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Gemeinde singt leise oder gar nicht
#61 RE: Gemeinde singt leise oder gar nicht
In der Praxis gibt es je nach Größe des Kirchenkreis eben nur ein oder zwei Kantoren. Die werden dann vorzugsweise direkt vor Ort eingesetzt und gerade die umliegenden Gemeinden gehen dann leer aus. Am Sitz des Kirchenkreis gibt es dann oft auch Chor, Bläser und weitere, abseits davon dann mit etwas Glück Laien Treffen.
Bisher haben dort ja ehrenamtliche Dorf Organisten die Dienste übernommen, aber was hat sich oft keiner um Nachwuchs gekümmert. Unser Kantor hat auch ehrenamtlich Schüler, da der Kirchenkreis die Ausbildung für unwichtig hält... Naja und dann wird gejammert dass keiner mehr da ist. Das zeigt ja ganz gut wie viel Stellenwert die Musik noch hat.
Aber natürlich gibt es auch Gemeinden wo das so nicht zutrifft.
#62 RE: Gemeinde singt leise oder gar nicht
#63 RE: Gemeinde singt leise oder gar nicht
In meiner Studienzeit gab es in der kath. Kirche im Rahmen der liturgischen Erneuerung Bestrebungen, die Tätigkeit des (liturgischen) Kantors als gottesdienstlichem Amtsträger beim Altardienst aufzuwerten. Seinerzeit veröffentliche Simon Dach ein dreibändiges "Handbuch des Kantorendienstes" (Bonifatiusdruck, Paderborn, 1977). Wenn man das las, konnte man den Eindruck gewinnen, dass alle kath. Kirchenmusik ohne vom Kantor geleitete Antwortgesänge sinnfrei sei. Ich habe mich gelinde amüsiert und mich gefragt, wie jemand ohne eine kirchenmusikalische, eine sängerische und eine theologisch-liturgische Ausbildung auf akademischem Niveau den Ansprüchen gerecht werden wollte, die in diesem mit viel Wissen, Fleiß und Akribie zusammengestellten Kompendium postuliert wurden. Wenn ich das so lese, was hier im Thread geschrieben wird, dürfte von diesen hehren Postulaten nach fast 50 Jahren kaum etwas übrig geblieben sein. Vielmehr scheint mir das Projekt in den meisten (?) Fällen bereits in der Anfangsphase im Sande verlaufen zu sein - bei der Gewinnung von Kantoren.
Ich will damit kein neues Fass aufmachen. Es ist nur ein Einwurf vom Spielfeldrand.
LG
Michael
#64 RE: Gemeinde singt leise oder gar nicht
Der Einwurf macht trotzdem Lust, dass man ihn weiterspinnt.
Ich verwende recht gerne das Münchener Kantorale, weil ich dort sehr viel (im besten Sinne!) Brauchbares vorfinde.
Höre ich Messen im Radio, wird dort zumeist auf unterdurchschnittlichem Niveau kantoriert: Es werden jene Psalmodie-Modelle bemüht, die bereits im alten Gotteslob dem Gemeindegesang zugedacht waren. Von der Ausführung, den Stimmen etc. möchte ich gar nicht reden. Und wenn schon in Domkirchen der Organist von der Empore herab psalmodiert, was muss man sich dann wundern, wenn die Liturgie da und dort auf Sparflamme läuft: eine (von zwei) Lesungen, mit etwas Glück gefolgt von einem gesungenen Halleluja mit dazugehörigem und leider zumeist bloß gesprochenem Vers...
Den Puristen, die statt Glorialiedern gerne den Hymnus im Originalton gesungen sähen, kann ich nur zulächeln und mit zwinkerndem Auge zuraunen, dass auch sie noch froh sein werden, wenn überhaupt noch die Paraphrase gesungen werden wird - so denn die Entwicklung so weitergeht, wie sie sich im Moment darstellt.
#65 RE: Gemeinde singt leise oder gar nicht
Zitat von clemens-cgn im Beitrag #65
Lieber Michael,
wo Du halt recht hast ;-).... bleibts auch auch vom Spielfeldrand örtlich und sachlich richtig ...
Hier im Strang geriet mir die Begrifflichkeit des Kantors, denn doch etwas durcheinander :-)...
Ich hab auch versucht, das zu klären, hatte aber, glaub ich, keinen großen Erfolg.
