Orgelklang - technisch und philosophisch

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24.10.2022 16:03 (zuletzt bearbeitet: 24.10.2022 16:10)
avatar  SJL
#46 RE:Orgelklang - technisch und philosophisch
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SJL

Wobei es mir gar nicht darum ging, dass mir die Grundeinstellungen "geschmacklich" nicht gefallen, sondern ich finde sie klingen einfach nicht "echt" genug (und dazu scheint es hier ja weitestgehend Konsens zu geben). Und das kann doch niemandem nützen, egal, welcher regionalen Geschmacklichkeit ich mich zugehörig fühle. Es wäre also etwas anderes, wenn mir die Orgel nur "zu italienisch/holländisch/amerikanisch..." o.ä. klingen würde, das wäre dann eine Geschmackssache. Aber "zu elektronisch" ist einfach keine Option...


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24.10.2022 16:54 (zuletzt bearbeitet: 24.10.2022 16:58)
avatar  Michal ( gelöscht )
#47 RE:Orgelklang - technisch und philosophisch
Mi
Michal ( gelöscht )

Na ja, "zu elektronisch" - das kann ich nicht so sagen. Im Gegenteil, ich finde sie sehr "atmend", wenn man das so sagen kann, also variabel und dynamisch, also eigentlich eher das Gegenteil von elektronisch.
Aber das ist eben Geschmackssache.
Und das ist auch die Berechtigung, dass es weiterhin (hoffentlich noch lange) verschiedene Konzepte geben wird.

Ich selbst habe ja auch Hauptwerk und finde es wirklich toll. Es ist aber ganz anders irgendwie. Das stimmt schon.
Ich habe auch eine Cantorum und die gefällt mir allerdings klanglich gar nicht. Ist eben alles Geschmackssache. Bei mir auch stimmungsabhängig (also nicht die Stimmung vom Instrument sondern meine). Manchmal eiert mich der Pfeifenorgelklang überhaupt an und ich brauche eine verzerrte Rock-Hammond à la J.Lord um aufzuleben. Überhaupt könnte ich niemals, wie viele Musiker, immer nur einen Typ Instrument spielen, also nur Klavier oder nur Hammond (manchmal brauche ich sogar eine Wersi - OX7 - um mein Gemüt ähnlich einer 50er Jahre Schnulze aus dem Fernsehen aufzubügeln). Ich könnte niemals mit einem Klang, und wenn er noch so ideal von meinem Trauminstrument wäre, auskommen. Langweilt mich einfach - früher oder später. So unterschiedlich sind die Leute.

Für mich ist Physis genau richtig, weil es mit mir mit reift. Ich verändere mich und meine Unico verändert sich nun seit 11 Jahren mit mir. Das ginge mit der Technologie des Cantorum nicht, auch wenn es noch so gut klingen würde.
Tja, alles hat eben Vor- und Nachteile, gell.
Aber ich bin weit entfernt davon über andere Technologien die Nase zu rümpfen. Vielleicht auch weil ich selbst viele verschiedene Technologien zuhause habe und weiß, dass es die, wie heißt das, eierlegende Wollmilchsau, oder so, nicht gibt und vermutlich nie geben wird.

Dank Midi können wir aber auch von einer teuren Konsolen-Orgel andere Klangerzeuger steuern. Leider kann man von einer Sampling-Orgel bisher nur den alten und veralteten CM-100 als Alternative zum Sampling in Sachen Pfeifenorgel ansteuern weil es das aktuelle Physis als Expander nicht gibt. Das finde ich schade. Von einer Physis-Orgel hingegen kann man etliche Samling (uii, ich glaube ich habe gestern und heute genug geschrieben und sollte jetzt aufhören- "Samling", glaub es nicht!)-Expander und auch Hauptwerk ansteuern und somit das Modeling problemlos ums SAMLING ergänzen. Vielleicht auch eine Betrachtungsweise.


