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»Die Kirchenmusik ist im Ohrensessel eingeschlafen.«
Zitat von Gemshorn im Beitrag #30Das ist richtig und war in früheren Zeiten auch so. In den Familien wurde der Glaube gelebt und den Kindern weitergegeben, einschließlich des traditionellen Gottesdienstbesuches. Aber vielfach ist der "Faden" seit langem eben gerissen, der "Zug" ist bereits abgehängt. Die Eltern (inzwischen sogar Großeltern) haben vermehrt ein eher distanziertes Verhältnis zum Glauben und - aus verschiedensten Gründen - auch zur Institution Kirche. Es ist aber nichts verloren. Der Mensch ist von Natur aus ein spirituelles Wesen und hat eine Sehnsucht nach Transzendentem, in einer immer komplexer und kurzatmiger werdenden Welt mehr denn je, und er hat Bedarf nach Gemeinschaft, nach sozialen Kontakten. Die Musik, speziell die Kirchenmusik, kann genau dort ansetzen.
Auch junge Menschen kann man an die Gepflogenheiten des Gottesdienstes heranführen
#32 RE: »Die Kirchenmusik ist im Ohrensessel eingeschlafen.«
Hallo Biffaro,
wenn ich Deine Äußerungen (# 14) in der Konsequenz weiterdenke, dann ergibt sich zwangsläufig auf Dauer das vorkonziliare "Du sollst am Sonntag die Messe hören." Das gläubige Volk hat auf europäischem Boden immer gesungen - auf Wall- oder Pilgerfahrten notgedrungen sogar ohne instrumentale Hilfe. Das aktive "Singen" der Gemeinde a capella, mit Klavier, Orgel oder Band ... - ist stets aktiv vollzogene "participatio actuosa". Egal in welcher Konfession.
Eine Gemeinde, die nicht mehr singt, wird auf Dauer aufhören zu existieren, weil das gruppendynamische gemeinschaftstiftende Element des gleichförmigen Atmens (beim Singen) wegfällt.... den nur "Konsumchristen im Sinne von dem Gottesdienst lediglich beiwohnen (digital/präsenz), kann ich mir nicht vorstellen ... singen steckt ja bekanntlich auch an. Es setzt allerdings auch die Lust/Willen zum Hören auf die anderen zum Mitmachen voraus.
Eine der Ursachen, am Rückgang auch des Gemeindegesanges ist m.E. bereits in der Grundschule zu verorten. Zu meiner Grundschulzeit wurde in der ersten Stunde grundsätzlich ein Lied gesungen. Dann im jeweiligen konfessionellen Religionsunterricht und zusätzlich im Musikunterricht. Wenn sich erst in der Juvenescens heraus stellt, daß Ohren und Stimmorgane überhaupt nicht mehr zum Singen trainiert sind, ist die Problematik hausgemacht....
- Zit. aus der untergehenden Singbewegung im 3. Reich: "Wo man singt, da laß Dich ruhig nieder, böse Menschen haben einen Volksempfänger".
- Zit. "Singen ist die eigentliche Muttersprache des Menschen." (Sir Yehudi Menuhin)
Das war jetzt mein Senf
Hallo Clemens, danke für den "Senf", wie Du sagst , aber leider haben wir uns offenbar missverstanden. Ich bin natürlich nicht gegen das Singen der Gemeinde im Gottesdienst. Ich sehe lediglich, dass es - nochmal kurz gesagt - zu einem "Abriss" von Traditionsweitergabe gekommen ist, der dazu führt, dass das gottesdienstliche Angebot für immer mehr Menschen immer weniger ansprechend gerät und dass die Kirchenmusik da eine Chance hat, entgegenzuwirken - so sie es nicht verschläft (...mehr dazu in den Posts #21,27-29,31). In diesem Zusammenhang sehe ich insbesondere jedoch nicht, weshalb das gottesdienstliche Singen der Gemeinde im tradierten Verständnis als einzige unersetzbare Musizierform gelten solle, wie das in Post #5 konstatiert wurde. Ich störte mich da eben ein wenig an diesem erzkonservativen Absolutheitsanspruch. Wenn man seit über drei Jahrzehnten ehrenamtlich mit kirchlichen musikalischen Ensembles im Geschäft ist, erträgt man solche Aussagen halt nicht so einfach, denn wir strengen uns wirklich an, die jungen Leute zu "kriegen". Naja, vllt. war's ja auch nicht ganz so gemeint...
