
Johannus Opus 520 (45/II/P) : 10.1987-11.2012
Siel HB 700 (9/II/P) : 1977-09.1987)

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07.06.2022 19:02
#33 RE: RE:Physis 2.0 Spekulatiusthread
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Moderator

Ja, mit der Orgel für die eigene Klause kann jeder machen was er will: sie lila anstreichen, sie intonieren wie ein asthmatisches Harmonium oder Steaks darauf grillen.
Bei einer Kircheninstallation sehe ich das anders. Wenn die Intonation abgeschlossen (und ggf. abgenommen) ist, muss sie gegen Veränderungen gesichert sein - auch durch die der Organisten. Insofern ist es sinnvoll, die für den Raum angemessene Intonation mit Passwort zu sichern. Beim Einschalten der Orgel muss sie sofort zur Verfügung stehen.
Nix dagegen, wenn ein Speicherplatz als "Spielwiese" für ambitionierte Intonateure offen zugänglich bleibt.
Ich habe in der Tat einige Alpträume live erlebt, in denen Leute eine Kirchenorgel befummelt haben, statt sich auf den Umgang mit den Tasten zu konzentrieren und zu beschränken.
Wenn ich eine sehr gute PO habe und intoniere sie "nach persönlichen Vorstellungen" um, dann gilt sie weiter als Werk desjenigen, dessen Name auf dem Firmenschild prangt. Eine "verschlimmbesserte" Intonation ist durchaus geeignet, den Ruf eines Orgelbauers zu schädigen.

LG
Michael


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07.06.2022 19:18
#34 RE: RE:Physis 2.0 Spekulatiusthread
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Administrator

Eine Firme, die mir als Kirchenkunden das Aufspielen neuer Intonationen untersagte bzw. Veränderungen an der bestehenden Intonation (an welcher?) sperrte, verlöre mich augenblicklich als Kunden an eine Firma, die dies nicht tut. Bei allem Verständnis, aber wenn ich etwas kaufe, werde ich Eigentümer - und nicht geduldeter Mieter. Selbstverständlich müssen solche Modalitäten vor dem Kauf im Detail mit dem Kunden besprochen und als Bestandteil des Kaufvertrags fixiert sein - nur dann ist gewährleistet, dass es nicht zu bösen Überraschungen kommt, die im übelsten Fall in einer juristischen Auseinandersetzung enden.

Wenn eine Firmenintonation mit irgendwelchen "Rechten" belegt wird, die mich als Kunden benachteiligen oder bevormunden, dann sage ich dazu ein klares "Danke, nein". Intonieren kann ja glücklicherweise nicht nur die eine oder andere Firma, wie uns im Schatzkästchen dieses Forums eindrücklich bewiesen wurde.

Hier ist für mich auch die Grenze der Analogie zum Pfeifenorgelbau erreicht.
Nicht mit Stimmhorn und Stimmkrücke umgehen zu können, bedeutet nicht, außerstande zu sein, die richtigen Tasten in einem Orgelmenü zu drücken. Und wenn eine Physisorgel, die in ausgezeichneter Weise zur Eigenintonation geeignet ist, an einen Kunden mit dem Hinweis "Eigenmächtige Intonation verboten" verkauft würde, wäre dies aus meiner Sicht ein Widerspruch in sich und - ich sagte es bereits - ein Grund, auf den Kauf zu verzichten.

So wie verschiedentlich der Einzelkunde vor Selbstüberschätzung gewarnt wird, so muss dies auch für Hersteller und Lieferanten gelten.


Auf Orgelsuche.

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07.06.2022 20:05
#35 RE: RE:Physis 2.0 Spekulatiusthread
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Zitat von Aeoline im Beitrag #32
Viscount hat auch bei Physis V1.0 den Kunden bevormundet! - ein paar Beispiele?
...
- man kann keine familienfremden Stimmen auf eine Wippe legen (es sei denn, man hat den Editor....). Viscount hat diese Möglichkeit im Bordmenu nicht freigegeben...