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24.10.2022 17:35 (zuletzt bearbeitet: 24.10.2022 17:35)
avatar  SJL
#48 RE:Orgelklang - technisch und philosophisch
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SJL

Bitte beachten, dass ich keineswegs über eine andere Technologie die Nase gerümpft habe. Ich sagte nur, dass die hier eingangs als dem Sampling deutlich überlegen dargestellte Physis-Technologie im Werkszustand offensichtlich spürbar unter ihren Möglichkeit bleibt. Ich glaube, dazu ist man sich hier relativ einig. Und das ist nach meiner Wahrnehmung eben nicht nur eine Frage einer anderen Stilistik, sondern auch eine der "wahrgenommenen Authentizität". Siehe u.a. der von Paolo verlinkte Demobeitrag.


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24.10.2022 18:34
#49 RE:Orgelklang - technisch und philosophisch
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Zitat von Gemshorn im Beitrag #30
Der Laie staunt beim Lesen...

Habe ich richtig verstanden, dass es unhörbar hohe Frequenzen einen sehr wohl hörbaren Effekt auf den Klang, wie er vom Menschen aufgenommen wird, haben können?


Man könnte etwas Bonmot-artig sagen: Ja, solang man nicht in Italien Orgeln baut. (dazu später)

Ein kleines Rechenspiel dazu:
Angenommen wir haben einen modernen Spieltisch mit einer Tastatur bis c''''. Es ist ein 1'-Prinzipal besetzt. Dann kratzt - wenn wir 8'-c'' mit rund 520 Hz annehmen, der höchste Ton dieses Registers mit 16.640 an der physiologischen Hörschwelle.
Was ist aber nun der Klang einer Orgelpfeife ohne Obertöne? Ein Ton.
Gehen wir verkürzend davon aus, dass der Klang einer Orgelpfeife sich -ohne die Vorläufertöne - aus den ersten 8 Teiltönen zusammensetzt. Der 8. Teilton hat dann bei der benannten Pfeife bereits 133.1 kHz.
Stimmt es, dass die ersten 8 Teiltöne den Klang des Registers prägen, dann würde bereits das c'''' des 8' mit dem 8. Teilton an der Hörbarkeitsgrenze kratzen. oder der 4. des 4', oder 2. des 2'.

Vielleicht stammt daher die Regel des italienischen PO-Baus, dass keine Pfeife kürzer als 1/8' ist und die Register dann repetieren, auch wenn sie keine Mixturen sind.

Auf der anderen Seite ist die physiologische Hörgrenze eben nicht gleichzeitig die akustische Wahrnehmungsgrenze. Ein Beispiel dafür ist, dass man Fledermäuse wahrnehmen kann, ohne sie zu sehen oder ihren Flügelschlag zu hören...
So ähnlich scheint es auch mit den klangbildenden Partialtönen oberhalb der Hör-grenze zu sein.

Liebe Grüße,
Wolfgang


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26.10.2022 11:03
#50 RE:Orgelklang - technisch und philosophisch
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Interessante Diskussion, die mich an alte Forumszeiten erinnert.

Sampling - was meint das eigentlich? Sind es wirklich "nur" Aufnahmen? Schon die Macher von Silver Octopus (Hauptwerk) erkannten, dass die im Originalraum abgespielte Aufnahme der Orgelregister nicht "original" klingt und man jede Menge an dem Sample herumschrauben muss. Dieter Schuster sagte nach meiner Erinnerung über die von ihm mit entwickelte Roland Classic einmal, dass diese Sampling und Modelling-Anteile enthielte.

Ich glaube, dass es außer vielleicht bei Hauptwerk überhaupt nicht "reines" Sampling gibt, sondern immer auch an den Daten herum-gemodelt wird.

Schon früher war unser Fazit solcher Diskussionen, dass es nicht um das eine Detail geht, sondern darum, dass die Komponenten - Raum, Hall, Lautsprecher, Verstärker, Klangerzeugung - optimal aufeinander abgestimmt sind. (Mein Ahlborn-Expander klang an einer Hymnus IV atemberaubend, an einer Opus 910 dagegen grenzwertig.)