Ich spreche jedenfalls immer vom katholischen (liturgischen) Kantor (und dessen weiblicher Entsprechung).
Die Psalmverse finde ich im Münchner Kantorale großteils gut gelungen. Die Evangelienverse überwiegend weniger. Da hab ich oft das Gefühl, dass weniger mehr wäre und wohl zu große Ambitionen im Spiel waren. Sehr sanglich finde ich die nicht.
Ein guter Kompromiss zwischen einzeiligem (also zweiteiligem) Psalmton (der, gut gesungen, durchaus seine Berechtigung hat) und freierer Vertonung ist in meinen Augen das Kantorenbuch des Bonifazius Verlages. Dort findet man zweizeilige (also vierteilige) Psalmtonmodelle, die weniger fordernd sind als MK, aber lebendiger als die reinen Psalmtöne.
#68 RE: Gemeinde singt leise oder gar nicht
Zitat von clemens-cgn im Beitrag #65
Lieber Michael,
wo Du halt recht hast ;-).... bleibts auch auch vom Spielfeldrand örtlich und sachlich richtig ...
Hier im Strang geriet mir die Begrifflichkeit des Kantors, denn doch etwas durcheinander :-)...
Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass die Begrifflichkeit "Kantor" nicht mit dem Wortgebrauch bei den beiden Konfessionen hinreichend erklärt werden kann. Bei den Katholiken gibt es zwei unterschiedliche Bedeutungen: Kantor als (Berufs-)Bezeichnung für den hauptamtlich tätigen Kirchenmusiker, zumeist als Gemeindekirchenmusiker i.V.m. einer überörtlichen Aufgabe (Bezirkskantor oder Regionalkantor); und dann der "liturgische" Kantor in der Funktion als "Vorsänger". Wobei bei letzteren die amtlichen Texte zur Liturgie (Ordo Cantus Missae und Einführung in das Römische Messbuch hier noch einmal unterscheiden zwischen dem "cantor/Kantor" als (Vor-)Sänger und dem "psalmista"/Psalmist", der den Antwortpsalm und den Vers zum Ruf vor dem Evangelium vorträgt. Näheres dazu zu lesen in der Broschüre "Der Kantorendienst", Pastoralliturgische Hilfen hrsg. vom Deutschen Liturgischen Institut Trier 1997.
https://shop.liturgie.de/start.php?js=ok...urgische_Hilfen
In Deutschland hat sich diese Unterscheidung nicht durchgesetzt, wie überhaupt ich zu meinem Bedauern das Scheitern dieses Dienstes konstatieren muss. Ich war als Organist glücklich, ca 10 Jahre lang zusammenarbeiten zu dürfen mit einem Professor für Musiktheorie, der mit seiner schönen Stimme regelmäßig den liturgischen Kantorendienst wargenommen hatte, aber nunmehr aus Altersgründen nicht mehr singen möchte. Jetzt muss ich das leider an der Orgel selbst übernehmen.
Noch ein Wort zur Rollenklärung zwischen Kantor und Organist: In Deutschland hat es sich so ergeben, dass die Führung des Gemeindegesangs durch die Orgel erfolgt, jedenfalls dann, wenn rhytmisch exakt gespielt und nicht zu leise, aber auch nicht zu laut registriert wird. in Frankreich habe ich es erlebt, dass der Kantor/die Kantorin vom Chorraum aus bzw. vom Ambo singt und die Gemeinde durch mehr oder weniger heftige Armbewegungen dirigiert. So gerade erlebt an Weihnachten in Géradmer/Vogesen. Die Orgelbegleitung fiel vergleichsweise leiser aus als bei uns üblich. Zu einem aktiveren Gemeindegesang hat dies nicht beigetragen. Wenn wie meist die Orgel auf der rückwärtigen Westempore steht, gelingt das Zusammenwirken zwischen Kantor und Orgel nicht oder nur schlecht. Überzeugt hat mich diese Praxis nicht.
Auch in der ev Kirche gibt es Kantorendienst ☺️ es gibt bei strube auch ein ev Kantorenbuch. Wenn mir die Antwortgesänge aus dem Münchner oder Freiburger Kantorale nicht gefallen, schaue ich dort nach ob es eine entsprechende Vertonung gibt. Ansonsten singe ich gerne auch mal den Original Psalm mit KV
So ganz allgemein finde ich die Vertonungen im Lesejahr B nicht so geglückt wie im Lesejahr A. Die fand ich sehr angenehm zu singen. In B ist vieles eckig und etwas gequält (nach meinem Empfinden zumindest) .