Das finde ich (selbst als Außenstehender) auch ziemlich einschränkend, eben weil man ja zB vielleicht auf eine 1'-Flöte verzichten mag, aber dafür nicht aufs Cromorne 8. Ich könnte mir vorstellen, dass ein Gedanke war, die Alternativlisten (die ja nur Zeile für Zeile durchscrollbar sind am Orgelmenü) nicht zu lang zu machen. Ein Problem, das sich erübrigen würde, wenn man das Display etwas größer machen und außerdem Bild auf/ab-Tasten dazu bauen würde. Jemand, der/die 10 bis 30 Riesen für eine digitale Orgel ausgibt, meint es sicher ernst genug, dass er/sie sich auch mit Bild auf/ab durch eine Liste mit 500 Einträgen scrollen würde, da kommt es auf die zehn Sekunden extra wirklich nicht an..

Zitat

- die freigegebenen Parameter lassen sich zwischen -8 und +8 verändern. Viscount hat keine größere Bandbreite freigegeben...

Da wäre es vielleicht wirklich schön, ein paar mehr Schritte zuzulassen. Die Modellfunktionen dahinter sind ziemlich sicher nichtlinear, und da bekommt man mit einem feineren Raster auch mehr Information hin..

Zitat

- ich kann in meiner Orgel den Pitch zwischen 427,47hz und 452,89hz verändern (geht an den Concertos mehr?)...

Da würde ich glaube ich instinktiv auch alles zwischen +/-100 cent zulassen, vielleicht sogar noch mehr. Die Bandbreite für den Kammerton ist ja nicht unendlich groß. Geht es da bei ungleichstufigen Temperaturen gut, wenn man zusätzlich den Transponierer benutzt? Ein mitteltöniges Instrument will man sicher nicht billig um einen halben Ton transponieren; da müsste schon die cent-Tabelle mitgenommen werden, oder es gibt Katzenmusik =^.^=

So langsam dürfte die Firma jetzt aber auch mal raus kommen mit der neuen Software, oder der Keksverbrauch geht wirklich durch die Decke ;) *knusper knusper*


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07.06.2022 20:14
#36 RE: RE:Physis 2.0 Spekulatiusthread
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Zitat von Choralbass im Beitrag #30
Oder noch konsequenter gedacht, Orgeln werden nur noch an Leute verkauft, die auch sicherstellen können, dass der Aufstellungsort der Orgel optimal ist. Oder der Kunde muss vorspielen, ob er auch fehlerfrei auf der Orgel spielen kann, ohne das Image des Orgelherstellers zu beeinträchtigen.

Lol, da würde ich eine Menge zukünftiger Kohle sparen können, denn dann hätte sich das Orgelthema für mich erledigt :D

Schön fände ich eine ähnliche Idee aber bei Gegenständen, die in den Straßenverkehr kommen. Wo der Kunde keinen Mercedes mehr bekommt, wenn er nicht zusichert, kein Flecktarnmuster drauf zu kleben und keine fette Bassrolle zu installieren. Oder wo er zeigen muss, dass er die Fahrt mit dem E-Roller tatsächlich nötig hat und dabei auch keine Schlangenlinien fahren braucht.
Naja, man hat halt Träume =)


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07.06.2022 20:17
#37 RE: RE:Physis 2.0 Spekulatiusthread
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Moderator