Und dafür braucht man Menschen, die gute Informatiker sind, viel über Akustik wissen und dazu noch Pfeifenorgeln wirklich kennen und verschiedene Klangideale lieben müssen. (Und neu sollte man auch noch wissen, was sich die Menschen leisten können.)

Meine Meinung: Es fehlt vor allem an Menschen, die diese Eigenschaften in sich vereinen.


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26.10.2022 11:10 (zuletzt bearbeitet: 26.10.2022 11:11)
#51 RE:Orgelklang - technisch und philosophisch
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Hier noch zwei Videos zu "Sampling":

Direct Streaming in der Infinity mit einem einfachen Diapason-Chor (ohne kreischende Mixturen) und IMHO authentischen US-Sound :

Rodgers Infinity 367: Holy, holy, holy

Nobilis mit französischem Sound

Widor Toccata auf Nobilis


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26.10.2022 11:15
#52 RE:Orgelklang - technisch und philosophisch
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Administrator

Zitat von Laurie 3.0 im Beitrag #53
Dieter Schuster sagte nach meiner Erinnerung über die von ihm mit entwickelte Roland Classic einmal, dass diese Sampling und Modelling-Anteile enthielte.

Wie er das wirklich meinte, bleibt Gegenstadt der Spekulation.
Was ist "Modeling"? Ist nicht auch das Einsetzen eines Soundfilters bereits eine Art Modeling?


Auf Orgelsuche.

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26.10.2022 11:34
avatar  DigitalPipes ( gelöscht )
#53 RE:Orgelklang - technisch und philosophisch
Di
DigitalPipes ( gelöscht )

Zitat von Gemshorn im Beitrag #55

Was ist "Modeling"? Ist nicht auch das Einsetzen eines Soundfilters bereits eine Art Modeling?


https://www.colinpykett.org.uk/physmod.htm


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26.10.2022 11:59
avatar  Michal ( gelöscht )
#54 RE:Orgelklang - technisch und philosophisch
Mi
Michal ( gelöscht )

Zitat von Laurie 3.0 im Beitrag #54
Hier noch zwei Videos zu "Sampling":

Direct Streaming in der Infinity mit einem einfachen Diapason-Chor (ohne kreischende Mixturen) und IMHO authentischen US-Sound :

Rodgers Infinity 367: Holy, holy, holy

Nobilis mit französischem Sound

Widor Toccata auf Nobilis


Na, das zeigt doch, was mit Sampling und guten Instrumenten möglich ist. Mit sowas braucht man sich hinter Physis nicht verstecken! (Die Widor Toccata ist übrigens eines der Stücke, die ich ums Verrecken nicht hinbekomme - irgendwie funktionieren meine Finger bei einigen Toccatas, nicht aber bei Widor - keine Ahnung).

Überhaupt war ich von der Infinity derart überzeugt, dass ich die Infinity 361 beim Herrn Schuster damals tatsächlich kaufen wollte weil ich unbedingt die Oktav-Koppeln haben wollte und meine Unico 500 das nicht hatte und die 600 nicht in Deutschland erhältlich war (auch so eine schlechte Firmenpolitik der Viscount-Händler - wenn ich das, was ich will nicht bekomme, gehe ich halt einfach woanders hin).
Die Infinity war klanglich m. E. der Unico mind. ebenbürtig, wenn nicht überlegen.
Mehr "Rumms" also mehr Power hatte sie in jedem Fall.

Nun, Viscount hat sich dann ins Zeug gelegt und aus meiner Unico 500 mit voller Prozessoraufrüstung und neuer Custom-Firmware eine "kleine 600" gemacht. Das war OK so und viel, viel billiger als der Umstieg auf die teure Infinity. Ich bin zufrieden. Aber ganz ehrlich, mit der Sampling-Infinity wäre ich mind. genauso zufrieden gewesen!

-> Nein, die Frage ist nicht, ob Sampling oder Modeling besser ist (zum Unterschied weiter unten mehr), sondern, dass man die richtige Unterstützung bekommt, damit man das bekommt was man haben möchte.