#71 RE: Gemeinde singt leise oder gar nicht
Mal ein anderer Ansatz: Wenn ich mir die Livestreams aus dem Münchener Dom anschaue, singt dort immer (wenn kein Chor eingesetzt ist) eine Kantorin/ein Kantor die Gemeindegesänge (mit bzw. gefühlt fast alleine). Wenn im Dom am Werktag vielleicht 20 - 30 Leute sitzen, ist das schon eine gute Stütze. Aber richtiges "Gemeinde-Gefühl" kommt da nicht auf.
Was meint ihr dazu? Ich könnte mir auch vorstellen, dass man in jede (beorgelte) Messe meiner Pfarrei - also Donnerstag + Samstag + Sonntag - zwei bis drei Leute aus dem Kirchenchor bestellt, die den Gesang stützen.
Ich halte das mit dem Vorsänger für nicht wirklich nützlich. Zum einen ist es eine Frage der Qualität und es birgt eine ganze Menge Konfliktpotenzial zwischen Organist und Vorsänger. Und die Gemeinde wird im schlechtesten Fall weiter in eine Passivität gedrängt. Man kann eben keinen zum Singen zwingen, so schade das dann auch ist. Manchmal ist es ein Problem der Gemeindeleitung/des Pfarrers, manchmal ist die Orgel nix, manchmal der Organist und manchmal gibt es einfach keinen Grund. Hilfreich finde ich immer eine klare Begleitung, vielleicht mit der Melodir auf einem separaten Manual.
#73 RE: Gemeinde singt leise oder gar nicht
Zitat von Bombarde16 im Beitrag #71
Wenn ich mir die Livestreams aus dem Münchener Dom anschaue, singt dort immer (wenn kein Chor eingesetzt ist) eine Kantorin/ein Kantor die Gemeindegesänge (mit bzw. gefühlt fast alleine).
Die Frage ist ja wie die Tonabnahmen sind. Klar sind da die Mikrofone im Altarraum höher gezogen als die für den Raumklang…
#74 RE: Gemeinde singt leise oder gar nicht
Solch "gemeindeführenden" Kantorengesang höre ich über Radio auch immer wieder aus dem Stephansdom... früher war das nicht. Vielleicht eine der unseligen Früchte des Singverbots während der Pandemie?
Aus derselben Kirche tönen mir via Radio auch immer wieder ausgesucht herbe und harmonisch weit hergeholte (bzw. von der Melodie bewusst wegführende) Orgelbegleitungen entgegen, die mich - wäre ich bei einem Lied nicht ausgesprochen sattelfest - glatt aus der Melodie werfen würden. Organisteneitelkeit um den (hohen) Preis, dass ein Teil der mitsingenden Gemeinde aussteigt?
#75 RE: Gemeinde singt leise oder gar nicht
Zitat von Gemshorn im Beitrag #74
Aus derselben Kirche tönen mir via Radio auch immer wieder ausgesucht herbe und harmonisch weit hergeholte (bzw. von der Melodie bewusst wegführende) Orgelbegleitungen entgegen, die mich - wäre ich bei einem Lied nicht ausgesprochen sattelfest - glatt aus der Melodie werfen würden. Organisteneitelkeit um den (hohen) Preis, dass ein Teil der mitsingenden Gemeinde aussteigt?
Leider wird ja mitunter vergessen, dass es bei der Gemeindebegleitung tatsächlich primär um die Begleitung der Gemeinde geht ;-) Und nach meiner Erfahrung ist zu diesem Zweck ein klassischer, 4-stimmiger Satz mit einigermaßen vorhersehbaren Strukturen und intuitiver Harmonik deutlich zielführender, als wenn permanent das ganze Feuerwerk der Möglichkeiten abgebrannt werden muss (virtuose Vorspiele ohne klar erkennbaren Melodiebezug, jede Strophe wird anders begleitet zwecks "Textauslegung", Cantus Firmus wandert durch verschiedene Nebenstimmen, betont entlegene oder dissonante Harmonisierung...). Natürlich spricht nichts gegen ein bisschen exotische Würzung hier und dort (und auch gerne mal etwas Chili bei gefestigten Gassenhauern), aber im Durchschnitt des Kirchenjahres sollte man sich im Sinne der Sache bei der Liedbegleitung etwas zurückhalten.
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