Was das Aufspielen zusätzlicher Intonationen angeht, völlig d'accord. Aber bei einem Instrument für den öffentlichen Gebrauch in Kirche oder Gemeindeaal muss es m.E. eine sorgfältig auf den Raum abgestimmte Intonation geben, die gegen Zugriff Dritter geschützt ist und jederzeit eingestellt, bzw. wiederhergestellt werden kann.
In der Tat ist es sinnvoll, die Modalitäten vertraglich festzulegen und ggf. individuell auszuhandeln. Das ist im PO-Bau auch üblich. Da erlischt z.B. die Herstellergarantie, wenn der Intonateur einer Fremdfirma ohne Einverständnis der Erbauerfirma zugezogen wird.
Ein erlebtes Beispiel: Meine erste Dienstorgel (Seifert 1966) wurde in den frühen 90ern von einer (kurz danach faillierten) Fremdfirma generalüberholt und dabei neu intoniert. Dabei wurden unter anderem die fein singenden Mixturen dieser Orgel aufgebohrt bis zum Anschlag. Das Ergebnis war ein fürchterlich greller, viel zu lauter Plenumklang, neben dem die noble Spanierin 8' wie ein Wesen aus einem fremden Galaxie stand.
Nach ein paar Jahren des Grauens wandte man sich an die Erbauerfirma, den status quo ante wiederherzustellen. Sie weigerte sich. Für mich völlig nachvollziehbar. Die Orgel ist bis heute ein abschreckendes Beispiel für eine Auftragsvergabe an einen "Billigheimer".
In der Sache und im Ergebnis ist es m.E. irrelevant, ob jemand dem Klang mit Kernstößel und Intonierlanze oder mit digitalen Intonationswerkzeugen zu Leibe rückt. Wer klingt, hat Recht.
Zweites erlebtes Beispiel, eine DO in einer Münchener Freikirche: Dort hatte der Organist eine damals sehr ordentliche Ahlborn mit externer Abstrahlung unter Verwendung der Fernbedienung ("interactive Programmer") seinen persönlichen (und seeehr speziellen) Vorlieben angepasst: Lautestes Register war seine Lieblingsflöte, alles in der Peripherie war zugedreht, so dass ein Klang herauskam, der an ein Harmonium erinnerte. Nur das Pedal war unbefummelt, der "Artist in Residence" spielte kein Pedal. Da ich seinerzeit (vor mehr als 20 Jahren) die Hochzeit einer meiner Mitarbeiterinnen beschallen sollte, blieben mir zwei Stunden Zeit, wieder was daraus zu machen, das nach "richtiger Orgel" klang ...
Ich habe der Gemeinde damals empfohlen, einen Intonateur von Ahlborn kommen zu lassen und nach Abschluß der Arbeiten die Fernbedienung in die Isar zu werfen ...

LG
Michael


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07.06.2022 20:56 (zuletzt bearbeitet: 07.06.2022 20:59)
#38 RE: RE:Physis 2.0 Spekulatiusthread
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1. Hätte die Concerto nicht dank Physis die Möglichkeiten, die sie hat, ich hätte sie mir nicht zugelegt, sondern eine Optimus oder wie auch immer. Ich war sogar bereit, auf ein drittes Manual zu verzichten, um den Editor innerhalb meines Budgets dabei zu haben und mir gleich alle damit gegebenen Möglichkeiten zu erschliessen. Sicher muss ich selbst mit dem Editor mit Einschränkungen leben, (die mir zum Teil überhaupt nicht gefallen), aber mit noch mehr Einschränkungen würde ich wahrscheinlich andere Wege gehen.

2. Die Orchesterstimmen sind nicht gerade wichtig. Es gibt brauchbare und preiswerte Tongeneratoren/Expander, mit denen man diese ganz nach eigenem Geschmack nachrüsten kann. Zum Beispiel das Kurzweil MicroPiano oder den Yamaha TG300. Es besteht keinerlei Notwendigkeit, diese Orchesterstimmen per Physis zu modellieren. Möchte ich meine Orgel zum Superklavier umstylen, dann besorge ich mir eben noch einen zweiten Kuzweil. Damit bin ich dann entweder 64stimmig polyphon oder ich habe auf jedem Manual ein anderes Klavier/Glockenspiel oder wie auch immer. Was will man denn vom Prinzip her mehr?