Ohne fachkundige MENSCHEN geht es hier nicht. Und mit fachkundig meine ich hier nicht das Wissen in Bezug auf das Produkt (was ein Händler ja immer haben sollte), sondern das Wissen um das Drum herum und auch die Bereitschaft und die Flexibilität sich auf Kundenwünsche einzulassen!

Das Hatte Herr Schuster! Ich wollte meine Pipes behalten und er sagte "kein Problem" - wir bauen einfach andere Lautsprecher ein - in die Pipes!
Eine Orgel alleine nützt - zumindest in dieser Kategorie - gar nichts. Da braucht es eine Abstrahlung, die auf den Raum abgestimmt ist und ggf. noch eine digitale Optimierung der Abstrahlung. Sonst macht es schlicht und einfach keinen Sinn so viel Geld auszugeben.
Ein Händler, der eine so teure Orgel verkauft und sich nicht um die Peripherie und spezielle Kundenwünsche kümmern will - der soll doch zusperren, denn bei dem macht es keinen Sinn das Geld auszugeben!
Nun Thomann war nicht in der Lage mich zu Unterstützen weswegen sie von Anfang an Viscount ins Spiel brachten. Und die haben alles gemacht um mich bis zum heutigen Tag zufrieden zu machen.
Dieter Schuster hätte das auch gemacht und ich wäre ebenso zufrieden gewesen!!!

Es ist also definitiv eine Frage des Menschen, hier speziell des HÄNDLERS, dass man das bekommt, was man sich vorstellt. Es ist NICHT eine Frage der Klangerzeugung! Modeling oder Sampling - wirklich egal!

Modeling wird mal günstiger zu realisieren sein als Sampling. Deshalb ist das m. E. die Zukunft. Aber ganz ehrlich, wenn ich jetzt eine Orgel will und das haben will, was ich mir vorstelle, dann ist mir die Technik dahinter echt egal! Und das sage ich als technikaffiner Tüftler.
Fakt ist, dass meine Unico mit der auffrisierten Rechenpower und den neuen Koppeln bestimmt erheblich mächtiger und präziser klingt als die Standard-Unico 500. Die speziell auf meine Bedürfnisse und meinen Raum abgestimmte Abstrahlung hatte ich von Anfang an von Viscount geplant und realisiert bekommen.
Daher ist Viscount super und Rodgers wäre es genauso, wenn es noch Leute wie den Dieter Schuster gäbe!
Und das lässt sich auf jede Marke und jeden Hersteller übertragen!

Sampling/Modeling erklärt - im nächsten Post...


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26.10.2022 14:51
avatar  ( gelöscht )
#55 RE:Orgelklang - technisch und philosophisch
Gast
( gelöscht )

Zitat von Michal im Beitrag #57
Na, das zeigt doch, was mit Sampling und guten Instrumenten möglich ist. Mit sowas braucht man sich hinter Physis nicht verstecken!

Zitat von Michal im Beitrag #40
Formel 1-Technik ist für den normalen Autofahrer, der von A nach B fährt, eigentlich uninteressant, aber dennoch profitiert er davon bei den für die Serie übernommenen Erkenntnissen! Also bitte nicht spöttisch sein.


Ich möchte (sehr gerne etwas spöttisch) von einer ganz anderen Seite "schießen" - denn, den von Dir angesprochenen (errinnert mich sehr an trickle down*) Effekt mit Formel 1-Technik für normale** - (wer bitte soll das sein ? Organisten glaube ich eher nicht - aber unabhängig davon

ab einem gewissen Niveau sind Fragen von Lautsprechern, (Röhren)-Verstärkern, Kabel, bit und sampling-(wer kann sie er....)-Raten wirklich eher dem Bereich TeebeutelschwingenderEsotherik zuzuordnen
vom Geschmack mal ganz abgesehen

vor 25 Jahren habe ich darauf bestanden, dass der 1' im Oberwerk (in Marten) nicht repetiert - heute höre ich das natürlich gar nicht mehr