#34 RE: »Die Kirchenmusik ist im Ohrensessel eingeschlafen.«
Hallo Gemshorn,
gerade aus dem Urlaub zurück, sehe ich unter anderem deinen Post:
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Wenn ich an die durchschnittliche kirchenmusikalische Situation hierzulande denke, finde ich im Regelfall jemand am Orgelbock vor, der irgendwann ein bisschen Klavier gelernt hat und nun mit selbst dazu erlerntem Pedalspiel mehr schlecht als recht eine singende Gemeinde begleitet. Kurze, einfallslose Vorspiele, zumeist aus den ersten oder letzten vier Takten des Liedes gebildet - wenn man Glück hat! Ich habe schon A-Kirchenmusiker (!) erlebt, die keine Ahnung hatten, wie sie ein halbwegs brauchbares Liedvorspiel stricken sollen.
Ist die Messe dann ohne gröbere Unfälle über die Runden gebracht worden, will der rührige Organist bei einem kräftig aufregistriertem Postludium noch einmal so richtig zeigen, was die Orgel (nicht er!) kann. Die Mixturen dienen dann allzu oft als Ersatz für nicht vorhandene Virtuosität...
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Ich musste mir direkt das Lachen verbeißen. Du scheinst mich öfters gehört zu haben - sehr exakt beschrieben.
Ich denke, wir brauchen in den Landgemeinden keinen Ohrensessel für Kirchenmusiker - weil diese nicht vorhanden sind.
Die Gemeinden lösen sich immer mehr und mehr auf. Kirchenmusik hin oder her. Die noch in die Kirche gehende Generation stirbt in den nächsten 10 - 15 Jahren, genauso wie mindestens 50% der noch aktiven Priester. Auffangversuche durch Priester-Importe aus Polen, Philippinen, Afrika etc. helfen m.E. nur sehr bedingt. Der (aktiv gelebte) Glauben der jungen Generation verdunstet (Bischof Wanke) - meist durch immer geringeres Vorleben und Weitergabe seitens der Eltern. Die politisch forcierte Rückführung der Glaubensunterweisung aus der Kirchgemeinde heraus in die Schule in den Neufünfländern hat dies nicht verbessert, eher ins Gegenteil verkehrt.
Gute Kirchenmusik kann lokal dagegenhalten - wird aber den Zug in Summe nicht aufhalten können.
Grüße von SeltenGedackt
weder D noch C
Zitat von SeltenGedackt im Beitrag #34
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Gute Kirchenmusik kann lokal dagegenhalten - wird aber den Zug in Summe nicht aufhalten können.
...
Gute Kirchenmusik ist sicherlich ein wichtiger Baustein, um den Zug zumindest abbremsen zu können. Aber selbst hier setzt die Landeskirche den Rotstift an. :-(
Wohingegen - zumindest gefühlt - die Verwaltungen der Kirchen weiter ausgebaut werden.
Ich zumindest kann kein Konzept der Kirchen erkennen, sich dem Trend der Kirchenaustritte entgegenzustellen. Es ist nicht allein damit getan, Kooperationsräume mit anderen Kirchengemeinden zu bilden, das beschleunigt die Talfahrt am Ende nur!
Wir, die Kirchenvorstände, strampeln uns ab, um uns dem Trend in den Kirchengemeinden entgegen zu stellen. Bekommen aber von der Landeskirche zu wenig Unterstützung. Existieren denn dort keine Strategen?