3. Abschliessbar muss die Gesamtintonation bei einem öffentlichen Instrument natürlich sein. Wo ist das Problem, diese durch ein Passwort zu sichern? Ausserdem gibt es ja Sticks, auf denen sich alles sichern lässt und dieser und das Passwort sollten nicht in falsche Hänge geraten.

4. Würde ich mir Physis 2.0 tatsächlich leisten können, dann würde ich mir eine deutlich mehr physikalisch orientierte Klangformung wünschen, Nicht mehr auf der Basis eines VCE-Samples, an dem anschliessend herumgerechnet wird, sondern auf der Basis der konkreten Bauform einer Pfeife aus einem konkreten Material, bei der ich die tatsächliche Mensurbreite eingeben kann/muss.

Liebe Grüsse, Mike


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07.06.2022 21:38
#39 RE: RE:Physis 2.0 Spekulatiusthread
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Zitat von Choralbass im Beitrag #38
...Würde ich mir Physis 2.0 tatsächlich leisten können, dann würde ich mir eine deutlich mehr physikalisch orientierte Klangformung wünschen, Nicht mehr auf der Basis eines VCE-Samples, an dem anschliessend herumgerechnet wird, sondern auf der Basis der konkreten Bauform einer Pfeife aus einem konkreten Material, bei der ich die tatsächliche Mensurbreite eingeben kann/muss.

Das wäre in der Tat das non plus ultra, aber ich stelle es mir praktisch unmöglich vor. Da müsste man die ganze Pfeife ja mit FEM oder einer ähnlichen Methode simulieren, und es spielen so viele Randbedingungen mit. Wenn es Metall ist, entscheidet denke ich nicht nur die Legierung, sondern auch der Verlauf des Erstarrens, wie die Kornstruktur des Blechs aussieht, die Eigenschaften der Schweißnaht, etc. Und dann bei den makroskopischen Parametern die genaue Form, die Kernstiche, der Bart.. Bei Holz muss es noch komplizierter sein.
Also wenn Viscount tatsächlich intern auf einem Modell sitzt, das solche Eingabeparameter hat, dann hätten sie Star Treks Holodeck für Orgeln, d.h. sie könnten jede Pfeife modellieren, die sie wollen -- dann würden die druckfrischen Sonus-Orgeln aber anders klingen, denke ich. Eher kann ich mir vorstellen, dass für eine große Zahl an Parametern (plus auch einige Materialarten) der Einfluss auf das Spektrum untersucht und nachgebildet wurde; das geht denke ich phänomenologisch, ohne dass man die Lage jedes Atoms in der Pfeife kennen muss -- und klingt, wie man an verschiedenen Aufnahmen gehört hat, jetzt schon teilweise bestürzend gut!

Für die Zukunft lässt sich das vielleicht mit Machine Learning (Buzzwords, die mir dazu einfallen sind "Autoencoder", "Faltungsnetze" und "Generative Adversarial Networks") weiter verbessern. Das neuronale Netz hat dann auch diverse Stellschrauben zum Verändern, aber es lernt ebenfalls nur die Effekte (Wenn die Wand dünner wird, passiert xy mit dem Spektrum), ohne die ganze Physik dahinter zu kennen. So ein Netz zu trainieren, ist dann allerdings seehr aufwändig, und weil die Zwischenschicht (da, wo später dann die Parameter variiert werden) stochastisch beim Training entsteht, ist nicht immer garantiert, dass jeder Zwischenwert auch was Plausibles in der Realität abbildet. Ich wäre nicht überrascht, wenn da noch was in der Richtung käme; aber ich glaube nicht, dass das momentan schon geht. Vielleicht in 10 oder 25 Jahren?


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07.06.2022 21:58
#40 RE: RE:Physis 2.0 Spekulatiusthread
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Zitat
Und dann bei den makroskopischen Parametern die genaue Form, die Kernstiche, der Bart.. Bei Holz muss es noch komplizierter sein.