aber bei allem Verständnis für die Suche nach dem perfekten Klang (gab es da nicht mal ein Video zum westfälischen Orgeltag mit dem Thema?) meine Musik mach das höchstwahrscheinlich nicht besser (wenn ich Glück habe aber auch nicht viel schlechter)

vielleicht bin da zu wenig kompromisslos und zu pragmatisch - aber mir muss ein Instrument in erster Linie Spaß machen oder mich anderweitig inspirieren und nach Möglichkeit nicht komplett "behindern" (2 Manuale Kemper mechanisch gekoppelt mach in Dortmund Hörde echt wenig Spaß bei meiner schlechten Technik )
und dann kann (oder besser muss) ich gucken ob ich mir meine Wunschvorstellungen auch leisten kann
oder wie bei Frankfudde_Bub eine nachträgliche Änderung möglich und bezahlbar ist

egal mit welcher Technik (und ich weiß wovon ich rede) kann ich die Menschen sicherlich beeindrucken bis interessieren und bekomme damit einen wichtigen Vorschuss - aber wenn die Musik oder allgemeiner das Klangerlebnis dann schlecht ist nützt mir das beste Equipment und die 96.24 Kanal Aufnahmetechnik eher wenig - wie gesagt mir !!!

soweit ich weiß hat der Mensch im Tonstudio wesentlich mehr Anteil an dem Soundergebnis als die gesamte dazwischenliegende Technik - und da bin ich noch nicht einmal bei meinem Lieblingsbegriff von akustischem Photoshop, was die ach so originalgetreuen Samplesets anbelangt (vielleicht höre ich aber inzwischen auch nur zu schlecht - ich spiele ja auch oft zu laut

LG oliver



* ich glaube nicht daran und bin damit (zumindest für Deutschland) wohl in guter wissenschaftlich fundierte Gesellschaft - das ist aber auch vollkommen egal - wer Spaß an Autorennen hat - hrmpft,
aber bitte nicht mit dem Wohltätigkeitsargument für die "breite Masse"

** der Ex-Kantor hier in Altena hat es fast als Beleidigung aufgefasst, als ich ihn zu einem Thema nach den Ansichten eines "normalen Menschen" gefragt habe


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26.10.2022 15:45 (zuletzt bearbeitet: 26.10.2022 15:54)
avatar  Michal ( gelöscht )
#56 RE:Orgelklang - technisch und philosophisch
Mi
Michal ( gelöscht )

Wenn wir heute über Sampling und Modeling sprechen fühlen wir uns ein bisschen als Pioniere einer neuen Zeit, die gute alte Handwerks-Instrumente wie die Orgel mittels modernster Elektronik und Computertechnik klein und bezahlbar machen soll und dabei irgendwie möglichst ein Abbild des Originals darstellen soll.
Dabei wird übersehen, dass elektromechanische, elektrische, elektronische und digitale Instrumente selbst eine Historie haben, die sie eigenständig und m. E. gleichberechtigt zu "physischen" Instrumenten macht. Der Anspruch lediglich ein Abbild, also eine elektronische oder digitale "Kopie" zu bekommen, genügt meiner Definition eines modernen digitalen Instruments nicht. Vielmehr möchte ich ein eigenständiges Instrument mit eigenem Charakter, das sich auch auf die Geschichte seiner selbst berufen darf.

Daher ist der Weg lediglich eine Kopie einer gewissen Orgel zuhause zu haben, aus meiner Sicht der falsche.