Nachdenkliche und ein wenig verzweifelte Grüße aus dem Waldecker Land
Gerd
(ebenfalls ohne D und C)
#36 RE: »Die Kirchenmusik ist im Ohrensessel eingeschlafen.«
Diese Beobachtungen kann ich nur bestätigen. Aber es herrscht in den Leitungsgremien einfach Ratlosigkeit. Und den schwarzen Peter für die sinkende Kirchenbindung und den rückläufigen Gottesdienstbesuch den Kirchenmusikern mit ihrer Grufti-Mucke in die Schuhe zu schieben, hat sich als wirkungslos erwiesen.
Ebenso floppten mittelfristig die "Gospelchöre", denen ich um die Jahrtausendwende keine 20 Jahre gegeben habe. Damals bildeten sich landauf, landab Grüppchen von Mitvierzigerinnen, die sich in schwarze Catsuits zwängten, sich Regenbogenschals umhängten, sich in den Altarräumen um ein Digitalpiano scharten, zum mehr oder weniger kakophonen Spiel eines Jünglings die Hüften Kreisen ließen, die Hände in die Luft reckten und dabei Laute ausstießen, die sie für Englisch hielten. Inzwischen hat der Orthopäde den jetzigen Mitsechzigerinnen geraten, sich etwas weniger lasziv zu bewegen, damit die Hüftgelenke länger halten ... (Sorry, dass mir da der Satiregaul durchgeht ...)
Diese Chöre haben z.T. gewütet wie ein Flächenbrand und verbrannte Erde hinterlassen. Viele kleine Gemeindechöre sind daran kaputtgegangen, bzw. wurde ihre Agonie zumindest beschleunigt. Die pianierenden Jünglinge sind jetzt um die 40 und Familienväter, die nicht jeden Sonntag früh aufstehen und in die Kirche gehen wollen. Wenn ich Sonntag gegen neun zum Dienst fahre, stehen sie unter ihresgleichen unrasiert in Jogginganzügen und FFP2-Masken vor der Bäckerei Schlange, um die Brötchen für's "Brunch" zu holen, während die Gemahlin versucht, die Kinder aus den Betten zu bekommen.
Nota bene: Ich halte diese Beobachtungen nicht für den Anfang vom Untergang des Abendlandes. Gottesdienst ist das exakte Gegenteil eines "Events". Und wenn Leute zu "Events" in die Kirche gelockt werden, dann kommen sie nicht, um eine spirituelle Erfahrung zu machen. Dann wollen sie gucken, wie der kleine Finn-Augustus und die kleine Aimée-Frida (ohne "e") im Kindermusical als Komparsen einen Kameltreiber und eine Waschfrau spielen. Vor lauter Aufregung haben die zukünftigen DSDS-Stars ihre Texte vergessen und halten das Mikro, das man ihnen in die Hand gedrückt hat, weit von sich, weil es so seltsam knarzt und quietscht, wenn man hineinkräht. (Ich habe die Realität nur ganz leicht überzogen!) Aber die ganze Patchwork-Familie, Mutti, mehrere Väter und Großelternpaare, sind enthusiasmiert. Und sie kommen erst wieder, wenn dem Event das Mega-Event folgt.
Karl Rahner, der große kath. Theologe des 20. Jh. hat (sinngemäß) gesagt. "Die Kirche der Zukunft wird eine Kirche der Mystiker sein - oder sie wird nicht mehr sein." Von "Eventhoppern" sprach er dabei nicht.
Ich denke, die Zukunft der Kirche liegt in authentisch lebenden Kerngemeinden, die sich sonntags zu Insider-Veranstaltungen treffen: zu ihren Gottesdiensten. Außerhalb dieses gottesdienstlichen Raums werden sie an dem gemessen, was sie zum gesamtgesellschaftlichen Klima beitragen - und zwar auf der elementaren Ebene: in der eigenen Wohngemeinde.