Deswegen eben als Annäherung und nicht als 100%ige Simulation. Man könnte zum Beispiel den Menurverlauf zwischen zwei Werten interpolieren und anschliessend die Werte pro Taste entweder per Zahl eingeben oder grafisch den Kurververlaufswert korrigieren. Ich habe einige Bücher mit solchen Zahlenwerten, man kann aber auch nach Gehör vorgehen und an den Werten solange herumpfriemeln, bis sie stimmig sind (oder bis sie gefallen).

Der Hall bleibt ohnehin aussen vor. Idealerweise benutzt man die Akkustik, welche der Raum von sich aus mitbringt. Hilfreich ist da eine externe Abstrahlung mit möglichst vielen Kanälen. Eine Hallsimulation benötigt man eigentlich nur für Räume, welche keine geeignete Akkustik mitbringen und noch ganz anders, falls man ohnehin per Kopfhörer spielt. Jedenfalls gibt es keinen zwingenden Grund, warum Klagformung der Register und Hallberechnung auf die gleichen Methoden zurückgreifen müssen. Das solte man getrennt behandeln.

Liebe Grüsse, Mike


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07.06.2022 23:12
avatar  Viola da Gamba ( gelöscht )
#41 RE: RE:Physis 2.0 Spekulatiusthread
Vi
Viola da Gamba ( gelöscht )

Für mich ist klar. Ich werde kein 2.0 Kunde. Ich habe mir für meine Überaum eine hervorragende externe Abstrahlung angeschafft und nutze an meinem Instrument zusätzlich HW. Wenn ich irgendwann mal zu viel Zeit habe, werde ich meine 355 CC gescheit auf die Abstrahlung einstellen. So groß kann der Erdrutsch gar nicht sein, das 2.0 alles in den Schatten stellt.

Viola da Gamba


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07.06.2022 23:17
avatar  Viola da Gamba ( gelöscht )
#42 RE: RE:Physis 2.0 Spekulatiusthread
Vi
Viola da Gamba ( gelöscht )

Wenn 2.0 so ein Edelprodukt werden soll, muss sich das auch erst einmal beweisen.
Soll es die riesen Spielwiese für Klangbastler werden? Wer es super authentisch haben will, wird wohl eher Hauptwerkler.

Viola da Gamba


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08.06.2022 11:34
#43 RE: RE:Physis 2.0 Spekulatiusthread
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Administrator

Ich habe gar nichts gegen die von Wichernkantor angemahnte eine geschützte Intonation für den speziellen Raum, in dem die Orgel steht.
Den Ruf von Hersteller und Händler vermag die aber auch nicht zu schützen. Wenn ich standardmäßig nur auf meiner selbstgestrickten Pfuschintonation ("singender Teekessel") spiele, ist das weiterhin "rufschädigend" für Hersteller und Händler.

Im Übrigen sei in Erinnerung gebracht, dass es derzeit 4 Userplätze gibt, die "auf die Schnelle" abgerufen werden können, aber beinahe unendlich viele, die ich im internen Memory der Orgel ablegen und von dort mit wenigen Handgriffen emporholen kann.

Am "sichersten" wäre, wenn Physisorgeln erst gar nicht verkauft würden.


Auf Orgelsuche.

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08.06.2022 12:22
#44 RE: RE:Physis 2.0 Spekulatiusthread
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Administrator

Zitat von Viola da Gamba im Beitrag #42
Wer es super authentisch haben will, wird wohl eher Hauptwerkler.

In diesem Leben nicht mehr.


Auf Orgelsuche.

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08.06.2022 15:05
avatar  geris
#45 RE: RE:Physis 2.0 Spekulatiusthread
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Oh, oh! Ich sehe in der Ferne, die losgetretene Lawine schon Fahrt aufnehmen.


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