Hierzu etwas Geschichte (weiter unten) zu den Vorgängern der Gattung von Instrumenten, die wir nun als sogenannte "DO" oder "VPO" zuhause haben. Ohne diese gäbe es keine digitale Pfeifenorgel heute. Und im Prinzip sind unsere Orgeln nichts anderes als die Quintessenz der technischen Entwicklungen seit über 100 Jahren. Schon aus diesem Kontext zeigt sich, dass eine VPO (und somit Hauptwerk) meiner Meinung nicht der Weisheit letzter Schluss sein sollte. Ich möchte aber auch nicht die Physis-Orgeln als alleinige Instrumente mit eigenem Charakter und eigener Tonerzeugung voranstellen. Denn auch Sampling-Orgeln, wie sie in diesem Thread das Thema sind, haben einen eigenständigen Charakter. Weil sie eben nicht nur Tonschnipsel abspielen wie ein Mellotron, sondern, wie schon ganz richtig erkannt, die Samples mittels digitalem Soundprocessing und sogar anderen Synthese-Modellen, wie dem Physical Modeling, aufgearbeitet, aufgewertet, verbessert und angepasst werden. Erst alles zusammen ergibt ein Instrument, welches unseren Anforderungen genügen kann. Und dazu gehören all die Schritte, Neuerungen, Entwicklungen und Fehlschläge der Geschichte der elektronischen Instrumente.
Ich persönlich bin stolz darauf ein elektronisches Instrument zu haben, das einen Orgelklang erzeugen kann, der mir gefällt. Die Diskussion welche Technik nun die beste Kopie eines Originals liefern kann, finde ich absurd.

So, jetzt käme die Geschichte der elektronischen Instrumente angefangen beim Denis d’Or des mährischen Predigers Vaclav Prokop Diviš aus dem Jahr 1753. Aber wie ich festgestellt habe, habe ich nicht mehr alle Quellenangaben für die vielen unterschiedlichen Textschnipsel aus denen ich diese Zusammenstellung gefertigt habe. Ich hätte vielleicht die Veröffentlichung gewagt, auch wenn ich das nur für meinen eigenen Überblick vor längerer Zeit und eben ohne Quellenangaben geschrieben habe. Aber leider sprengt diese Zusammenstellung mit über 140 Tsd. Buchstaben und mehr als 22 Tsd. Wörtern (siehe Bild) das Format hier bei weitem.

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26.10.2022 15:54 (zuletzt bearbeitet: 26.10.2022 15:55)
#57 RE:Orgelklang - technisch und philosophisch
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Zitat von Michal im Beitrag #57

Es ist also definitiv eine Frage des Menschen, hier speziell des HÄNDLERS, dass man das bekommt, was man sich vorstellt. Es ist NICHT eine Frage der Klangerzeugung! Modeling oder Sampling - wirklich egal!
Und das lässt sich auf jede Marke und jeden Hersteller übertragen!




Genau so sehe ich das auch. Und auch dies spricht für eine kommende Veränderung in der Orgellandschaft, denn genau genommen könnten die Billigmodelle mit ein paar Klicks besser klingen und wären demnach schon alle Orgeln jenseits der Qualitätsschwelle, die die Masse der Kunden überhaupt noch relevant wahrnimmt. Wofür genau braucht man dann eigentlich noch Händler?


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26.10.2022 16:27 (zuletzt bearbeitet: 26.10.2022 16:29)
#58 RE:Orgelklang - technisch und philosophisch
cl

Zitat von Gemshorn im Beitrag #55
Zitat von Laurie 3.0 im Beitrag #53
Dieter Schuster sagte nach meiner Erinnerung über die von ihm mit entwickelte Roland Classic einmal, dass diese Sampling und Modelling-Anteile enthielte.

Wie er das wirklich meinte, bleibt Gegenstadt der Spekulation.
Was ist "Modeling"? Ist nicht auch das Einsetzen eines Soundfilters bereits eine Art Modeling?


Diese Äußerung Dieter Schusters ist KEINE Spekulation, denn er hat sie im Frühjahr 2019 vor einer kleinen Gruppe des Kölner Kirchenvorstandes explizit vergleichend Physical Modelling zu Sampling+Modelling erklärt. Leider habe ich die dabei von ihm aus der Hand angefertigten Skizzen nicht geben lassen.