Man sehe mir nach, dass viele weitere Aspekte einer stark rückläufigen Kirchenbindung unter den Tisch fallen. "Geile Mucke" anstelle einer "regulirten Kirchen-Music" wird den Prozess nicht aufhalten. Der Freiburger Religionssoziologe und Pastoraltheologe Michael Ebertz hat darüber sehr intensiv und umfassend gearbeitet. M.E. das klügste, was seit Paul Michael Zulehner zu dieser Thematik geschrieben wurde. Ich empfehle seine Publikationen nachdrücklich.
https://michaelebertz.de
Ebertz lehrt zwar an einer kath. Hochschule, aber seine Einsichten sind überkonfessionell anwendbar.
LG
Michael
1. Die Kirchenmusik scheint mir ein Opfer der Kirchenpolitik zu sein. Kein Theologe sägt nämlich an dem Ast, auf dem er sitzt, wenn Ausästen angesagt ist.
2. Es fehlt mir bei der Behandlung dieses Themas das ganz wichtige und alles tragende Wörtchen Glaube. Ist der Glaube wegen oder trotz theologisch-ideologischer Bemühungen der vielen "Päpste", ihn schlicht, schlichter, am schlichtesten oder kompliziert, komplizierter, am kompliziertesten zu erklären, überhaupt noch "glaubbar"? Mancher dem Gottesdienst fernstehende hat wohl gerade damit seine Schwierigkeiten. Ich selbst gestehe, dass ich darauf auch keine allgemeingültige Antwort zur Verfügung habe. Wollte halt nur 'mal an den christlichen "Stützpfeiler" erinnern.
Orgelditi
#38 RE: »Die Kirchenmusik ist im Ohrensessel eingeschlafen.«
So geht's:
kirche_1000.jpg
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#40 RE: »Die Kirchenmusik ist im Ohrensessel eingeschlafen.«
#42 RE: »Die Kirchenmusik ist im Ohrensessel eingeschlafen.«
Hier ein besonders abschreckendes Beipiel: https://www.youtube.com/watch?v=fTDT2ruL3JY Nur für Leute mit wirklich starken Nerven geeignet. Man muss halt auf Kirchen ausweichen, wenn die entsprechenden Instrumente nicht in den Bierzelten herumstehen. Früher dachte ich "Schlimmer geht immer". aber mittlerweile tendiere ich bei solchen Beispielen zum "Schlimmer geht nimmer" und also Organisator mach man sich zum Hofnarren.
Top auch Kommentare wie ''Jetzt erst entdeckt und ich bin echt begeistert von dieser Spielkunst.." Da fehlen einfach die Worte.
liebe Grüsse, Mike
#43 RE: »Die Kirchenmusik ist im Ohrensessel eingeschlafen.«
#44 RE: »Die Kirchenmusik ist im Ohrensessel eingeschlafen.«
Ja, Michael, mir verging auch Hören und Sehen. Wozu eigentlich Register, wenn's der Dampfhammer ebenso tut. Von der Gemeinde sanktioniertes Dauergestampfe als Respektlosigkeit gegenüber einem Orgelbauer, der sicher Besseres verdient hat. Da kann ich nur noch mit dem Kopf schütteln. Fehlt eigentlich nur noch die Wersi-Begleitautomatik und anstatt eines Zimbelsterns eine sich lautmalerisch übergebende Putte.
Liebe Grüsse, Mike
#45 RE: »Die Kirchenmusik ist im Ohrensessel eingeschlafen.«
Ja, da rotiert der gute Emanuel Kemper jun. im Grabe ...
Das mit der Putte ist eine Idee ...
Erinnert mich irgendwie an das Quartett für drei Staubsauger in B und einen Kontrastaubsauger in Es des britischen Komponisten und Cartoonisten Gerard Hoffnung.
Hier sein "opus magnum":
https://www.amazon.de/Das-Große-Ge...h/dp/3784418902
LG
Michael
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