Liebe Grüße vom Clemens

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26.10.2022 17:12 (zuletzt bearbeitet: 26.10.2022 17:18)
avatar  Michal ( gelöscht )
#59 RE:Orgelklang - technisch und philosophisch
Mi
Michal ( gelöscht )

Zitat
....aber bei allem Verständnis für die Suche nach dem perfekten Klang (gab es da nicht mal ein Video zum westfälischen Orgeltag mit dem Thema?) meine Musik mach das höchstwahrscheinlich nicht besser (wenn ich Glück habe aber auch nicht viel schlechter)

vielleicht bin da zu wenig kompromisslos und zu pragmatisch - aber mir muss ein Instrument in erster Linie Spaß machen oder mich anderweitig inspirieren und nach Möglichkeit nicht komplett "behindern" (2 Manuale Kemper mechanisch gekoppelt mach in Dortmund Hörde echt wenig Spaß bei meiner schlechten Technik )
und dann kann (oder besser muss) ich gucken ob ich mir meine Wunschvorstellungen auch leisten kann
oder wie bei Frankfudde_Bub eine nachträgliche Änderung möglich und bezahlbar ist....
LG oliver



Ja, aber bessere Technik macht manchmal auch ein besseres Ergebnis. Mir als nichtgelernten Orgelspieler helfen Koppeln beispielsweise sehr (z. B. in der 565-Toccata, da gibt es eine zweite Stelle- nicht am Anfang, weil der ist ja noch zu leicht -, wo man mit beiden Händen das Gleiche spielt, was mit einer Koppel auch mit einer Hand geht; Bach oder wer auch immer hatte eben keine Oktavkopplen und musst deswegen mehr arbeiten - früher musste man in Autos auch noch die Gänge schalten, was heute die Technik übernimmt, oder eben aus der Formel 1 heute auch im Normalauto eine Tiptronic macht).

Und ja das Bessere soll nicht "behindern". So z. B. meine Klaviaturen. Ich hätte mir bessere leisten können und viele hier finden die Plastik/Holzauflage-Fatars nicht gut, aber für mich sind sie genau richtig. Etwas Druckpunkt, aber nicht zu viel (weniger als be den reinen Viscount-Standard-Fatars) und eine Tonauslösung ziemlich in der Mitte, sowie eine Leichtgängigkeit mit der ich eben meinen Spielstil auch über Midi Expander (wie Hammond) ausleben kann. Ganz echte Tracker-Touch Klaviaturen würden mich "behindern", auch wenn sie natürlich viel besser sind. Ich finde Vielseitigkeit manchmal wichtiger als Originaltreue!

Und doch, Autorennen haben einen Nutzen für "normale Autofahrer". Nicht nur die Formel 1, sondern v. a. auch die Rallyes. Das dürfte unbestritten sein. Wenn auch alles was "Verbrenner" ist heute Teufelszeug zu sein scheint und für junge Generationen wohl gar keinen Nutzen mehr hat.

Zitat von clemens-cgn im Beitrag #61

Diese Äußerung Dieter Schusters ist KEINE Spekulation, denn er hat sie im Frühjahr 2019 vor einer kleinen Gruppe des Kölner Kirchenvorstandes explizit vergleichend Physical Modelling zu Sampling+Modelling erklärt. Leider habe ich die dabei von ihm aus der Hand angefertigten Skizzen nicht geben lassen.


Hab ich aus Gesprächen mit Herrn Schuster auch so in Erinnerung!


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26.10.2022 17:26 (zuletzt bearbeitet: 26.10.2022 17:27)
#60 RE:Orgelklang - technisch und philosophisch
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Danke Clemens und Michal für die Bestätigung. Hatte ich mich also korrekt erinnert.

Diese Roland-Maschine werkelte auch in den Rodgers, also auch in der legendären Infinity. Nun gibt es die Infinity neu mit einer "Direct Streaming"-Maschine...

Was heisst also "Sampling", wenn wir über die Direct Streaming Klangerzeugung reden, in einer Orgel namens "Unendlichkeit"...

Und wen es interessiert, der kann auf der Hersteller-Webseite ja mal nachsehen, was in der technische Spezifikation für die Ecclesia als Systemplattform angegeben wird.


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